Hilfe bei Krebserkrankung „Alleine kommt man aus dieser Situation nicht raus“

Bonn · Der krebserkrankte Jens Nordmann (69) hat mit Hilfe der Krebsberatungsstelle im Tumorzentrum auf dem Venusberg-Campus wieder Lebensmut gefasst.

 Das Team der Krebsberatungsstelle im TZB (von links): Cathrin Benöhr, Renate Schlieker und Ursula Schmitz.

Das Team der Krebsberatungsstelle im TZB (von links): Cathrin Benöhr, Renate Schlieker und Ursula Schmitz.

Foto: Stefan Hermes

Es gibt keine Aussicht auf Heilung, erfuhr Jens Nordmann bei der letzten seiner regelmäßigen Krebsvorsorgeuntersuchungen vor etwas mehr als zwei Jahren. „Die meisten sterben innerhalb der ersten fünf Jahre“, war die nüchterne Prognose des ihn behandelnden Urologen bei der Feststellung, dass neben dem diagnostizierten Prostatakrebs bereits Metastasen auf die Knochen übergegangen waren. Für den sportlichen 69-Jährigen, dessen richtiger Name seinem Wunsch gemäß an dieser Stelle nicht genannt wird, brach eine Welt zusammen.

„Die Nachricht schockierte mich“, sagte der Vater zweier erwachsener Töchter. „Ohne die Unterstützung meiner Frau hätte ich das nicht geschafft.“ Es wurde wegoperiert, was wegzunehmen war, es wurde erfolglos bestrahlt und eine darauf folgende Hormonentzugstherapie setzte Nordmann heftig zu: „Irgendwann ging es mir psychisch so schlecht, dass ich nur noch vor mich hingestiert und grundlos geheult habe, so dass meine Frau mich zu einer psychoonkologischen Beratung drängte.“ So traf Nordmann ein halbes Jahr nach seiner Diagnose auf Cathrin Benöhr, die Psychoonkologin und Leiterin der Krebsberatungsstelle im Tumorzentrum (TZB) auf dem Venusberg-Campus.

Gemeinnütziger Verein seit 1982

Das TZB ist seit 1982 als gemeinnütziger Verein registriert. In der durch ihn 1988 eingerichteten Beratungsstelle helfen und begleiten die beiden Sozialpädagoginnen und Psychoonkologinnen Cathrin Benöhr und Renate Schlieker mit ihrer koordinierenden Sekretärin Ursula Schmitz die von Krebs betroffenen Menschen sowie ihre Angehörigen bei psychologischen und sozialrechtlichen Fragestellungen. „Frau Benöhr hat es geschafft“, so Nordmann heute, „mich in vier oder fünf Sitzungen wieder aufzubauen.“ Zu dem Zeitpunkt sei er so weit gewesen, dass er dachte, es lohne für ihn nicht einmal mehr, ein neues Hemd zu kaufen. Jetzt sei er so weit, wieder einige Monate im Voraus zu planen. „Sie hat mir wieder Lebensmut und -freude geben können“, so Nordmann. Benöhr habe ihm beigebracht, wie er mit seiner Krebserkrankung leben kann. Als er aktuell vor zwei Wochen wieder einen Rückfall bekam, habe Benöhr ihn in zwei Sitzungen wieder „hinbekommen“. Zurzeit hat er ein Medikament, was ihm gute zwei Jahre helfen soll. „Wenn die Wirkung nachlässt, muss ich wieder zu Frau Benöhr, um mich aufbauen zu lassen“, sagt Nordmann nun mit einem Anflug von Lachen in der Stimme.

Auch wenn er seine Aussichten als sehr schlecht bezeichnet, so ist die Krebsberatungsstelle eine große Hilfe für ihn. „Ich habe als Norddeutscher immer gedacht, die Beratung sei so etwas wie Spökenkiekerei“, weswegen Nordmann die Beratungsstelle auch mit Vorbehalt aufgesucht habe, doch „schon innerhalb der ersten Sitzung habe ich gemerkt, da passiert was in mir.“ Nordmann sagt, dass er „begeistert“ sei von dem Verein, zu dessen Mitgliedern er nun auch gehört. „Ich kann es nur jedem empfehlen, sich an die Beratung zu wenden. Alleine kommt man aus dieser Situation nicht raus“, ist seine schmerzvoll erlangte Erkenntnis.

„Es ist völlig egal“, sagt Cathrin Benöhr, „ob Sie einen Hautkrebs haben, der weggeschnitten wird und Sie dann die nächsten dreißig Jahre Ruhe haben, oder ein metastasiertes Mammakarzinom: Wenn Sie einem Menschen sagen, er hat Krebs, passiert bei allen das Gleiche, man wird mit Macht mit dem Thema der Endlichkeit konfrontiert.“ So individuell der Fall eines jeden einzelnen Besuchers der Beratungsstelle auch sei, so sehr würde jede Krebsdiagnose dieses Gefühl der Endlichkeit des Lebens auslösen. „Mit diesem Erleben umzugehen, ist eine unserer großen Aufgaben“, so Benöhr. Dabei betont sie den ganzheitlichen Ansatz ihrer Beratungsstelle, die Krebserkrankten und ihren Angehörigen und Freunden nicht nur fachliche Beratung bei psychischen und sozialen Belastungen anbietet, sondern auch Informationen zur besseren Orientierung im Gesundheitssystem.

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