Ukrainehilfe in Bonn Helmholtz-Lehrer helfen ukrainischen Kollegen

Duisdorf · Über soziale Medien und Netzwerke trommelt das Helmholtz-Gymnasium in Bonn Spenden für die Ukraine zusammen. Lehrer Dominik Wolf, der in Kiew unterrichtet hat, versucht möglichst viele ehemalige Schüler und auch Lehrer zur Flucht zu animieren.

 Vielen Aktionen haben Helmholtz-Schüler gemeinsam mit Lehrern und Eltern gestartet, um Menschen in der Ukraine zu helfen.

Vielen Aktionen haben Helmholtz-Schüler gemeinsam mit Lehrern und Eltern gestartet, um Menschen in der Ukraine zu helfen.

Foto: Rolf Toonen

Das Herz wird Dominik Wolf schwer, wenn er daran denkt, dass der Ukraine-Krieg seinen einstigen Schülern in Kiew auch ihre Zukunftspläne nimmt. „So großartige junge Leute, die sich für ihr Leben so viel vorgenommen haben.“ Sechs Jahre lebte Wolf mit seiner ukrainischen Ehefrau als Lehrer in Kiew; jetzt unterrichtet er am Helmholtz-Gymnasium in Duisdorf.

Die Zeit in Kiew, die vielen Freundschaften, die sich knüpften – er habe sich sehr wohl gefühlt. Seine beiden Töchter wurden dort geboren. Jetzt die krasse Zäsur. Wegen des Freundeskreises und der ehemaligen Schüler sei auch ihm der Krieg auf einen Schlag zu Leibe gerückt. Aus Kiew kamen – und kommen – ohne Ende Horrornachrichten per Whatsapp. „Eigentlich nicht vorstellbar, wenn man hier im Warmen sitzt.“

Es sind beklemmende Nachrichten von Schulen, die ausgebombt wurden, aber auch von vielen Kolleginnen, die mit ihren Kindern fliehen müssen und nicht wissen wohin. Schnell wird klar, dass die Schulen in den ukrainischen Städten sehr wichtig sind für die Zivilbevölkerung. Denn die dort verbleibenden Lehrkräfte helfen den Menschen, Schutz zu finden und bieten Flüchtenden ein Dach über dem Kopf. Häufig befinden sich in diesen Schulen Bunker. Dort müssen Menschen über viele Stunden ausharren.

 Die Hilfslieferung des Helmholtz-Gymnasiums wurde im Klassenzimmer einer ukrainischen Schule zur Verteilung zwischengelagert.

Die Hilfslieferung des Helmholtz-Gymnasiums wurde im Klassenzimmer einer ukrainischen Schule zur Verteilung zwischengelagert.

Foto: privat

Sorge um die Zukunft junger Ukrainer

Angesichts dieser Situation ist bei Wolf die Idee entstanden, im Netzwerk ukrainischer Schulleiter anzufragen, was vor Ort von den Menschen benötigt wird. Auf seine Frage, wie er von Deutschland aus helfen könne, schreibt eine Kiewer Schulleiterin: „Wir brauchen Arterienklemmen, Verbandsmaterial.“ Wolf war zutiefst erschrocken. „Ein Wahnsinn. Friedliebende Leute mussten von jetzt auf gleich von Büchern auf Krieg umschalten.“ Noch kurz vor Putins Angriff hätten ihm befreundete Ukrainer geschrieben, dass sie nicht von einem groß angelegten Krieg ausgehen. Doch auf keinen Fall will die Kiewer Schulleiterin das Land verlassen. Jeder werde zur Verteidigung gebraucht. Außerdem seien ihr Mann und die beiden Söhne eingezogen. Sie wisse nicht, wie es ihnen gehe.

Außerdem haben ihn Studenten aus der Ukraine angeschrieben, wo sie weiterstudieren können. Deutsch sprechen die Absolventen der Sprachdiplomschulen gut. „Es sind Menschen, die optimistisch auf eine Zukunft in ihrem Heimatland geblickt haben“, sagt Wolf. Seine ehemaligen Schüler dürfen das Land ohnehin nicht verlassen; viele ehemalige Schülerinnen entscheiden sich bewusst dagegen.

Aktive Hilfe statt Protest

Wie aber könnte es gelingen, die gewünschten medizinischen Hilfsgüter einzusammeln und bis nach Kiew zu transportieren? „Diese Aktion erfordert eine ganz andere Logistik.“ An diesem Punkt kommt das Helmholtz-Gymnasium ins Spiel; Netzwerke und Kommunikation spielen auch eine Rolle. Eine Kollegin, Cornelia Finger, „wollte nicht tatenlos zusehen. Das Leid der Menschen im Kriegsgebiet hat mich fertiggemacht. Protestieren reicht nicht“. Sie wurde auf die Spendenaktion der Stadt Hürth aufmerksam. „Ich dachte an die 900 Schüler des Helmholtz-Gymnasiums. Wenn jeder beispielsweise nur eine Packung Nudeln mitbringen würde…“ Die Idee in die Schulnetzwerke kommuniziert, führte zu einer regelrechten Hilfswelle. „Das war unglaublich“, staunt Finger immer noch. Kistenweise brachten Schüler, Eltern und Lehrer Nahrungsmittel, andere spendeten Geld.

Mittlerweile hatten sich Finger und Wolf über ihre jeweiligen Aktionen ausgetauscht und die Schulgemeinschaft fortlaufend informiert. Es meldeten sich Eltern und Lehrer, die junge Studenten oder ukrainische Lehrerinnen aufnehmen wollten. Eltern brachten medizinisches Material; was noch fehlte von der Versorgungsliste aus Kiew konnte mit den Spendengeldern bezahlt werden. „Dem Wunsch nach Schutzwesten konnten wir allerdings nicht nachkommen“, sagt Wolf.

Hilfstransporte auf dem gefährlichen Weg nach Kiew

Die Nahrungsmittel sind über die Stadt Hürth ins Kriegsgebiet gelangt. Für die medizinischen Hilfsgüter fand sich ein privater Transporter. Mit einer ukrainischen Organisation war verabredet, die Lieferung in Potsdam zum Weitertransport nach Lemberg zu übergeben. Dominik Wolf und seine Frau fuhren die Nacht durch zur Übergabestelle.

Warum macht der Lehrer das alles? „Ich will nicht, dass jungen, intelligenten Menschen die Zukunft zerstört wird.“ Die Hilfsbereitschaft hierzulande sei enorm, die Schulgemeinschaft des Helmholtz-Gymnasiums keine Ausnahme. „Wir alle helfen, weil Menschen in Todesangst sind und leiden. Das ist selbstverständlich.“

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