Führung durch Lengsdorf Mit Ritter Reginbart fing alles an

Lengsdorf · Seinen Namen verdankt Lengsdorf Ritter Reginbart von Lengisdorp, der dem Bonner Cassiusstift im Jahr 804 einen Weingarten schenkte. Das ist nur eine der vielen spannenden Geschichten über den Ortsteil und seine Bewohner.

 Der Turm der Lengsdorfer Kirche erhob sich vor dem Zweiten Weltkrieg über dem Altar, erklärt Erika Zander bei ihrer VHS-Führung durch den Stadtteil.

Der Turm der Lengsdorfer Kirche erhob sich vor dem Zweiten Weltkrieg über dem Altar, erklärt Erika Zander bei ihrer VHS-Führung durch den Stadtteil.

Foto: Stefan Knopp

Die Kunsthistorikerin Erika Zander deckt bei einer Führung auf. Der Name Carl-Friedrich Baunscheidt ist in der Welt der Heilpraktiker nicht unbekannt, obwohl das nach ihm benannte Heilverfahren reichlich umstritten ist: Der Endenicher entwickelte im 19. Jahrhundert das Nadelstichgerät „Lebenswecker“, mit dem ein angeblich heilendes Mittel unter die Haut gespritzt wird. Baunscheidts Erfindung verkaufte sich so gut, dass er es sich später leisten konnte, die Burg Dottendorf zu kaufen. Warum dieser Mann Erwähnung in einer Führung durch Lengsdorf findet? „Sein erster Patient war Maurermeister Heinrich Piel aus Lengsdorf, den er 1849 nach zwei Anwendungen von der Kopfgicht geheilt hatte“, erklärte Erika Zander, die diese Führung für die Volkshochschule leitete.

Es ist eine von vielen netten kleinen Anekdoten, die dieser Stadtteil zu bieten hat, der seinen Namen laut der Kunsthistorikerin Zander dem Ritter Reginbart von Lengisdorp verdankt. Der schenkte im Jahr 804 dem Cassiusstift einen Weingarten, und zwar dort, wo auch schon die Römer Wein anbauten. Dieser Aufgabe gingen auch die Lengsdorfer lange Zeit nach, bis 1858 die Franzosen die Gärten plünderten. Letztlich bereitete aber die Reblaus dem Weinanbau ein Ende.

Noch älter, nämlich schon seit der Steinzeit nachgewiesen, ist die Arbeit mit Ton in Lengsdorf. Ein alter Begriff für Ton ist Zander zufolge „Uhl“, zu finden in der Uhlgasse. Die hat im Laufe der Geschichte mehrmals ihren Namen gewechselt: Zuerst erhielt sie 1869 die heutige Bezeichnung. „Aber da sie an der Kirche liegt, lag es nahe, sie in Kirchstraße umzubenennen.“ Politisches Betreiben brachte ihr den alten Namen zurück, allerdings nur für kurze Zeit: Die Post protestierte, also wohnten die Lengsdorfer dann doch wieder in der Kirchstraße, beschwerten sich aber so lange, bis man ihrem Willen nachkam.

In der Gasse steht auch das „Uhlehöttche“, das älteste Fachwerkhaus in Lengsdorf. Während man sich in den meisten anderen Häusern nur kriechend durch das unterirdische Weinlager bewegen konnte, beinhaltet es den größten begehbaren Weinkeller des Ortes. Weiterhin war das Gebäude mit Kölner Stuckdecken versehen, um die Wichtigkeit der Arbeit zu unterstreichen, die darin geleistet wurde: Im Kelterhaus erfasste man den Lengsdorfer Wein und verteilte die Anteile an die Bevölkerung.

Es liegt im Schatten von Sankt Petri in Ketten. „Diese Kirche ist ein Gesamtkunstwerk“, sagte Zander. Denn im Mittelalter bis in die Neuzeit sei sie immer wieder erweitert worden, wobei aber immer darauf geachtet worden sei, den ursprünglichen Stil der um 1220 eingeweihten Kapelle beizubehalten. Der Turm ragte ursprünglich über dem Altarraum in den Himmel, wurde aber beim Bombardement im Februar 1945 zerstört. Bei der Grundsanierung in den 1950ern wurde er über der heutigen Orgel neu aufgebaut, weil der alte Standort statisch dafür nicht mehr geeignet war, wie die Kunsthistorikerin erzählte. Die schwarz-rot-goldene Musterung im Inneren habe nichts mit der deutschen Flagge zu tun: Man gehe davon aus, dass das die ursprüngliche Farbgebung war.

Zander erinnerte an die kleinen Siedlung Onzdorp – sie lag zwischen Lengsdorf und dem Kreuzberg – und Eichholz, das nur aus fünf Höfen bestand und das es heute nicht mehr gibt. Am Lengsdorfer Vereinshaus berichtete sie, dass das Gebäude 1836 als Schule errichtet wurde, in der der erste pädagogische Lehrer 109 Kinder in einer Klasse unterrichtete.

Die Teilnehmer erfuhren auch von zwei Schatzfunden: 1883 wurden 170 Münzen in einem Krug entdeckt, der um 1500 vergraben worden sein muss, und „1936 fanden Kinder eine Brotdose mit Münzen aus der Zeit Friedrichs des Großen“, erzählte Zander. Wer weiß, welche Schätze noch unter Lengsdorf verborgen liegen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort