Ippendorfer hilft in der Ukraine „Ich tue das auch für mein eigenes Seelenheil“
Ippendorf · Niels Thormählen ist am Wochenende mit weiteren Mitstreitern in die Ukraine gefahren, um Autos und andere Hilfsgüter in das Kriegsgebiet zu bringen. Darunter auch 300 Kilogramm Nudeln. Es ist nicht die erste Aktion des Ippendorfers.
Am vergangenen Freitag hat sich Niels Thormählen mit weiteren zehn Männern und sechs Autos erneut auf den Weg in die Ukraine gemacht. Der 45-Jährige kann dabei bereits auf die Erfahrungen zurückgreifen, die er zusammen mit seinem Freund Niklas Becker im März mit der Überführung eines Kastenwagens bis an die ostslowakische Grenze machen konnte. „Es war unglaublich unproblematisch“, sagt er rückblickend. Kaum jemand wüsste, wie schön die Landschaften und wie gut die Straßen dorthin seien. Bei dem überraschenden Angriff Russlands auf die Ukraine sei er zunächst nur traurig und wütend gewesen. „Ich musste aus dieser Hilflosigkeit herauskommen und etwas tun“, sagt er.
Niels Thormählen hat ein großes Netzwerk
Er habe seine Hilfsaktion auch für sein „eigenes Seelenheil“ ins Leben gerufen. Als früherem Kriegsdienstverweigerer ist ihm heute bewusst, dass ein Frieden in der Ukraine nur möglich wird, wenn es der Ukraine und dem Westen gelingt, Russland zu einer Verhandlung auf Augenhöhe zu zwingen. „Aber letztlich helfe ich, weil ich es kann“, sagt Thormählen pragmatisch. Er habe die Ressourcen und ein großes Netzwerk, um schnell agieren zu können. Schließlich werde man nur Unternehmer, wenn man auch zu handeln wisse, sagt er. Bevor sich der Bonner vor bald sieben Jahren mit Serviceangeboten für klassische Autos im Kölner Süden selbstständig machte, war er vier Jahre lang einer der beiden Vertriebsleiter bei Porsche in Prag. Von dort aus war er mit Freund Becker für 26 osteuropäische Länder zuständig in denen der Sportwagenbauer Niederlassungen unterhält. Obwohl Thormählen insbesondere für die Länder des Baltikums zuständig war, verfügte er auch über gute Kontakte in die Slowakei und die Ukraine.
Der Ippendorfer handelte bereits zwei Wochen nach dem Angriff Russlands
Zwei Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine kaufte Thormählen kurz entschlossen einen gebrauchten Lieferwagen und brachte anschließend innerhalb von weiteren zwei Wochen rund 14 000 Euro an Spendengeldern auf. So konnte der Fiat Ducato voll beladen mit elf Stromgeneratoren, 58 Schlafsäcken, Infusionen, Batterien, Desinfektions- und Lebensmitteln Ende März auf die Reise gehen. Die 1500 Kilometer lange Strecke über Nürnberg, Prag, Košice bis kurz vor den ukrainischen Grenzort Uschgorod legte Thormählen mit Becker ohne Unterbrechung zurück. In der Ost-Slowakei übergaben sie Auto und Hilfsgüter an „Smile as a gift“ (Lächeln als Geschenk), die älteste und gleichzeitig größte NGO der Slowakei, die ihr Auto samt Inhalt in die Ukraine überführte.
Kontakte haben bei der ersten Reise geholfen
„Durch meine Tätigkeit bei Porsche hatte ich Kontakte in die Slowakei, nach Rumänien und Ungarn“, erklärt Betriebswirt Thormählen, wie er an die richtigen Adressen für sein Vorhaben kam. Der Ungar habe ihm abgeraten, in sein Land zu kommen, da seine Regierung die Hilfsaktion nicht unterstützen würde. Der Rumäne sagte ihm, er könne gerne kommen, wenn er die tausend Kilometer Umweg in Kauf nehmen wolle. Dann habe sich der Slowake gemeldet und angekündigt, dass sein bester Freund höchster Beamter für Migrationsfragen in der Slowakei sei und ihm weiterhelfen werde. So kam es zu der reibungslosen Abwicklung mit „Smile as a gift“.
Abenteuer bei der Rückreise – Flug wurde gestrichen
„Das einzige Abenteuer, das wir erlebten“, lacht Thormählen, sei auf der Rückreise mit dem Zug bis nach Budapest gewesen, dass der von dort aus geplante Rückflug mit Eurowings wegen eines Streiks in Deutschland gestrichen war und sie den Nachtzug über München nach Köln nehmen mussten. „Jetzt machen wir etwas anderes“, so Thormählen zu der aktuellen Reise. Er habe sich mit seinem Fokus auf Autos überlegt, wie man Menschen nicht nur dazu bringt, Geld zu spenden, sondern auch zum aktiven Mitmachen motiviert. Er orientierte sich an Rallyes, bei denen man Autos kauft und beispielsweise nach Afrika fährt, um sie dann vor Ort für einen guten Zweck zu versteigern. „Die Idee eines Charity-Events ist ja nicht neu“, sagt er und fand für seinen Plan schnell zehn Mitstreiter, die als Teams Geld einsammelten und Autos kauften, die sie nun bis über die ukrainische Grenze nach Uschgorod fahren und dort spenden werden. Über englische Medien hatte Thormählen erfahren, dass für die Ukraine auch Autos gespendet werden. So machte er die Organisation „Car 4 Ukraine“ (Autos für die Ukraine) ausfindig, die er als „super seriös und bestens strukturiert“ einschätzt.
Fahrzeuge für Hilfsorganisationen, Polizei und Militär
Da deren Mitbegründer, Ivan Oleksii Verwandte in Deutschland hat, wird er bereits in Nürnberg zu den Teams stoßen und Garant dafür sein, dass man – aller Voraussicht nach – keine Probleme beim Grenzübertritt (siehe Einreise mit Kfz) in die Ukraine haben wird.
Nun hofft Thormählen darauf, dass sich die guten Erfahrungen, die er zuletzt mit dem betagten Lieferwagen auf dem Weg in die Ukraine gemacht hatte, auch bei den bereits eingekauften gebrauchten Autos vom VW-Bus über Allradfahrzeuge bis hin zum 20 Jahre alten Opel-Astra wiederholen. „Alle Autos haben TÜV und sind in einem guten Zustand“, sagt er. Es sei nicht einfach gewesen, für das Budget von knapp 18.000 Euro gute Fahrzeuge zu bekommen. Bei ihrer Ankunft am Zielort werden sie von Car4Ukraine aufbereitet und mit deren bisher über 120 gespendeten Fahrzeugen für die Zwecke von ukrainischen Hilfsdiensten sowie für Polizei und Militär ausgestattet werden.