Lengsdorfer Weinernte Museum in Lengsdorf skizziert fast 1000-jährige Geschichte des Weins

Lengsdorf · Im Heimatmuseum Lengsdorf wird die fast 1000-jährige Geschichte des Weinanbaus wieder lebendig.

 Im Heimatmuseum Lengsdorf ist ein Teil der Jahrgangs-Flaschen aus dem St.-Petri-Garten zu sehen. Bei dem Wein handelt es ich um einen Riesling (Bacchus/Erstlese).

Im Heimatmuseum Lengsdorf ist ein Teil der Jahrgangs-Flaschen aus dem St.-Petri-Garten zu sehen. Bei dem Wein handelt es ich um einen Riesling (Bacchus/Erstlese).

Foto: Stefan Hermes

„Das wird ein Jahrhundertwein“: Darauf konnten sich Hobbywinzer vor zwei Jahren nach der Lengsdorfer Weinernte freuen. Der Rekordsommer 2018 bescherte ihnen mit einem hohen Oechslegrad im Traubenmost einen selten guten Tropfen. Über die fast 1000-jährige Geschichte des Weins gibt es im Museum des Heimat– und Verschönerungsvereins Bonn-Lengsdorf viel zu erfahren.

Der Lengsdorfer Wein war vor rund 1000 Jahren – wie nahezu überall – von eher bescheidener Qualität. Meist war er dünn und sauer, da man die Verbesserung des Weins vor der Vergärung durch Zucker oder die Minderung der Säure durch kohlensauren Kalk noch nicht kannte. Über die Jahrhunderte fanden sich die Weingärten Lengsdorfs hauptsächlich rund um den Kreuzberghang, den Hardtberg und im Flodeling, wie es im Heimatmuseum aufgezeichnet ist. „Die Bezeichnung der Weingüte reicht von schlecht über mittelmäßig bis zum vorzüglichsten in der Gegend“, hat Heimatforscher Herbert Weffer in seinem Buch über die Geschichte Lengsdorfs aus den Aufzeichnungen aus verschiedenen Jahrhunderten zusammengefasst. Anfang des 18. Jahrhunderts hieß es noch, dass sämtliche Einwohner Lengsdorfs „etwas Weinbau treiben“.

Weffer hat durch seine Archivstudien zudem herausgefunden, dass am Kreuzberghang der Familienname Weingärtner entstanden sein muss. Um 1600 gab es noch keine festen Familiennamen. Der Winzer Heinrich wurde nach seiner Heirat mit Agnes fortan Heinrich Weingärtner genannt. Ihr 1615 geborener Sohn wurde sodann als Adolph Weingärtner eingetragen. 200 Jahre später waren die Nachkommen Weingärtners schon bis nach Köln nachweisbar.

Ende des 19. Jahrhunderts fiel ein Weinstock nach dem anderen der Reblaus, dem Mehltau sowie anderen Pilzerkrankungen zum Opfer. Die Weinerträge wurden immer geringer, und die Bauern im Vorgebirge stellten als erste auf den damals ertragreicheren Gemüseanbau um. Der Kölner Markt hatte einen immer größer werdenden Bedarf an Frischgemüse. Ab 1844 wurde der Gemüseanbau noch durch den Eisenbahnbau und den Einsatz eines Marktzugs nach Köln intensiviert.

Das Ende wurde dann offiziell: In den amtlichen Chroniken Lengsdorfs ist unter dem Datum des 28. September 1877 folgender Eintrag zu finden: „Die Weinberge im Bann von Lengsdorf sind von heute an geschlossen und der Zutritt zu denselben sowie den zu den Pfaden und der Bergstraße ist jedermann untersagt.“

1902 wurde der letzte Duisdorfer Weinberg gerodet. Zwei Jahre später wurde die Weinbaukommission von Lengsdorf aufgelöst. Damit war der Weinbau in Lengsdorf zur Geschichte geworden. In den ehemaligen Weinlagen pflanzte man nun meist Obstbäume an. Um die Jahrhundertwende gab es nur noch zwei Bauern, die Reben anbauten.

Allgemein hieß es früher, dass der Gielsdorfer Wein der beste in der Bonner Gegend gewesen sei. In Lengsdorf hatte man damals den Rotwein bevorzugt, weil damit lange Zeit ein höherer Ertrag zu erzielen war. Der Weißwein muss dagegen so minderwertig gewesen sein, dass man ihn zu Essig verarbeitete. „Der hiesige Wein“, zitiert Weffer eine Chronik, „war anderswo nicht sehr beliebt und wurde so fast ausnahmslos an Ort und Stelle getrunken.“

Auch heute wird der seit 1981 wieder geerntete Lengsdorfer Wein mehr oder weniger nur vor Ort getrunken. Allerdings ist nicht mehr seine mangelnde Qualität der Grund, sondern die Gesetzeslage, die einen Verkauf des auf rund 300 Flaschen abgefüllten Rotlings – einem Verschnitt von rund 60 Prozent roten und 40 Prozent weißen Trauben – nicht erlaubt. So ist der Weinbau heute vor allem eine an frühere Zeiten anschließende Tradition und Freude für die Mitglieder des Lengsdorfer Heimat– und Verschönerungsvereins, alljährlich durch die in vielen Privatgärten wachsenden Rebstöcken wieder eine Weinernte feiern zu können. Erst kürzlich kauften die Weinfreunde eine Abbeermaschine, mit der die Weinbeeren nun nicht mehr mühsam von Hand vom Traubengerüst getrennt werden müssen. Zugleich fehlen noch Helfer bei der Weinernte und -verarbeitung, die Wolfgang Schick und Andreas Kolits unterstützen könnten.

Das Weinfest im Herbst ist seit 1968 einer der Höhepunkte im dörflichen Festkalender. Dann wird die Krönung der Weinkönigin gefeiert. Die Insignien der königlichen Hoheit sind in Form von Weinlaubkranz und goldener Krone genauso im Heimatmuseum zu sehen, wie die Flaschen, Weinkrüge und die sogenannten Mötchen aus Steinzeug, in denen vorzugsweise der Rotwein kredenzt wurde. Eine restaurierte Traubenpresse hat vor dem Museum an der Hauptstraße ihren Platz und erinnert an die Vergangenheit des Weindorfs Lengsdorf.

Das Museum des Heimat– und Verschönerungsvereins Bonn-Lengsdorf, ☎ 02 28/6 20 39 20 (Wolfgang Schick) öffnet wieder mittwochs, jeweils von 18 bis 20 Uhr.

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