Fußgängerbrücke in Bonn Kein Geld für Gleisquerung an der Haltestelle Robert-Kirchhoff-Straße

Dransdorf · Statt ursprünglich angekündigter Sanierung will die Verwaltung die Gleisquerung an der Haltestelle Robert-Kirchhoff-Straße abreißen und neu bauen. Die Ratskoalition hat einen anderen Plan. Gibt es in unmittelbarer Nähe bereits barrierefreie Querungen, soll nur das Nötigste in die Instandthaltung investiert werden – zugunsten Umbaus von Übergängen, die noch nicht barrierefrei sind.

Soll die Fußgängerbrücke an der Robert-Kirchhoff-STraße saniert oder neu gebaut werden?

Foto: Benjamin Westhoff

Über die Müllablagerungen rund um die Fußgängerbrücke über die Gleise und zur Stadtbahnhaltestelle Robert-Kirchhoff-Straße mag man hinwegsehen, was aber ins Auge fällt, ist der schlechte Zustand des Bauwerks am Bendenweg. Betonstücke bröckeln, rostige Moniereisen liegen blank. Daher die Frage an die Stadtverwaltung: Muss die Brücke nicht besser in Schuss gehalten werden?

Vor zwei Jahren hatte der GA diese Frage schon einmal gestellt. Damals hatte ein Gutachter die schadhaften Stellen mit Farbe markiert. Ein Ingenieurbüro war mit der Bestandsprüfung beauftragt. Gleichzeitig sollte ein Sanierungskonzept für Beton und Beschichtung von Brücke und Treppenaufgängen erarbeitet werden. Auch wenn die sichtbaren Schäden Unbehagen auslösen – die Statik der Brücke ist nicht in Gefahr, betont die Verwaltung. Wegen des akuten Risikos für Passanten durch herabfallende Treppenteile wurde der Bereich unter der Treppe abgesperrt.  Sobald das Sanierungskonzept vorliege, würde der Auftrag für die Reparatur ausgeschrieben – hieß es vor zwei Jahren.

Abschreibungszeit der Kirchhoff-Brücke läuft ab

Aktuell erklärt das Presseamt, derartige Abplatzungen im Beton seien nicht ungewöhnlich. Schließlich würden Brücken in einer solchen Lage durch Winterdienst und Salzbelastung sehr stark beansprucht. „Soweit erforderlich, sind lose Teile entfernt worden“, so die Mitarbeiterin des Presseamtes. Nach wie vor ist der Bereich unter der Brücke mit rot-weißen Baken abgesperrt. Das Tiefbauamt kontrolliere hin und wieder und baue die Absperrung wieder auf, wenn sie umgeworfen wurde. Die Aufgänge sind weiterhin uneingeschränkt nutzbar. 

Doch wann sollen die Reparaturen vorgenommen werden? Seitens der Verwaltung gibt es mittlerweile eine neue Einschätzung: „Aufgrund der nur noch relativ kurzen Abschreibungszeit wurde entschieden, ein neues Brückenbauwerk zu planen, anstatt die alte Brücke zu sanieren.“ Stadt und Stadtwerke seien momentan „im engen Austausch, um zu klären, wer die Maßnahme umsetzt“.

Mobilitätsausschuss lehnt Neubau Straßburger Weg ab

Möglicherweise wird es zu einer Umsetzung aber niemals kommen. Denn es gibt einen aktuellen, vergleichbaren Fall mit einer überraschenden Wendung: Für die marode Fußgängerbrücke über die DB-Gleise am ehemaligen Bonn-Center (Straßburger Weg) schlägt die Verwaltung einen Ersatzneubau vor – barrierefrei mit Aufzügen – mit geschätzten Kosten von rund zwei Millionen Euro. Das hat der Ausschuss für Mobilität und Verkehr jedoch jetzt einstimmig abgelehnt. Mehrheitlich folgten die Politiker einem Antrag der Koalition aus Grüne, SPD, Linke und Volt: Die Fußgängerbrücke wird nicht abgerissen; lediglich notwendige Sanierungen sollen vorgenommen werden.

Dazu muss man wissen, dass der Stadtrat die Verwaltung 2011 beauftragt hat, sämtliche Bahnhaltestellen barrierefrei auszubauen, damit sie auch für mobilitätseingeschränkte Bürger problemlos erreichbar sind. 28 Stadtbahnhaltestellen sind mittlerweile ausgebaut, sechs fehlen noch.

Immer wieder Probleme mit Aufzügen

An der Haltestelle „Robert-Kirchhoff-Straße“ der Linie 18 wurde 2017 rund hundert Meter entfernt ein zweiter, ebenerdiger Zugang zum Bahnsteig gebaut, der mit Schranken gesichert ist. Wie Rolf Beu, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, erläutert, könne also in der Konsequenz „auf einen teuren Umbau der alten Brücke verzichtet werden.“ Barrierefreiheit sei wegen der baulichen Rahmenbedingungen nur mit Aufzügen umzusetzen. „Die sind aber vandalismus- und reparaturanfällig“, so Beu. „Aufzüge sind gegenüber ebenerdigen Zugängen immer nur die zweitbeste Lösung, weil sie oftmals monatelang außer Betrieb gesetzt sein können, wie es erst vor Kurzem an der benachbarten Stadtbahn-Station Propsthof Nord der Fall war.“

Auch die Fußgängerbrücke über die Bundesbahn am Straßburger Weg könnte nur mithilfe von Aufzügen barrierefrei gestaltet werden. Dort gibt es aber auf einem guten Kilometer bereits drei Möglichkeiten für mobilitätseingeschränkte Bürger, die Bahnstrecke barrierefrei zu queren, nämlich über die Reuterbrücke, den ebenerdigen Bahnübergang Rheinweg und die Rampen des Bahnhofs UN-Campus.

Barrierefreie Haltestellen in allen Stadtteilen

Unterm Strich ist es eine Kosten-Nutzen-Abwägung, die den Mobilitätsausschuss bewogen hat, den Verwaltungsvorschlag einer neuen Brücke zu kippen. Die Fußgängerbrücke ist eigentlich verzichtbar, das Geld für weitere Maßnahmen kann man sparen. Beu: „An anderen Stellen im Stadtgebiet fehlen diese bequemen Querungsmöglichkeiten dagegen komplett.“ Als ein Beispiel nennt Beu eine neue Querung über die Bahn, „die das Areal an der Immenburgstraße auch für mobilitätseingeschränkte Personen erstmals bequem mit der Stadtbahn-Station Bonn West und der Nordstadt verbindet.“ Die Stadtwerke planen mit weiteren Investoren ein sogenanntes Innovationsdreieck im Bereich um die Müllverbrennungsanlage und den ehemaligen Schlachthof. Dort sollen neue Arbeitsplätze und Kultureinrichtungen entstehen, an die sich auch eine entsprechende Infrastruktur mit direkten Wegbeziehungen anschließen soll.