Laurentiuskirche in Bonn-Lessenich Gefällte Eibe bleibt Zankapfel

Lessenich · Kirchenvorstand der Thomas-Morus-Gemeinde hält die Fällung einer Eibe vor einem Jahr für unvermeidlich. Allerdings sei der Baum nicht krank gewesen. Ein Landschaftsarchitekt hält aber dagegen.

 Vor einem Jahr wurde der renovierte Hahn wieder auf die 48 Meter hohe Turmspitze gesetzt. Für den Einsatz des Steiglifters musste eine Eibe gefällt werden.

Vor einem Jahr wurde der renovierte Hahn wieder auf die 48 Meter hohe Turmspitze gesetzt. Für den Einsatz des Steiglifters musste eine Eibe gefällt werden.

Foto: Benjamin Westhoff

Das Schicksal der stattlichen alten Eibe vor der Laurentiuskirche in Lessenich erregt auch ein Jahr nach deren Fällung weiter die Gemüter. Die Frage ist: War es notwendig und richtig, den Baum abzuschlagen, als dem sanierten Kirchturm im September 2020 ein neues Kreuz aufgesetzt werden sollte? Ja, sagen zwei Kirchenvorstände der katholischen Gemeinde St. Thomas-Morus, Günther Timmermann und Werner Blume. In einem Brief an den GA erläutern sie, die Arbeiten hätten wegen der angrenzenden Bebauung „eine große technische Herausforderung“ dargestellt. „Die Wahl eines Steiglifters mit Arbeitsbühne statt eines Krans richtete sich ausschließlich nach den Erfordernissen an eine geeignete, sichere und somit verantwortbare Arbeitsstelle an der Turmspitze in etwa 48 Meter Höhe“, schreiben Timmermann und Blume. Um den Steiglifter aufstellen zu können, sei die Fällung der Eibe „leider unumgänglich“ gewesen, was der Kirchenvorstand „wirklich sehr bedauert“ habe.

Landschaftsarchitekt Marc Vandamme sagt Fällung hätte verhindert werden können

Die Fällung sei unnötig, widersprach dagegen der Landschaftsarchitekt Marc Vandamme. In einem GA-Interview vertrat er die Ansicht, stattdessen hätte das Kreuz auch vom Ausleger eines Krans aufgesetzt werden können. Viel zu oft würden in Bonn Bäume aus praktischen Erfordernissen oder aus Kostengründen geopfert. Im Fall der Eibe sei deren Stamm zum Vorwand als morsch bezeichnet worden. Dies habe ihm einer der Kirchenvorstände persönlich gesagt, erklärt Vandamme.

Kirchenvorstände wehren sich gegen „haltlose Beschuldigungen“

Das wiederum bestreitet der Kirchenvorstand vehement. Die Eibe selbst sei weder krank noch morsch gewesen, schreiben Blume und Timmermann. Man wehre sich gegen „haltlose Beschuldigungen“. Allerdings habe der Baum dünne Äste und wenige zunehmend gelbliche Nadeln aufgewiesen. Schon im Jahr 2014 habe ein Agrarfachwirt dem Baum einen „fortgeschrittenen Alterungsprozess“ attestiert.

Ob nun morsch oder nur fortgeschritten gealtert – eines steht immerhin fest: Als Nadelbaum stand die Eibe nach der Bonner Baumschutzsatzung nicht unter einem Fällvorbehalt. Die Kirchengemeinde brauchte also keine Genehmigung zur Fällung. Die Debatte ist mithin keine juristische, sondern eine rein gesellschaftliche.

Eiben stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten

Trotzdem gibt es Gründe, auch Eiben zu schützen. In Deutschland steht die Europäische Eibe auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten. Sie stammt bereits aus dem Tertiär vor den großen Eiszeiten und gilt als älteste Baumart Europas. Ihr Holz war schon in der Steinzeit wegen seiner großen Festigkeit geschätzt. Beispielsweise hatte der Gletschermann „Ötzi“ einem Bogen aus Eibenholz im Marschgepäck. Auch Vandamme hat sich Teile des geschlagenen Stamms für seine Holzkunst erbeten. Es stimme nicht, dass er das Holz nur als Beweis für die Gesundheit des Baums verwendet habe, betont er.

Revival als Hecke in europäischen Gärten

Die große Beliebtheit hat die Eiben vermutlich an den Rand der Ausrottung gebracht, bis sie ein Revival als Hecken in europäischen Gärten erlebten. Wenn die Bäume nicht geschlagen werden, können sie auch individuell sehr alt werden. In Großbritannien soll es Eiben geben, die schon zu Zeiten von Jesus keimten. Ihre Alterung kann bisweilen also auch etwas länger dauern. Jedenfalls zeigt die etwas spitzfindige Debatte, dass der Baum in Lessenich allen Beteiligten nicht egal war. „Dabei sollten wir es belassen“, sagt Vandamme.

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