Krippe in Bonn-Dransdorf Stall in nobler Nachbarschaft

Dransdorf · Eine 110 Jahre alte Krippe steht im Stadtteilcafé Dransdorf. In ihrer Aussage und Ausstattung ist sie bemerkenswert. Das Jesuskind kommt nämlich ärmlich in nobler Umgebung zur Welt.

 Wolfgang Schmalzried hat die Krippe seines Großvaters übernommen und baut sie auch zur Freude von Katharina Helmerking vom Stadtteilverein Dransdorf im Stadtteilvafé auf.

Wolfgang Schmalzried hat die Krippe seines Großvaters übernommen und baut sie auch zur Freude von Katharina Helmerking vom Stadtteilverein Dransdorf im Stadtteilvafé auf.

Foto: Benjamin Westhoff

Von solch‘ einer Umgebung hätten Maria und Josef nur träumen können. Hütten und Lehmhäuser sucht man vergeblich, dafür stehen jede Menge prachtvolle Gebäude gleich nebenan. Zwar bleibt dem jungen Paar auch bei Wolfgang Schmalzried nichts anderes übrig, als ihr Kind in einem Stall zur Welt zu bringen. Doch die Nachbarschaft ihrer ärmlichen Lattenbehausung in Bethlehem ist sehr gediegen: Die Herberge, die sie nicht aufnehmen wollte, hat Möbel aus feinstem Holz, buntes Glas in den Fenstern schützt vor der nächtlichen Kälte. Der Palast von Herodes kann mit jeder protzigen Villa konkurrieren. Natürlich blühen in seinem Garten haushohe Palmen.

Keine Frage, die Krippe, die Schmalzried seit ein paar Jahren im Stadtteilcafé in Dransdorf aufbaut, ist etwas ganz Besonderes. Sein Großvater Eduard Godtfring hat sie vor mehr als 110 Jahren gebastelt. Er lebte mit seiner Frau in Köln und arbeitete bei der Bahn. In mühevoller Kleinarbeit hatte er als junger Mann die verschiedenen Gebäude sowie die Stadtmauer aus Altholz hergestellt. Selbst das Mobiliar der Schänke hat er mit der Laubsäge herausgearbeitet und durch filigrane Details ergänzt. „Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir als Kinder immer mit großen Augen vor der Krippe standen“, schmunzelt Schmalzried. „Aber anfassen durften wir sie eigentlich nicht.“

Großvater Godtfring, Jahrgang 1895, gestaltete die Weihnachtsszene immer wieder anders. „Nach und nach kamen neue Gebäude hinzu. Mittlerweile sind fast alle Orte aus dem Weihnachtsevangelium vorhanden“, erzählt der Enkel, ein gelernter Koch, der nach Stationen in England und der Schweiz in mehrere Restaurants in Bonn und dem benachbarten Kreis als Küchenchef gearbeitet hat.

Seit einiger Zeit stellt er seine orientalische Krippe im Dransdorfer Treffzentrum aus. Vor dem ersten Advent beginnt Schmalzried mit dem Aufbau. Denn nicht nur die verschiedenen Gebäude sowie die Silhouette von Bethlehem müssen platziert werden, sondern auch die passende Beleuchtung installiert. Einen ganzen Tag ist er damit beschäftigt.

Natürlich werden am 6. Januar auch die Heiligen Drei Könige nach beschwerlicher Reise durch die orientalische Landschaft die Krippe im Stall erreichen. „Aber wenn dann die Besucher des Cafés vor der Krippe stehen bleiben und die Details beobachten, weiß ich, dass sich der Aufwand gelohnt hat“, so der 70-Jährige.

Das bestätigt auch Ilona Arian, die Leiterin der Begegnungsstätte: „Unsere Besucher kommen aus verschiedenen Ländern, Kulturen und haben unterschiedliche Religionen. Aber hier vor der Krippe kommen sie schnell ins Gespräch“, erzählt sie. „Oft hören wir, dass sie die Gebäude an ihre Heimat erinnern“, berichtet sie. Wolfgang Schmalzried hört das gerne. „Schön, dass die alte Krippe unserer Familie so auch ein Stück zur Völkerverständigung beiträgt“, lächelt er.

Die Krippe von Großvater Godtfring haben in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Bonner bewundern können. Denn sie stand einst im Pavillon vom Herrenhaus Buchholz in Alfter sowie im Eingangsbereich des Schaumburger Hofs, wo Schmalzried als Küchenchef das Kommando hatte. „Ich wollte die Arbeit meines Großvaters einem größeren Publikum zeigen. Und für die eigenen vier Wände ist sie eh‘ etwas zu groß geraten“, erzählt er.

Am 10. Januar verpackt Schmalzried Stall, Gebäude, Palmen, Tiere und die heilige Familie wieder in die Kisten. Aber in Dransdorf freut mach sich schon darauf, die Krippe im nächsten Jahr erneut zu bewundern. Das konnten die Bewohner des Viertels selbst im vergangenen Jahr, als aufgrund des Lockdowns das Café geschlossen war. Damals hatte Schmalzried das Ensemble vor dem Fenster platziert. So war die Weihnachtsgeschichte von außen gut sichtbar.

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