Beginn der Fastenzeit Hardtberger Pfarrer schlägt Alternativen zum Verzicht vor

Hardtberg · Am Aschermittwoch beginnt traditionell die Fastenzeit. Religiöser Verzicht trete heute aber in den Hintergrund, erklärt der Hardtberger Pfarrer Georg Schwikart. Er hat Vorschläge, wie die Zeit auch genutzt werden kann, und verrät, auf was er verzichtet.

 „Mit religiösem Verzicht kriegt man die Leute nicht mehr“, so Pfarrer Georg Schwikart.

„Mit religiösem Verzicht kriegt man die Leute nicht mehr“, so Pfarrer Georg Schwikart.

Foto: Benjamin Westhoff

Das letzte Konfetti ist noch nicht von der Straße gefegt, da geht auch schon ein Ascheregen auf die Häupter nieder: Mit dem Aschermittwoch ist die Feierei erst einmal vorbei, egal, wie wenig ausgelassen sie in diesem zweiten Pandemiejahr gewesen sein mag. Wer sich in Verzicht üben will, beginnt nun mit dem Fasten: 40 Tage, oder 46 für die, die auch an Sonntagen keine Ausnahme machen. Vom 2. März bis zum Ostersonntag am 17. April.

Kein Alkohol, Bus und Bahn statt Auto, keine zeitvertreibenden Spielchen auf dem Handy: Es gibt vieles, auf das sich verzichten lässt. Aus religiösen Gründen fasten laut Pfarrer Georg Schwikart jedoch nur noch die wenigsten. Stattdessen seien alternative Fastenformen wie das Essen in bestimmten Zeitintervallen beliebt.

„Die 40 ist eine wichtige Zahl in der Bibel“, erklärt Religionswissenschaftler Schwikart, der vor einigen Jahren von der katholischen in die evangelische Kirche konvertierte. „40 Jahre war das Volk Israel in der Wüste, 40 Tage hat Jesus in der Wüste gefastet.“ Traditionell hätten die Gläubigen in den sieben Wochen vor Ostern auf Fleisch und tierische Produkte verzichtet, die Sonntage bildeten dabei eine Ausnahme. Die Fastenzeit war laut Schwikart historisch sogar schon vor dem Karneval da. „Die Fastnacht wurde erfunden, damit es vorher noch mal zur Sache geht“, erläutert der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Hardtberg.

In der Stille Gedanken ordnen

Doch: „Mit religiösem Verzicht kriegt man die Leute nicht mehr“, so Schwikart. Stattdessen liege der Fokus nun eher darauf, sich selbst etwas Bestimmtes bewusster zu machen. Das könne die eigene Ernährung oder der Konsum sein – nach Schwikarts Ansicht können Fastenwillige die Zeit jedoch auch nutzen, um Dinge zu tun, die sie schon länger vor sich hergeschoben haben. „Man könnte der Oma einen Brief schreiben, oder man meditiert“, schlägt der Theologe vor. „Oder aber man gönnt sich einfach jeden Tag 15 Minuten Stille.“

Stille halten laut Schwikart nämlich viele Menschen kaum noch aus. Stattdessen liefe ständig der Fernseher oder das Radio, jede Wartezeit werde mit Handyspielen oder -chats überbrückt. Schwikart sagt, in der Stille höre man vielleicht etwas, was man sonst nicht hören würde: Das könnte das eigene schlechte Gewissen sein oder die Stimme Gottes. „Halte das aus, und bringe deine Gedanken in Ordnung“, empfiehlt Schwikart. In erster Linie faste man nämlich nicht für Gott oder irgendwen anders, sondern für sich selbst. Eine Art Reinigung der Seele versprächen sich die Verzichtenden davon.

Schon Corona zwingt zum Verzicht

Nun befänden wir uns durch Corona aber mitten in einer Krise, die uns auch außerhalb der Fastenzeit bereits einen schwerwiegenden Verzicht aufzwinge: „Uns fehlt die echte Begegnung“, so der Pfarrer.

Leben die Bonner also in so schweren Zeiten, dass Selbstverbote das Letzte sind, das sie sich auferlegen sollten? „Man sieht ja, dass die Paketdienste viel mehr zu tun haben“, meint Schwikart. „Ich denke eher, dass sich die Menschen häufiger etwas gönnen.“ Der Konsum habe in Form von Essensbestellungen und allerlei nützlichen und weniger nützlichen Anschaffungen eher zugenommen. Schwikart selbst will in den kommenden Wochen auf Alkohol verzichten. Mit einer Ausnahme: „Am Sonntagnachmittag erlaube ich mir ein Viertele.“

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