Schutz vor Hochwasser Bonn und Alfter wollen gemeinsam den Hardtbach bändigen

Lessenich/Meßdorf · Die Fluten des Hardtbachs haben in der Hochwassernacht im Juli 2021 in Alfter ebenso Zerstörung mit sich gebracht wie im Westen Bonns. Kann eine Hochwasserpartnerschaft in Zukunft helfen?

 In diesem trockenen Sommer ist kaum vorstellbar, dass sich der Hardtbach - jetzt nur noch ein Rinnsal - in einen reißenden Strom verwandelt wie in der Starkregennacht 14./15. Juli.

In diesem trockenen Sommer ist kaum vorstellbar, dass sich der Hardtbach - jetzt nur noch ein Rinnsal - in einen reißenden Strom verwandelt wie in der Starkregennacht 14./15. Juli.

Foto: Benjamin Westhoff

Die schreckliche Angst, der Hardtbach könnte nach Starkregen wie am 14./15. Juli 2021 wieder zur Schlammwalze werden, lässt die Anwohner an der Knappenmühle in Lessenich nicht in Ruhe. Die Überschwemmung hat sie gelehrt, Vorsorge zu treffen. Sie berichten, dass sie Sandsäcke gekauft, Kellerfenster zugemauert und Notstromaggregate angeschafft haben. Doch Bachanrainer machen sich Gedanken, dass die Stadt die für einen besseren Hochwasserschutz notwendigen Maßnahmen nicht schnell genug vorantreibt.

Tiefbauamtsleiter Peter Esch widerspricht. Viele Fäden laufen bei der Planung des Hochwasserschutzes zusammen. Veränderungen am Oberlauf eines Baches haben natürlich Auswirkungen auf die weiteren Zuläufe und den unteren Abfluss. Alle Zusammenhänge müssen kalkuliert werden. In der Flutnacht vergangenes Jahr war beispielsweise die Hardtbach-Brücke an der Duisdorfer Bahnhofstraße zum Nadelöhr geworden, an dem sie die Wassermassen zurückgestaut haben. Laut Esch finden derzeit Untersuchungen statt, den Durchlass für das Wasser zu erhöhen. Von den daraus resultierenden Schlussfolgerungen bis zur konkreten Umsetzung braucht es Zeit.

Hochwasserschutz hat Grenzen

Und Esch betont immer wieder: „Ein Abfluss wie am 14. Juli 2021 birgt die Gefahr von Überflutungen, da es sich um eine Naturkatastrophe handelt, die den kommunalen technischen Hochwasserschutz an seine Grenzen und darüber hinaus bringt“. Eine hundertprozentige Vorbereitung auf ein Starkregenereignis und mögliche Folgen sei nicht realisierbar, „da nur kurzfristige Vorhersagen möglich sind, und Wetterereignisse mitunter sehr lokal im Stadtgebiet auftreten“.

Esch erinnert daran, dass 2010, 2013 und 2016 der Süden von Bonn, Bad Godesberg und Mehlem am stärksten betroffen war – 2013 nahezu das gesamte Stadtgebiet. 2018 und 2020 war Kessenich betroffen und vor einem Jahr Lessenich/Meßdorf. Bei solchen Ereignissen sei auch der Individualschutz gefragt, appelliert der Tiefbauamtsleiter an die Anlieger. „Dies betrifft vor allem – aber nicht nur – Liegenschaften in den gesetzlich festgelegten Überschwemmungsgebieten der Gewässer.“

Starkregenvorhersagen verfolgen Feuerwehr und Rufbereitschaften des Tiefbauamts ohne Frage mit erhöhter Aufmerksamkeit. Allerdings können die Einsatzkräfte nicht wissen, wo im Stadtgebiet Überflutungen auftreten und müssen sich auf alle Eventualitäten vorbereiten. In jedem Fall werden laut Esch die Kontrollen an kritischen Bereichen der Bäche auf Stadtgebiet erhöht und Gefahrenstellen nötigenfalls freigeräumt.

Hochwasserpartnerschaft Bonn-Alfter

Der Hardtbach fließt erst durch Alfterer Gebiet, bevor er in Bonn von Lessenich über Dransdorf und Graurheindorf in den Rhein mündet. Nach den Überflutungen im vergangenen Jahr wurde die Verwaltung von der Politik ausdrücklich beauftragt, ein Konzept mit Umsetzungsempfehlungen für eine Hochwasserpartnerschaft mit der Gemeinde Alfter zu erarbeiten – und umzusetzen.

Laut Esch stehen die Nachbargemeinden ohnehin seit Jahrzehnten im Austausch. „Kontakte und Zusammenarbeit der verschiedenen Fachstellen sind selbstverständlich.“ Bei wasserwirtschaftlichen Planungen, etwa zu Renaturierung oder Hochwasserschutz, ist eine Kooperation der Ober- und Unteranlieger wesentlich. „Denn Veränderungen am Fließgewässer dürfen sich nicht nachteilig für Unteranlieger auswirken.“ Esch: „Hochwasserpatenschaften sind ein zusätzliches Instrument zur Stärkung der Zusammenarbeit sowie zur Schaffung eines öffentlichen Bewusstseins und Festigung einer Solidarität von Ober- und Unteranliegern an einem Fließgewässer.“

Kritische Punkte im Bachverlauf

Nach dem Starkregen 2021 haben Bonn und Alfter sofort damit begonnen, Schwemmgut wegzuräumen und Uferböschungen wiederherzustellen. Die jeweiligen Fachämter haben sich an einen Tisch gesetzt, um die kritischen Punkte im Gewässerlauf zu markieren und Leitlinien eines Hochwasserschutzkonzeptes für den Abschnitt des Hardtbachs zwischen Impekoven (Alfter) und Dransdorf festzulegen.

Ein externes Fachplanungsbüro hat jetzt den Auftrag, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten. Das können beispielsweise Rückhaltebecken, Retentionsflächen oder baulicher Hochwasserschutz sein. Die Fachämter bekommen den Maßnahmenkatalog im nächsten Schritt wieder auf den Tisch, um Effektivität, Genehmigungsfähigkeit, Flächenverfügbarkeit sowie Wirtschaftlichkeit zu beurteilen. Ziel ist, so Esch, verschiedene Maßnahmen so miteinander kombinieren zu können, dass ein möglichst effektiver Hochwasserschutz gewährleistet sei.

Die Hochwasserpartnerschaft soll im Rahmen der interkommunalen Abstimmung ein weiterer Baustein einer kontinuierlichen Kooperation sein. Geplant sind „Wasserwirtschaftliche Jahresgespräche“ zwischen Alfter und Bonn zum Wissens- und Erfahrungsaustausch. In diese Jahresgespräche sollen auch der Wasserverband Südliches Vorgebirge sowie die Gemeinde Wachtberg einbezogen werden. Eine Hochwasserpartnerschaft zwischen Bonn und Wachtberg gibt es bereits seit 2013.

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