Parken auf Radwegen Für Baskets-Fans gibt es beim Parken eine Ausnahme

Hardtberg · Das 55 Euro teure Knöllchen für Baskets-Fans, die ihr Auto bei einem Heimspiel auf dem Radweg auf dem Kirchbüchel parkten, hat ein Nachspiel. Der Basketball-Bundesligist beruft sich auf eine Ausnahmeregelung mit der Stadt - und damit ein Sonderrecht für Autofahrer.

 Ein Auto steht verbotswidrig auf dem Radweg Auf dem Kirchbüchel und ist damit eine Gefahr für Fahrradfahrer.

Ein Auto steht verbotswidrig auf dem Radweg Auf dem Kirchbüchel und ist damit eine Gefahr für Fahrradfahrer.

Foto: Meike Böschemeyer

Parken auf dem Schutzstreifen für Radfahrer ist kein Kavaliersdelikt und für die Radler vielerorts ein gefährliches Problem. Das haben die Reaktionen der GA-Leser auf den Artikel über einen Baskets-Fan deutlich gemacht, der sein Auto auf dem Kirchbüchel abgestellt hatte. Wie berichtet, hatte Joachim Kamlot nach einem Playoff-Spiel im Telekom Dome eine Verwarnung wegen Parkens auf dem Radweg in Höhe von 55 Euro hinter dem Scheibenwischer. Der Mann hat Widerspruch gegen das Knöllchen eingelegt. Er parkt dort – wie rund 100 andere auch – seit mehr als zehn Jahren bei Heimspielen auf der rechten Straßenseite Richtung Lengsdorf und hat dort noch nie eine Verwarnung bekommen. Denn für die Zeit der Sportveranstaltung gelte eine andere Regelung.

„Eine Ausnahme“, bestätigt Basketssprecher Michael Mager auf Nachfrage. Der Verein habe, seit die Halle auf dem Hardtberg 2008 beim zweiten Playoff-Finalspiel der Telekom Baskets Bonn gegen Alba Berlin eröffnet wurde, eine Vereinbarung mit der Stadt. Wegen des Publikumsandrangs kann demzufolge auch die Straße Auf dem Kirchbüchel teilweise genutzt werden, um Autos abzustellen. Von 19 bis 22 Uhr ist dann bei einer entsprechenden Beschilderung Parken auf dem Radweg erlaubt.

Allerdings: „Bei diesem Spiel hat der beauftragte Sicherheitsdienst keine Baken aufgestellt“, sagt Mager. „Das war ein Versehen. Die hatten das nicht mehr auf dem Schirm.“ Wenn die Basketball-Bundesliga im Oktober wieder startet, soll auch die Ausschilderung fürs Parken wieder ordnungsgemäß für die insgesamt 17 Heimspiele aufgestellt werden, genauso wie die zusätzlichen Parkverbotsschilder in den umliegenden Wohngebieten.

Regelung für Heimspiele

Kennt der Ordnungsdienst diese Regelung für Baskets-Heimspiele? Das Presseamt erklärt: „Es gab vor Jahren Ausnahmegenehmigungen, dass während der Heimspiele Auf dem Kirchbüchel auf einer Fahrbahn Parkplätze eingerichtet werden durften. Die Straße wurde dann in dieser Zeit als Einbahnstraße eingerichtet.“ Die letzte dieser Genehmigungen habe es für das Jahr 2011 gegeben. „Seitdem wurde sie nicht mehr nachgefragt.“ Aber der Verein hat auch die vergangenen zehn Jahre abgesperrt.

Da bleibt die Frage, warum der Ordnungsdienst just an dem Tag kontrolliert hat, als keine Absperrbaken aufgestellt waren. Nach Auskunft des Presseamtes wird regelmäßig und überall kontrolliert. „Auch während der Heimspiele, da es immer wieder Beschwerden über Falschparker in den umliegenden Straßen gibt“, sagt Markus Schmitz vom Presseamt. „Das ist ein Routineeinsatz.“ Im Umfeld von Veranstaltungen müsse darauf geachtet werden, ob die Verkehrsregeln zur Verkehrssicherheit beachtet werden.

