Quartiersentwicklung in Bonn Machtkampf um das Gelände der alten Stadtgärtnerei

Dransdorf · Die Montag Stiftung und der Verein Neue Stadtgärtnerei haben ein gemeinsames Konzept für eine Quartiersentwicklung auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei entwickelt. Die Bezirksvertretung Bonn findet das Projekt gut, fühlt sich aber von der Verwaltung übergangen.

 Für das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei haben der Verein Neue Stadtgärtnerei und die Montag Stiftung Urbane Räume ein gemeinsames Konzept entwickelt.

Für das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei haben der Verein Neue Stadtgärtnerei und die Montag Stiftung Urbane Räume ein gemeinsames Konzept entwickelt.

Foto: Benjamin Westhoff

Enttäuscht wirkten am Dienstagabend in der Sitzung der Bezirksvertretung Bonn die beiden Sprecher, die ein Entwicklungskonzept für die ehemalige Stadtgärtnerei auf dem Dransdorfer Berg vorgestellt haben. Zwar hat die Politik ihnen deutlich signalisiert, dass alle durch die Bank das Konzept unterstützen wollen, aber nicht auf dem Weg, den die Verwaltung vorschlägt.

Die Verwaltung will nämlich vom Rat einen Grundsatzbeschluss zum weiteren Vorgehen hinsichtlich der Entwicklung der städtischen Flächen der ehemaligen Stadtgärtnerei und der Veräußerung im Erbbaurecht. Konkret geht es um den Auftrag, Verhandlungen mit der Montag Stiftung Urbane Räume und dem Verein Neue Stadtgärtnerei über eine gemeinwohlorientierte Quartiersentwicklung auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei zu führen und die nötigen Verträge vorzubereiten.

Sensibles Thema

Die Verwaltung steckte dafür am Dienstag Kritik ein. Bezirksverordnete monieren einen Alleingang der Verwaltung unter Ausschluss von Öffentlichkeit. „Auf den Tisch bekommen wir eine Blackbox, ohne dass bei diesem wichtigen, sensiblen Thema unsere Fragen beantwortet sind. Ich möchte alles genau wissen“, monierte beispielsweise Birgitta Poppe-Reiners von Rheingrün. Bereits im Vorfeld hatte für Protest gesorgt, dass die Verwaltung das Thema in nichtöffentlicher Sitzung behandeln wollte. Poppe-Reiners, Elmar Conrads-Hassel (FDP) Thomas Fahrenholtz (parteilos) und die CDU-Fraktion hielten per Antrag dagegen. Und auch die Bürgerinitiave zur Erhaltung des Meßdorfer Felds forderte Öffentlichkeit. „Wir sind sehr verwundert“, sagte Sprecher Rudolf Schmitz. „Über die zukünftige Nutzung des Geländes wird seit der Stilllegung 2004 kontrovers diskutiert, daher besteht ein erhebliches öffentliches Interesse an der weiteren Entwicklung.“

Die Verwaltung musste zurückrudern: Sie habe ihre ursprüngliche Einschätzung, dass es sich in erster Linie um eine Grundstücksangelegenheit handelt, überprüft und wegen des großen öffentlichen Interesses freigegeben. „Wie ungeschickt“, sagte Hartwig Lohmeyer von Rheingrün. Auch Thomas Fahrenholtz fand deutliche Worte. „Ein unglücklicher Start für ein gutes Projekt. So einfach ist das nicht.“ Es gehe um weit mehr als eine Grundstücksangelegenheit. Die Stadtgärtnerei grenzt an das Naherholungsgebiet Meßdorfer Feld. „Das Feld hat Geschichte, weil viele nach wie vor befürchten, dass in Salami-Taktik scheibchenweise Baugrundstücke aus der Freifläche herausgeschnitten werden. Die Leute sind zu Recht argwöhnisch.“ Ihn mache stutzig, dass die Verwaltung das Projekt, nachdem Jahrzehnte lang Stillstand auf dem Gelände war, nun mit Priorität abhandeln wolle.

Kein Grundsatzbeschluss

„Ein ungewöhnlicher Prozess, falsche Reihenfolge“ findet auch Grüne-Bezirksverordneter Rolf Beu. Auf Einladung der Verwaltung stellten die Montagstiftung und der Verein Neue Stadtgärtnerei ihr Konzept (siehe Kasten) in der Bezirksvertretung vor. Die beiden Sprecher hatten, unterstützt von der Verwaltung, erwartet, per Grundsatzbeschluss grünes Licht zu bekommen, um mit Vorplanungen zu beginnen. Und für sie ebenso wichtig: Auch das Erstzugriffrecht zugesichert zu bekommen. Der Grundsatzbeschluss fiel in der Bezirksvertretung durch. Stattdessen erhielt der Antrag von Brigitta Poppe-Reiners, Arno Hospes, Elmar Conrads-Hassel, Thomas Fahrenholtz und der CDU Bezirksfraktion gegen Grüne und SPD eine Mehrheit, zuvor die notwendigen Fachgutachten einzuholen.

Ein kritischer Punkt sind beispielsweise die Freilegungskosten – und wer sie bezahlt. Von der Stadtgärtnerei stehen noch die massiven Aufbauten und Unterkellerungen. Verhandlungen mit früheren Investoren sind unter anderem daran gescheitert, dass sich die Entsorgungskosten im Verhältnis zur Rendite aus einer Wohnbebauung nicht rechneten. Die Verwaltung hat aus früheren Fehlern gelernt und will erst ein umfassendes Gutachten, bevor sie den Wert der Fläche ermittelt. „Anschließen kann überlegt werden, ob das jetzt kalkulierbare Risiko kaufpreismindernd Berücksichtigung findet oder die Stadt als Eigentümerin Rückbau und Entsorgung durchführt und dann das Grundstück zu einem höheren Wert abgibt.“ Für die notwendigen Gutachten rechnet die Stadt mit Ausgaben von etwa 210 000 Euro; das Konzept für den Rückbau wird mit 60 000 Euro veranschlagt.

Warteschleife für das Projekt

Aus Sicht der Politiker ist nun die Schneise geschlagen, wie es mit der ehemaligen Stadtgärtnerei weitergehen kann. Die Montag Stiftung und der Verein Neue Stadtgärtnerei sehen das anders. Man könne verstehen, dass die Politik Investoren an die Kandare nehmen wolle, „aber wir sind Gemeinwohl-Investoren“, sagt Sascha Gajewski von der Montag Stiftung. Soll heißen: „Wir sind nicht auf Rendite aus.“ Er brauche rasch ein Startzeichen. Es gebe noch andere Projekte, die auf der Förderliste stehen. „Seit sieben Jahren arbeiten wir an dem Projekt. Wissen Sie wie viel Zeit wir schon investiert haben?“; sagt die Sprecherin der Vereins Neue Stadtgärtnerei, Leona Schmidt-Roßleben. „Jetzt sieht es so aus, als hätten wir nicht einmal ein Erstzugriffsrecht.“

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