Berufskollegs in Duisdorf Lieber Respekt als Mitleid zeigen

DUISDORF · Was dabei herauskommt, wenn man nicht richtig auf seinen Lehrer hört, haben die Schüler der Klasse K 1111 des Berufskollegs in Duisdorf erfahren: Sie haben einen Sonderpreis bei einem Schülerwettbewerb des Bundeszentrale für politische Bildung gewonnen.

Die Klasse wurde zur Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft nach Wiesbaden eingeladen, dort sahen die Schüler den Film "Kriegerin" und diskutierten danach die Probleme der Altersfreigabe bei Filmen.

So weit die gute Nachricht. Die schlechte ist: Vielleicht wäre mehr drin gewesen als dieser Sonderpreis. Denn der Beitrag des Berufskollegs gefiel der Jury so gut, dass sie den Preis verlieh, obwohl die Schüler gegen die Teilnahmebedingungen verstoßen hatten.

Sie hatten einen Film gedreht, und das war eigentlich nicht erlaubt. Fachlehrer Manfred Bürvenich, der das Projekt begleitete, wusste das, wies seine Schüler aber aus pädagogischen Gründen nur zurückhaltend darauf hin: Wer am Wettbewerb teilnimmt, muss sich über die Bedingungen informieren.

In ihrem neun Minuten langen Beitrag haben sich die Schüler mit dem Alltag von Behinderten in Bonn beschäftigt. Wie leben sie, wie meistern sie ihren Alltag? "Wir dachten, dass das ein Thema ist, das nicht an Aktualität verliert", sagt Timur Senel. Und weil sie auch etwas "bewegen" wollten, gingen die Schüler das Thema besonders ambitioniert an: mit einem Selbstversuch. Sie organisierten einen Rollstuhl, Mitschüler Falko Daniels setzte sich rein und fuhr, gefilmt von den Mitschülern, von Siegburg nach Bonn.

"Es fallen einem viele Kleinigkeiten auf, die man sonst nicht mitkriegt, es gibt viele Barrieren, Aufzüge funktionieren nicht", sagt Daniels. Und man erlebt einige Überraschungen. "Viele sind hilfsbereit, es gab aber auch einen Negativfall", sagt Senel. Auf die Frage, ob er eine Rampe organisieren könne, habe ein Bahnmitarbeiter geantwortet, dass er keine Zeit habe.

"Er hat lieber mit seinem Kollegen weiter Kaffee getrunken", berichtet Senel. Während eine Gruppe den Selbstversuch filmte, führten andere Interviews in den Bonner Werkstätten, eine dritte Gruppe sprach mit einer Schülerin des Kollegs, die auch körperlich behindert ist. Erkenntnis aus dem Projekt? "Man guckt jetzt besser hin. Aber die Betroffenen leisten dasselbe wie wir, sie haben einen vergleichbaren Alltag, trotz dieser Bürde", sagt Senel. Ihnen mit Mitleid zu begegnen, sei also nicht nötig, Respekt sei angebrachter.

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