Baskets-Fan rechnet mit Rücknahme des Knöllchens

Joachim Kamlot fühlt sich zu Unrecht betraft, obwohl er am 30. Mai nicht darauf geachtet habe, ob Parkbaken auf dem Kirchbüchel aufgestellt waren oder nicht. Er rechne damit, dass die Stadt sein Knöllchen wieder einkassieren werde. Und er sagt: „Von dieser Ausnahme abgesehen stelle ich das Auto ohne eine Erlaubnis nicht auf einem Radschutzstreifen ab.“

Werner Böttcher kennt das Problem zugeparkter Radwege aus eigener Anschauung. Er engagiert sich im Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) und sagt: „Hardtberg ist kein Hotspot für das Parken auf Radwegen.“ Zumal es nur wenige in der Nähe von Wohngegenden gebe. Auch die Straße Auf dem Kirchbüchel sei keine Ecke, in der Radwege häufig zum Parken genutzt würden – mal abgesehen von den Spielen der Baskets.

Dann fallen Böttcher doch zwei Stellen ein: Ecke Kirchbüchel/Provinzialstraße und an der Julius-Leber-Straße, wo Glas- und Papiercontainer stehen. „Dort halten Leute öfter auf dem Schutzstreifen, wenn sie etwas einwerfen“, sagt Böttcher. „Dabei gibt es in der Nähe Parkplätze, aber dann muss man ein paar Meter gehen.“

Ordnungswidrigkeit aus Bequemlichkeit

Böttcher verweist an seinen ADFC-Kollege Ralph Bierett, der die ganze Stadt im Blick hat. Ihm sind einige Straßen aufgefallen, in denen es kritisch ist: Rheingasse, Maarstraße und Pützchens Chaussee. Dort müsse man sich nur mal für eine Stunde hinstellen und könne bestimmt zehn Leute beobachten, die auf dem Radweg parken.

Die Stadt kann bei der Frage, wie viele Verstöße es im Jahr gibt, nicht weiterhelfen. Das Presseamt teilt mit, Parken auf dem Rad- und Fußweg würde als ein Vergehen erfasst, daher könne die Stadt keine separate Statistik zur Verfügung stellen. Von der Bonner Polizei heißt es dazu: „Ruhender Verkehr ist eigentlich Sache der Stadt.“ Dennoch würden Streifen einschreiten, wenn sie beobachten, dass Leute auf dem Radweg parken. Laut einem Polizei-Sprecher hätte die Zahl der Knöllchen, die Beamte fürs Parken auf Radwegen verteilten, im vergangenen Jahr im niedrigen dreistelligen Bereich gelegen.

Konkurrenz der Verkehrsteilnehmer

Einige Bonner Radfahrer nutzen eine Plattform im Netz oder die Internetseite der Stadt, um Falschparker anzuzeigen. Allein so kommen laut Bierett 1000 Anzeigen zusammen. Wo macht er die Gründe dafür aus, dass sich viele Autofahrer nicht an die Regeln halten? „Der größte Teil ist Bequemlichkeit“, sagt Bierett. Meist seien in der Nähe Parkplätze zu finden, die aber einen Fußweg bedeuten. „Unter den Autofahrern ist auch die Grundhaltung verbreitet: Autos, Lkw und Busse sind Verkehrsteilnehmer, Fußgänger und Radfahrer aber nicht“, sagt er.

Ähnlich sieht es Jana Kühl. Sie ist Professorin für Radverkehrsmanagement der Ostfalia-Hochschule in Salzgitter und sagt: „Ich habe aber die Hoffnung, dass es nur eine Minderheit ist, die denkt: Die Straße gehört mir.“ Es gebe eine gewisse Das-haben-wir-doch-immer-so-gemacht-Mentalität. Oft heiße es: „Irgendwo muss ich doch parken“ oder „Es gibt keine Parkplätze“. Verstöße gegen die Regeln seien über Jahre nur lax gehandhabt worden. Kühl sagt: „Damit ins Bewusstsein tritt, dass es nicht okay ist, auf dem Radweg zu parken, müssen Verstöße konsequent geahndet werden.“

Ein Problem der Verkehrswende fange indes schon bei den Formulierungen an, durch die der Eindruck entstehe, Autofahrern solle etwas weggenommen werden, sie müssten kürzertreten, findet Kühl. Aber es sei doch so, dass der Verkehrskollaps zu den Hauptzeiten Stress verursache. „Wenn es eine Verlagerung zum Radfahren gibt und die Straßen leerer sind, ist es eine Entlastung für alle, die wirklich nicht auf das Auto verzichten können.“

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