Pflanzen retten Endenicher Initiative rettet ausgemusterte Friedhofspflanzen

Endenich · Bei Wind und Wetter stehen Malte Boßert und Hannah Westerhagen auf dem Endenicher Friedhof vor einem großen Müllcontainer und begutachten den Inhalt. Vieles davon ist wiederverwertbar. Die beiden packen an, damit den Pflanzen ein zweites Leben blüht.

 Sie retten Pflanzen aus der Tonne: Hannah Westerhagen und Malte Boßert (beide 25).

Sie retten Pflanzen aus der Tonne: Hannah Westerhagen und Malte Boßert (beide 25).

Bei Wind und Wetter stehen Malte Boßert und Hannah Westerhagen auf dem Endenicher Friedhof vor einem großen Müllcontainer und begutachten den Inhalt. Vertrocknete Heidesträucher und Erikas liegen auf dem Grund. Ein grüner Busch sieht noch gut aus und könnte wieder eingepflanzt werden. Boßert hebt den Busch heraus und stellt ihn in eine rote Kiste.

Seit Kurzem haben die Studierenden die Initiative „Zweite Blüte“ gestartet. Mit dem Pilotprojekt wollen Boßert und Westerhagen verhindern, dass lebende Pflanzen sprichwörtlich in der Tonne landen. Zusammen mit anderen Freiwilligen betreuen die 25-Jährigen dafür zwei Sammelstationen, die auf dem Endenicher Friedhof ausgelegt sind. Die Körbe werden gesäubert und befüllt – auch die Grünabfalltonnen kontrollieren die Studierenden regelmäßig.

Zufällig lebensfähige Pflanzen im Müll endeckt

Bei Spaziergängen bemerkten Boßert und Westerhagen zufällig, dass auf dem Friedhof viele noch lebende Pflanzen in der Tonne landen. Das Pärchen handelte schnell und rettete Blumen und Sträucher: „Nach einiger Zeit bestand unser Garten quasi ausschließlich aus Beeten mit geretteten Friedhofsblumen“, erzählt Westerhagen. Weitere Besucher sollen ebenfalls aktiv geworden sein und lebenden Pflanzen aus den Tonnen geholt haben. „Ziemlich schnell entstand deshalb die Idee, das einfacher und zugänglicher zu machen und Personen auf dem Friedhof die Möglichkeit zu geben, ihre Pflanzen einfach zur Weiternutzung in öffentliche Kisten zu stellen – ganz ähnlich dem Konzept von ,Pfand gehört daneben‘“, erklärt Boßert. Nach etwas Überzeugungsarbeit stoßen die Studierenden mit ihrer Idee beim Amt für Umwelt und Stadtgrün auf positive Resonanz. „Wir haben einen Pachtvertrag mit der Stadt unterschrieben und einige Details geklärt, das brauchte zwar etwas Zeit, ging aber sehr gut. Da dies hier in Endenich, unseres Wissens nach, die deutschlandweit erste Initiative dieser Art ist, wurde uns natürlich auch etwas Skepsis entgegengebracht, die wir gut verstehen können“, schildert Westerhagen den Prozess.

Kisten als Pflanzenbörsen

Zwei Kisten mit Hinweisschildern, die die Initiative entlang der Hauptachse des Endenicher Friedhofs platziert hat, funktionieren nun als eine Art Pflanzenbörse: „Noch lebendige, aber von Gräbern entfernte Pflanzen können hineingestellt werden und von anderen Friedhofsbesuchern mitgenommen und im Garten oder in der Wohnung eingepflanzt werden“, erklärt Boßert. Vollständig im Bewusstsein scheint die neue Börse wohl bei einigen Besuchern noch nicht angekommen zu sein, denn immer wieder finden die Studierenden bei ihren Kontrollgängen Hornveilchen, Christrosen, Primeln und Erika in den Müllcontainern. „Außerdem einige mehrjährige Büsche und Stauden wie Purpurglöckchen und Zwiebelpflanzen wie Osterglocken oder Hyazinthen. Später im Jahr ändert sich das aber immer wieder.“

Besonders bei mildem Wetter seien die Tonnen randvoll: „Dann kümmern sich die Menschen vermehrt um die Gräber ihrer Angehörigen und es müssen auch mehr Pflanzen gerettet werden“, beobachtet Westerhagen. „Und wenn die Friedhofsgärtnereien Gräber neu bepflanzen, fallen besonders viele gerettete Pflanzen an.“ Vor Ostern etwa werden viele Gräber neu herrichtet – im Hochsommer oder an kalten Tagen werde hingegen weniger an den Beeten gearbeitet. „Seitdem unser Projekt gestartet ist, konnten zwischen 50 und 150 Pflanzen pro Woche gerettet werden“, schätzt Boßert. Blumengestecke, die häufig auf Gräbern liegen, interessieren die Initiative übrigens nicht, da es sich hier um keine lebendigen Pflanzen handele.

Ausschließlich positive Reaktionen

Bisher haben die Studierenden für ihr Projekt ausschließlich positive Rückmeldungen erhalten. „Wenn wir uns um die Körbe kümmern, kommen viele Friedhofsbesucher auf uns zu, erkundigen sich zu Details oder sagen uns, dass sie die Aktion klasse finden. Wir haben das Gefühl, dass das Projekt einen Nerv trifft“, erzählt Westerhagen. Denn auch randvolle Körbe seien in nur wenigen Tage vollständig gelehrt. „Wenn wir schöne, seltene Blumen finden, sind diese oft schon am Ende unserer Kontrollrunde weg. Das freut uns natürlich sehr, da sieht man, dass sich das Engagement lohnt“, ergänzt Boßert.

Interessierte die bei dem Projekt mitmachen wollen, müssen nicht Teil der Initiative werden, betont Westerhagen. „Wer mitmachen will, nimmt sich einfach Pflanzen aus den Körben. Wer interessiert ist, Nachrichten zur Initiative zu bekommen, kann uns auf Instagram folgen oder in unsere Whatsapp-, Telegram- oder Signalgruppe kommen.“ Dort postet die Initiative etwa, wenn gerade besonders viele Pflanzen in den Tonnen gefunden wurden. „Außerdem dürfen und sollen natürlich alle ermutigt werden, die lebenden Pflanzen, die sie vom Grab abgeräumt haben, in die Körbe zu stellen. Wenn jemand sieht, dass die Pflanzen Wasser brauchen, kann man ihnen natürlich auch gerne ein Schlückchen geben.“ Weitere Informationen zum Pilotprojekt „Zweite Blüte“ lassen sich auf Instagram finden: zweite.bluete.bonn

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