St. Martin im Bonner Westen Karnevalisten in fremder Mission

Röttgen · An diesem Dienstag gehen im Bonner Westen drei Martinszüge: in Dransdorf, Röttgen und Endenich. Der General-Anzeiger stellt die Männer vor, die dort den „Hillije Zinte Määtes“ verkörpern.

 Georg Breuer, St. Martin in Dransdorf, lüftet schon mal seinen Umhang.

Georg Breuer, St. Martin in Dransdorf, lüftet schon mal seinen Umhang.

Foto: Stefan Knopp

Georg Breuer liebt es, kostümiert im Mittelpunkt zu stehen. Bei der Großen Dransdorfer Karnevalsgesellschaft war er schon Prinz, Bauer und zuletzt auch Jungfrau, da liegt es nicht fern, dass er auch gerne im Martins-Ornat durch die Straßen von Dransdorf reitet. Das macht er seit dem Jahr 2000.

Wirklich reiten kann er nicht: Er setzt sich in den Sattel und lässt den Besitzer das Tier führen. Pferd Max kennt das schon. „Darauf reite ich seit mindestens neun Jahren“, sagt der 62-Jährige. „Man darf da keine Angst haben, dann klappt das auch.“ Er hat damit kein Problem. „Ich bin sehr tierlieb.“

Breuer wohnt in Auerberg, hat aber der GDKG schon lange die Treue geschworen und deshalb einen guten Bezug zu Dransdorf. Seit fast 30 Jahren fährt er für die Stadtwerke Bonn Busse. Neben dem Hobby Karneval bleibt noch Zeit für ein weiteres: Regelmäßig fährt er zum Fischen auf einen Campingplatz an der Wied. Sein Vater war in Dransdorf Ortsausschussvorsitzender und außerdem lange Jahre der Sankt Martin. „Das hat er bis zu seineml Tod gemacht.“ Danach übernahm erst jemand anderes vom OA das Martinsamt, dann Breuers Schwager, jetzt also er.

„Walter hat mich überredet“

„Es macht Spaß mit den Kindern“, sagt er. „Die leuchtenden Kinderaugen, wenn sie die Fackeln und Laternen präsentieren.“ Oft bekommt er auch gemalte Bilder und Briefe von den kleinen Zugteilnehmern. „Die habe ich alle noch.“ Gestern besuchte er den Kindergarten an der Gerhard-Hauptmann-Straße, heute geht ab 17.30 Uhr der Zug. Start und Feuer sind an der Dransdorfer Burg neben der Kettelerschule.

Der eine reitet, der andere macht die Besuche: So haben sich Heribert Nolden und Walter Hirschmann das Amt des Heiligen Martins in Endenich aufgeteilt. Beide wohnen nicht im Ort, der eine ist Poppelsdorfer, der andere Beueler. „Uns verbindet die Freundschaft zum Ortsausschuss mit Endenich“, sagen sie.

Nolden (61), Ausbildungsmeister für die Friseure bei der Kreishandwerkerschaft, ist schon sehr erfahren im Amt: 15 Jahre lang war er – als Vorgänger von Patrick Hippe – der Martin auf dem Venusberg, weitere zehn Jahre der von Poppelsdorf und 15 Jahre von Ückesdorf. Seit fünf Jahren macht er das auch in Endenich. „Ich wollte eigentlich aufhören, aber mein Freund Walter Hirschmann hat mich überredet.“ Der ist 69 und Automobilkaufmann im Ruhestand. Vertretungsweise hatte er letztes Jahr die Kinder als Sankt Martin in Schulen und Kindergärten besucht. „Das hat Spaß gemacht mit den Kindern.“ Deshalb hatte er wieder zugesagt, als man ihn wieder gefragt hatte. Er macht deshalb die Besuchstermine, weil Nolden ja noch arbeiten muss.

Wichtige Brauchtumspflege im Rheinland

Beide kennen sich seit mehr als 40 Jahren. Nolden ist Infanterieführer, Hirschmann Ehrenkommandant der Bonner Ehrengarde und beide waren im Karneval auch zu Pferd unterwegs. Deshalb können sie beide auch reiten. Hirschmann macht das auch noch gerne, aber nicht mehr im Zug. „Wenn Sie runterfallen, tut es mehr weh. In der Natur fallen Sie weicher.“ Für sie als Karnevalisten geht es beim Martinsamt natürlich um die Brauchtumspflege. „Das ist unsere wichtigste Aufgabe.“ Man dürfe Halloween nicht das Feld überlassen, gerade nicht hier im Rheinland.

Der Endenicher Martinszug setzt sich heute um 18 Uhr an der Kirche Sankt Maria Magdalena in Bewegung. Er zieht eine Runde durch den Ort bis zur Karl-Simrock-Schule, wo das Martinsfeuer entzündet wird.

Konrad Müllers Aussage klingt nach dem, was Karnevalisten übers Tollitätensein erzählen. „Seit ich als Kind den Sankt Martin auf dem Schulhof gesehen habe, war immer mein Traum, einmal Sankt Martin zu werden.“ Er musste 40 Jahre alt werden, bevor sich dieser Traum erfüllte. „Als Peter Schmitz in den Ruhestand ging, habe ich das übernommen“, erzählt der 67-Jährige. Das ist jetzt 27 Jahre her, und immer noch spielt er den Heiligen aus Überzeugung.

„Das ist eine kolossale Atmosphäre“

„Müllers Kurt“, wie ihn alle im Dorf nennen, ist Garten- und Landschaftsbauer, und das sieht man seinem Garten an, der wie eine eigene kleine Welt mit Hecken, Bäumchen, Blumenbeeten und einem japanisch anmutenden Teich mit dicken Fischen darin wirkt. Ein harter Job, aber dennoch hat er Zeit für weitere Hobbys. Einige seiner Holzskulpturen stehen im Garten, in der Garage reihen sich Angelpokale auf. Gleich neben denen von Autorennen und Rallyefahrten mit seinem Oldtimer-Sportwagen. Eine Benefizveranstaltung für behinderte Kinder auf dem Nürburgring am gestrigen Montag, Sankt Martin am Dienstag, langweilig wird ihm nicht.

Die Flammen, Kinder mit Laternen, Martinslieder: „Das ist eine kolossale Atmosphäre, wenn wir alle am Feuer stehen“, schwärmt er. Dann teilt er seinen Mantel – wenn sich ein Bettler findet, der ihn entgegennimmt. Das sei oft schwierig, meint Müller. „Viele sind dafür zu sensibel.“ Aber für dieses Jahr hat er einen gefunden.

Seine Rolle spielt Müllers Kurt ehrenamtlich für den Festausschuss Röttgen, der das Pferd bezahlt. Er will das Ganze gerne noch fünf bis zehn Jahre weitermachen, „solange ich aufs Pferd komme“, scherzt er.

Der Röttgener Martinszug geht heute um 17.30 Uhr auf dem Herzogsfreudenweg los, einmal durch den Ort und wieder zurück zum Martinsfeuer auf der Festwiese an der Grundschule.

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