Refugium für Flora, Fauna und Anwohner Gelungene Renaturierung am Lengsdorfer Bach

Lengsdorf · Die Renaturierung hat den letzten Abschnitt des Lengsdorfer Baches zwischen Ohligsmühle und Autobahn zu einem Refugium für Flora, Fauna und Anwohner gemacht. Der Verein Lengsdorfer Bachfreunde möchte wieder mehr in die Planungen der Stadt einbezogen werden.

 Als gelungen bezeichnen die Bachfreunde die Renaturierung des Lengsdorfer Baches.

Als gelungen bezeichnen die Bachfreunde die Renaturierung des Lengsdorfer Baches.

Foto: Stefan Hermes

Als die Stadt Bonn vor rund zwei Jahren die mehr als 60 Jahre alten Bäume am Lengsdorfer Bach zwischen Ohligsmühle und Autobahn fällen ließ, war der Aufschrei groß (der GA berichtete). Ohne die Anwohner oder die Lengsdorfer Bachfreunde, die sich seit ihrer Gründung 1988 offiziell um den Naturschutz rund um den Bach kümmern zu informieren, wurden mit dem Kahlschlag unwiderrufliche Tatsachen geschaffen. Heute ist nicht nur sprichwörtlich „Gras über die Sache“ gewachsen, sondern die Renaturierung, wird auch von vielen Anliegern und dem Bachfreunde-Verein als gelungen bezeichnet. Das linksseitige Ufer des Lengsdorfer Bachs wurde inzwischen weiträumig abgegraben, um dem vormals tief eingeschnittenen Bach damit das steile Ufer zu nehmen und eine nur noch leicht ansteigende breite Retentionsfläche entstehen zu lassen.

„Das sieht für Außenstehende massiv aus, aber man muss das im Zusammenhang mit der Gesamtplanung sehen“, sah seinerzeit schon der Agrarwissenschaftler und Bachfreund Matthias Schindler gegenüber dem GA voraus. „Damit ist jetzt vor allem das Stadtgebiet von Endenich vor extremem Hochwasser geschützt“, ergänzt heute Fritz Rost (84), der zu den Gründungsmitgliedern der Bachfreunde gehört und sich nun aus Altersgründen aus der aktiven Vereinsarbeit zurückzieht. Besonders zufrieden ist er mit der natürlichen Gestaltung der neu angelegten Landschaft. „Ich weiß“, sagt er, „dass das nicht allen Anliegern gefällt. Viele hätten dort lieber eine Parkanlage gesehen, statt Wildwuchs und Disteln.“

Hunde als neue Feinde von Neupflanzungen

Doch durch das „Unkraut“ gebe es viele Sämereien, die den Vögeln gut über den Winter geholfen hätten. So konnte Rost dort schon den Distelfink, auch Stieglitz genannt, beobachten. Einige der im vergangenen Jahr neu gepflanzten Bäume mussten allerdings bereits erneuert werden, da in den extremen Trockenperioden – wie damals bereits von Rost warnend vorhergesehen - die Neupflanzungen zu wenig gewässert wurden. Auch die Neupflanzungen scheinen in Form von sie ausbuddelnden Hunden einen neuen Feind zu haben. Dorothea Peters von den Bachfreunden hatte dort schon scharrende Hunde beobachtet, deren Besitzer darauf verwiesen, dass es sich schließlich um Jagdhunde handele. Ihr Vereinskollege Olaf Stümpel fügt an, dass man die Hundehalter dazu auffordern sollte, ihre Hunde anzuleinen.

 Letzter Schnitt kurz vor der Apfelblüte. Die Bachfreunde (von links) Matthias Schindler, Dorothea Peters, Gudrun Rahn, Olaf Stümpel und Thomas Pitzschke.

Letzter Schnitt kurz vor der Apfelblüte. Die Bachfreunde (von links) Matthias Schindler, Dorothea Peters, Gudrun Rahn, Olaf Stümpel und Thomas Pitzschke.

Foto: Stefan Hermes

„In 30 Jahren wird sich die Natur wieder entwickelt haben und es wird besser sein als jetzt“, sagt Rost und zitiert damit einen ihn überzeugenden Gedanken von Schindler. Die Renaturierungsmaßnahme habe den letzten Abschnitt des Lengsdorfer Baches zwischen Ohligsmühle und Autobahn, bevor er danach zum Endenicher Bach wird, zu einem Refugium für Flora, Fauna und Anwohner gemacht, ist das Fazit von Rost. Karl Wengenroth merkt auf Anfrage des GA als Vorsitzender der städtischen Baumkommission an, dass sein Ausschuss zwar für jeden einzelnen Baum angerufen wird, der einem Bauvorhaben im Wege steht, jedoch nicht, wenn es um Kahlschläge wie den am Lengsdorfer Bach oder den auf den Rheinauen links und rechts des Rheins geht.

Projekt einer neuen Streuobstwiese

In einer für die kommenden Wochen geplanten Begehung der Bachfreunde mit dem Tiefbauamt wird ihr Vorsitzender Thomas Pitzschke vor allem Wert darauf legen, dass es wieder „zu einer aktiven Belebung unserer bestehenden Patenschaft“ kommt. Schließlich habe es vor einigen Jahren schon eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen Tiefbauamt und den Bachfreunden gegeben, so Pitzschke. So hätte auch jetzt bereits das Engagement der Bachfreunde das Absterben der neu angepflanzten Bäume verhindern helfen können. Der Verein wünscht sich, wieder mehr in die Planungen der Stadt einbezogen zu werden, wenn es um die Belange rund um den Lengsdorfer Bach geht. Das bezieht auch das Projekt einer neuen Streuobstwiese ein, in dessen intensiver Vorbereitung sich der Verein gerade befindet: Der derzeitige Bestand von rund 60 Obstbäumen soll auf einer Fläche von rund 5000 Quadratmetern um weitere rund 20 regionale alte Apfelsorten im Katzenlochbachtal am Ippendorfer Westhang erweitert werden.

„Gerade haben wir in einem sehr lehrreichen Workshop mit den Experten der Biostation vieles über die Anlage einer Streuobstwiese gelernt“, sagt der Vorsitzende des zurzeit rund 160 Mitglieder starken Vereins. Es gebe vieles zu beachten, wenn man es richtig machen wolle, so Pitzschke. Man werde auch durchaus etwas Geld in die Hand nehmen, um keine Supermarkt-Bäume zu pflanzen, „sondern alte regionale Sorten, die von sich aus resistent gegen Pilzbefall und Schädlinge sind“. Man wolle schließlich keine chemischen Insektenbekämpfungsmittel einsetzen.

„Die Bäume müssen es schaffen, resistent und 50 bis 100 Jahre am Leben zu bleiben.“ Erst ein alter Baum habe auch den entsprechenden ökologischen Wert. „Wir müssen es schaffen“, so Pitzschke, „dass auch Spechte und vielleicht sogar die Steinkauze bei uns wieder ihr Habitat finden.“ Die etwa zehn anpackend aktiven Mitglieder der Bachfreunde würden sich über Baumpaten freuen, die nicht nur finanziell den Ankauf der Bäume unterstützten, sondern selber auch tatkräftig dabei sein möchten, wenn es um Pflanzung und Erhalt der Bäume geht. „Der Zeitpunkt, sich aktiv am Verein zu beteiligen und sich damit für Natur- und Klimaschutz einzusetzen scheint im Moment sehr gut zu sein“, sagt Stümpel im Hinblick auf die Corona-Pandemie, die immer mehr Menschen in die Natur zieht. Weitere Infos und Kontakt unter www.bachfreunde-lengsdorf.de

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