GA-Serie Verschwundene Wahrzeichen Der frühere Bahnhof in Duisdorf war über Nacht verschwunden

Duisdorf · In der Serie Verschwundene Wahrzeichen geht es diesmal um den früheren Bahnhof in Bonn-Duisdorf. 1978 hat die Deutsche Bundesbahn die Station mit dem markantem Gebäude abreißen lassen.

 Dieses Motiv zeigt das Gebäude des Duisdorfer Bahnhofes im Jahr 1910. Markant war das Dach mit den Türmen.

Dieses Motiv zeigt das Gebäude des Duisdorfer Bahnhofes im Jahr 1910. Markant war das Dach mit den Türmen.

Foto: Stadt Bonn

140 Jahre alt wäre der Bahnhof Duisdorf heute. Ein stattlicher, schmuckvoller Backsteinbau. Mit steil aufragendem Walmdach, Rundbögenfenstern, großzügigem Entree, Güterschuppen und Laderampen. Ein Schmuckstück. 1978 wurde das noch erhaltene Empfangsgebäude von der damaligen Bundesbahn abgerissen. Dass es so kam, verbucht der ehemalige SPD-Stadtverordnete und Diplom-Ingenieur Heiner Eckoldt als Niederlage in seiner damals noch jungen Politikerkarriere. „Wir wollten den Bahnhof erhalten und dort ein Jugendzentrum einrichten. Selbst lautstarke Partys hätten die entfernte gelegene Nachbarschaft nicht gestört“, erinnert sich der 83-Jährige.

Über Nacht war der Bahnhof verschwunden

Die Bundesbahn hatte in den 1970er Jahren nicht vor, weiter in die Bahnstrecke zu investieren. Im Gegenteil gab es ernsthafte Überlegungen, den Personenverkehr auf dieser Strecke nach Euskirchen einzustellen und sie stillzulegen. Alle bestehenden Bahnhöfe entlang der Gleise – mit Ausnahme des Bahnhofs Kottenforst, der mittlerweile in Privatbesitz war – sollten abgerissen werden. Nach der Politik der kleinen Schritte habe er die Duisdorfer Station retten wollen, um dann einen Hebel auch für den Erhalt der anderen zu haben, so Eckoldt. Es kam anders.

Eckoldt reiste zur Bundesbahndirektion nach Köln. Der damalige Präsident Hanns Beck sei ein Parteifreund gewesen. „Ich habe mein Anliegen vorgetragen, und Beck sicherte mir zu, den Bahnhof zu erhalten.“ Allerdings war offenbar an anderer Stelle im Hause bereits eine Abrissgenehmigung erteilt worden. „Am nächsten Tag, praktisch über Nacht, war der Bahnhof verschwunden. Er stand an der Stelle des heutigen Gleis 2“, bedauert Eckoldt heute noch. Seine postwendende, geharnischte Beschwerde habe zur Strafversetzung des verantwortlichen Beamten geführt. „Immerhin wurde dann kein weiterer Bahnhof an der Strecke abgerissen.“

 Das Stellwerk Duisdorf ist mittlerweile ein technisches Denkmal. Die damit verbundene Aufgabe hat das Stellwerk in Euskirchen übernommen.

Das Stellwerk Duisdorf ist mittlerweile ein technisches Denkmal. Die damit verbundene Aufgabe hat das Stellwerk in Euskirchen übernommen.

Foto: Benjamin Westhoff

Wer wissen möchte, wie das Gebäude aussah, kann die baugleichen Bahnhöfe in Odendorf und Kuchenheim besuchen; auch Rheinbach oder Meckenheim sehen nach dem Vergleich alter Fotos ähnlich aus. Freilich wurden sie im Laufe der Jahre mehrfach umgebaut und ergänzt.

Am 7. Juni 1880 wurde der Bahnhof eingeweiht

Die Empfangsgebäude waren vom Bonner Architekten Johannes Jodocus Richter entworfen worden. Nach gut zweijähriger Bauzeit feierten die Duisdorfer im Rahmen der Eröffnung der neuen Eisenbahnlinie von Bonn nach Euskirchen am 7. Juni 1880 die Einweihung ihres Bahnhofs. Von dort zweigten Anschlussgleise zu Firmen in der Umgebung ab. Bahnlinie und Bahnhof brachten den Fortschritt der Industrialisierung in den eher landwirtschaftlich geprägten Ort. Gut 40 Jahre später wurde die Strecke zweigleisig ausgebaut. Inzwischen war sie von Euskirchen bis Düren weitergeführt und dort an die Linie Köln-Aachen angeschlossen.

Um die 1960er Jahre allerdings begann der Rückzug der Bundesbahn auf der Regionalstrecke. Zwischen Duisdorf und dem Bahnhof Kottenforst beispielsweise wurde ein Gleis wieder abgebrochen. Der durchgehende Eilzug von Aachen über Euskirchen nach Bonn wurde 1965 eingestellt. Die Anschlüsse für den Güterumschlag waren schon lange nicht mehr vorhanden. Mit der Stilllegung des Duisdorfer Bahnhofs schließlich war wohl auch sein Schicksal besiegelt.

Die Kehrtwende ab 2002

Waren die Gleisanlagen über Jahrzehnte deutlich verkleinert worden, erfolgte ab 2002 die Kehrtwende: Der Haltepunkt Bonn-Duisdorf – eine Herabstufung von der Kategorie Bahnhof – wurde zweigleisig mit Seitenbahnsteigen ausgebaut. In dem Zuge sollten auch die beiden ehemaligen Stellwerke verschwinden. Im Gegensatz zu den hölzernen Stellwerksgebäuden auf den Bahnsteigen in Odendorf und Kuchenheim war in Duisdorf an jedem Bahnhofsende ein gemauertes, freistehendes Stellwerksgebäude errichtet worden.

Das 1940 erbaute Wärterstellwerk „Do“ fiel 2003 dem Bagger zum Opfer. Um das zweite, das mechanische Fahrdienstleiterstellwerk „Df“ von 1953 westlich des Bahnhofes an der Rochusstraße entbrannte ein heftiger Streit. Die untere Denkmalbehörde der Stadt Bonn hatte sich eingeschaltet und das Bauwerk „als typischen Vertreter“ seiner Zeit hinsichtlich Technik und Baustil 2010 unter Denkmalschutz gestellt. Die DB als Eigentümerin reichte dagegen Klage ein, verlor den Rechtsstreit aber. Zwischenzeitlich hatte allerdings das elektronische Stellwerk in Euskirchen die Aufgaben des Duisdorfer Stellwerks übernommen. Immerhin, es steht noch.

Wie das Presseamt auf Anfrage mitteilt, ist das Stellwerk ist ein technisches Denkmal mit ebenfalls geschützter Ausstattung im Inneren. Nach wie vor gehört es der DB. Pläne, was letztlich mit dem Gebäude im Bereich des Stellwerks geschehen soll, seien der Unteren Denkmalschutzbehörde nicht aktuell bekannt.

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