Anlaufstelle der Arbeiterwohlfahrt Kleiderstube in Duisdorf wartet auf Besucher

Duisdorf · Langsam füllt sich die Awo-Begegnungsstätte am Duisdorfer Kirchplatz nach den Corona-Beschränkungen wieder mit Leben. Sieben Monate war auch die Kleiderstube geschlossen. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter haben geräumt und sortiert. Eine längere Schließung hätte den Verein in finanzielle Schwierigkeiten gebracht.

 Klamotten für kleines Geld: In der Awo-Kleiderstube sorgen Cornelia Ockenfels und ihr Team für Ordnung und das zur Jahreszeit passende Angebot.

Klamotten für kleines Geld: In der Awo-Kleiderstube sorgen Cornelia Ockenfels und ihr Team für Ordnung und das zur Jahreszeit passende Angebot.

Foto: Jutta Specht

Der nächste Winter kommt bestimmt. Er muss kommen, denn die Frauen in der Duisdorfer Kleiderstube der Arbeiterwohlfahrt (Awo) haben die Kollektion auf Herbst/Winter umgestellt. Mützen, Schals, Anoraks, feste Schuhe. Selbst während des Lockdowns und der restriktiven Corona-Beschränkungen haben die ehrenamtlichen Helferinnen sich die Arbeit gemacht, das Warenangebot auf die jeweilige Jahreszeit abzustimmen.

Es war über die Monate eine vergebliche Mühe, denn die Kundschaft durfte nicht hinein. Aber für den Fall der kurzfristigen Öffnung wollte man vorbereitet sein: Die Einnahmen aus der Kleiderstube sind eine feste Größe im Budget des Vereins und für regelmäßige Veranstaltungen und Aktionen eigentlich verplant.

Weggeworfen wird nichts

An den aktuellen Modetrends orientieren sich die Frauen nicht, denn das vierköpfige Team um Cornelia Ockenfels bietet ausgemusterte Kleidungsstücke an. Aber es sind brauchbare Sachen, picobello, darauf achten die Frauen. Was Spender in die große Tonne vor dem hübschen, denkmalgeschützten Backsteinhaus auf dem Kirchplatz an der Rochuskirche legen, durchläuft einen mehrfachen Musterungsprozess. Gut Erhaltenes wird für den Verkauf in der Kleiderstube ausgewählt. Was übrig bleibt geht in das Awo-Zentrallager in Sankt Augustin. Dort folgen weitere Sortierverfahren. „Weggeworfen wird gar nichts“, sagt der Awo-Vorsitzende Uwe Naß.

Vor Corona sei die Kleidertonne vor dem Haus voller gewesen, ist ihm aufgefallen. Die intensive Sichtung des heimischen Kleiderschranks während des Lockdowns habe sich offenbar nicht Kleiderspenden umgemünzt. Sieben Monate war die Awo-Kleiderstube geschlossen. Die schrittweise Öffnung habe das Team vor schwierige Herausforderungen gestellt. Anfangs durften maximal drei Kunden – hauptsächlich Frauen kommen zum „shoppen“ – die Treppe hinauf in die rund 35 Quadratmeter große Kleiderstube.

Bezahlt wird nur eine Art Schutzgebühr

An einen Mann erinnert sich Awo-Schatzmeister Bernhard Switaiski aber sehr wohl. „Er suchte Schuhe in Größe 56. Damit konnten wir ihm beim besten Willen nicht dienen.“ Die Begrenzung der Kundenzahl führte zu Stau vor der Tür und das wiederum zu Unmut bei den Wartenden. Das System wurde auf eine zeitliche Begrenzung umgestellt. Je eine Kundin durfte höchstens 15 Minuten in den Auslagen und an den Kleiderständern stöbern.

Die Kundinnen zahlen für Kleidungsstücke geringe Beträge, Bedürftige und Flutopfer können unentgeltlich mitnehmen, was sie brauchen. Eine Tüte für den Transport gibt es gratis dazu. „Dass wir überhaupt Geld nehmen, ist eine Art Schutzgebühr. Wir hatten bei kostenloser Abgabe festgestellt, dass Kunden die Sachen anschließend auf dem Flohmarkt verkauften“, erzählt Uwe Naß. An den Öffnungstagen, mittwochs und freitags von 11 bis 14.30 Uhr steuern jeweils etwa 15 Kundinnen die Awo-Kleiderstube an. Aufs Jahr gesehen summieren sich die Kleckerbeträge für die Second-Hand-Klamotten auf 7000 bis 10 000 Euro, berichtet der Schatzmeister. Insgesamt beträgt der Umsatz inklusive des städtischen Zuschusses, der Mitgliedsbeiträge und Spenden rund 50 000 Euro.

Die Stadt kam dem Verein entgegen

Für das städtische Gebäude werden Miete und Nebenkosten fällig. Glücklicherweise habe das Städtische Gebäudemanagement während des Lockdowns drei Mieten erlassen. Der Verein hofft auf weiteres Entgegenkommen. „Einen noch längeren Lockdown hätten wir finanziell nicht überlebt“, sagt Naß. 80 Mitglieder hat der Verein. Der Mitgliedsbeitrag liegt bei mindestens 30 Euro. „Wer möchte, kann mehr bezahlen.“ Die Arbeiterwohlfahrt als dezentral organisierter deutscher Wohlfahrtsverband baut ihre Struktur auf persönliche Mitgliedschaften in Ortsvereinen auf. Ziel ist, sozial schlechter gestellte Menschen zu unterstützen. Mancher wird sich erinnern, dass im Haus am Kirchplatz lange Jahre auch ein Mittagessen angeboten wurde.

Von den insgesamt 80 Mitgliedern sind lediglich rund zehn aktiv. Vorsitzender und Schatzmeister haben aber Verständnis, dass Berufstätige sich nicht stärker engagieren. Zu den Öffnungs- und Veranstaltungszeiten müssen sie arbeiten. Also übernehmen die über 65-Jährigen den aktiven Part. Freilich machen sie sich Gedanken, wie das in Zukunft weitergehen soll. „Wir brauchen Verstärkung und Verjüngung“, sagt Switaiski (73), der – was ja keinesfalls schaden kann – Werbung für die Awo auf seinem roten T-Shirt macht.

Junge Mitstreiter gesucht

Um junge Leute ins Team zu bekommen, wurde ein Kreis-Jugendwerk gegründet. Noch ist es eine kleine Gruppe, die im Awo-Haus am Kirchplatz 8 tagt. „Interessant“, sagt Naß (69), „nun lernen wir auf unsere alten Tage noch Internet und Facebook kennen.“ Und die Jungen? Sie können sich beispielsweise mit dem ältesten Awo-Mitglied unterhalten, Toni Mai junior. Der 95-Jährige ist seit fast 70 Jahren dabei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort