Einmaliges Projekt Darum ist eine alte Eiche aus dem Kottenforst berühmt

Röttgen/Bonn · 2010 stürzte die jahrhundertealte „Dicke Eiche“ im Kottenforst um. In nur vier Wochen schuf Künstler Klaus Simon aus dem Holz etwas für die Ewigkeit. Was es ist, kann man heute in der Namen-Jesu-Kirche in der Bonner City bewundern.

 Klaus Simon hat mit der Kettensäge einen Holzklotz aus der "Dicken Eiche" geschnitten. Daraus gestaltet er im Jahr 2011 einen Altar.

Klaus Simon hat mit der Kettensäge einen Holzklotz aus der "Dicken Eiche" geschnitten. Daraus gestaltet er im Jahr 2011 einen Altar.

Foto: Holger WIllcke

Röttgen/Bonn. Klaus Simon ist immer noch begeistert, wenn er an den Sommer 2011 zurückdenkt. „Das war wirklich eine sehr prägende Zeit“, erinnert er sich. „Ein einmaliges Projekt, mit dem das Mystische des Waldes mit der Kultur und Religiosität der Stadt verbunden wird.“

Schweres Gerät und viel Feingefühl

Vier Wochen lang hatte er damals mit schwerem Gerät und viel Feingefühl im Kottenforst gleich neben dem Jägerhäuschen in Röttgen gearbeitet. Was er in dieser Zeit erschaffen hat, das kann man heute in der Namen-Jesu-Kirche in der Bonner Innenstadt bewundern: Aus einem rund 300 Jahre alten Baum schuf Klaus Simon Altar, Ambo (Lesepult), Osterkerzenständer und die Kathedra (Bischofsstuhl) für das Gotteshaus der Altkatholiken.

Klaus Simon wurde 1949 in Bad Godesberg geboren und lebt heute in Krefeld. 1999 war ihm im Rahmen einer Fotoausstellung über Naturdenkmäler im Kottenforst in der ehemaligen GA-Rotation in Dransdorf ein großformatiges Bild der „Dicken Eiche“ aufgefallen. In einem sehr kalten Winter einige Jahre später, am 27. Dezember 2010, stürzte der Baum jedoch unter der Eislast um. Eine Freundin Simons las im GA den Bericht über das Ereignis und rief Simon sofort an. Der Künstler war begeistert von der Idee, aus diesem hölzernen Zeitzeugen etwas für die Ewigkeit zu schaffen. Was fehlte, war ein Auftraggeber.

Parallel zu Simons Gedankenspielen suchte die Stiftung Namen-Jesu-Kirche nach einem neuen Altar für die Kirche, die gerade vom Land NRW renoviert wurde. Ein idealer Ort für seine Objekte, dachte sich der Künstler und brachte sich ins Spiel. Mit Erfolg. Schließlich bekam er für die Innenausstattung der Kirche ein rund eineinhalb Meter langes Teil mit einem Durchmesser von rund zwei Metern aus der Mitte des Stamms. Krone und Wurzel der „Dicken Eiche“ blieben als Naturdenkmal an Ort und Stelle liegen.

Da der massive Stamm viel zu schwer für den Transport war – einen Kran dufte der Bildhauer nicht einsetzen - begann Simon gleich vor Ort mit der Arbeit. „Rund vier Wochen lang“, erzählt er. In engem Kontakt stand er dabei mit der damaligen Pfarrerin der Namen-Jesu-Kirche, Henriette Crüwell. Die Zusammenarbeit mit ihr war „sehr kreativ und sehr harmonisch", so Simon.

Bevor der Künstler allerdings erstmals die Kettensäge ansetzte, feierte man einen Gottesdienst mitten im Wald. Danach machte er sich ans Werk – mit ruhiger Hand. Denn wenn das 1,50 Meter lange Schwert der Motorsäge abgerutscht wäre, hätte sich der Holzblock verkantet. Schließlich sollten aus dem fünf Tonnen schweren Klotz Altar, Ambo, Osterleuchter und Sedilien (Hocker) gefertigt werden.

Grenzgänger zwischen weltlicher und kirchlicher Kunst

Die Dicke Eiche überlebte in den vergangenen Jahrhunderten drei Blitzschläge, die sich in den Zacken von Osterkerzenleuchter und Ambo wiederfinden und so auch an menschliche Wunden erinnern. Gerade am Ambo ist exemplarisch zu sehen, wie der Baum es geschafft hat, sich durch die Bildung neuer Rinde selbst zu heilen. Etwas ganz Besonderes ist jedoch der Altar. Denn beim Sägen am Stamm kam eine senkrechte Atmungsfuge zum Vorschein. Diese hat Simon schließlich durch einen waagerechten Schnitt ergänzt, sodass daraus ein Kreuz entstanden ist. Gottesdienste und Diskussionen mit Theologen und interessierten Passanten begleiteten die Arbeiten im Wald.

Klaus Simon ist ein Grenzgänger zwischen weltlicher und kirchlicher Kunst. Holz ist das Medium, mit dem er sich am liebsten auseinandersetzt. So schuf er zum Beispiel 2009 den neuen Volksaltar im Gmünder Münster aus einer 150 Jahre alten Roteiche.

Und weil der Bildhauer um die Seelenkraft der Natur weiß, zieht es ihn zur Inspiration in den Wald – oft auch in den Kottenforst. „Ich beziehe meine Kraft von dieser Art zu arbeiten. Außenskulpturen erfüllen mich.“ Außerdem freut er sich, wenn er selbst nach Jahren immer noch auf seine Arbeiten für die Namen-Jesu-Kirche angesprochen wird. „Das macht mich wirklich glücklich“, sagt er. Selbstverständlich gehört bei jedem Besuch in seiner alten Heimat Bad Godesberg auch ein Abstecher in die Bonngasse dazu. Die Ausstattung der Kirche ist für ihn auch deshalb so einmalig, weil sie eine der wenigen Gotteshäuser ist, die Holz und keinen Stein für Altar und Ambo verwendet hat. Simon gestaltete auch das Carl von Ossietzky-Denkmal in Bronze in Berlin-Pankow.