Trend geht Richtung Nachhaltigkeit Bonner kommen mit eigenen Schalen zu Erdbeerständen

Hardtberg · In Bonn haben wieder zahlreiche Verkaufsstände für feldfrische Erdbeeren und Spargel geöffnet. Der Trend geht immer weiter in Richtung Nachhaltigkeit.

 Mehrere Stände bieten derzeit Erdbeeren und Spargel an – wie hier auf dem Brüser Berg.

Mehrere Stände bieten derzeit Erdbeeren und Spargel an – wie hier auf dem Brüser Berg.

Foto: Benjamin Westhoff

Fyn und Ben kennen derzeit kurz vor Mittag nur ein einziges Ziel. „Wir holen Erdbeeren“, rufen die beiden Dreijährigen, setzen sich auf ihre Laufräder und geben ordentlich Gas. „Ich komme kaum hinterher, so schnell sind sie“, kommentiert ihre Mutter den täglichen Wettlauf mit den Jungs quer durch Ückesdorf und spurtet hinterher. Das Angebot an der Landstraße ist aber wirklich zu verlockend: Frische Erdbeeren, die erst vor wenigen Stunden auf Feldern in der Region gepflückt wurden, warten nur darauf, endlich vernascht zu werden. Eine erste Qualitätskontrolle gibt es gleich vor Ort. „Mhm“ bewerten die Zwillinge den Geschmackstest. Ihre Mutter verstaut die beiden Schälchen derweil schnell in den Einkaufskorb. „Sonst ist nichts mehr übrig, wenn wir zu Hause sind.“

Überall in Bonn stehen jetzt wieder Verkaufsstände für erntefrisches Obst und Gemüse aus heimischem Anbau. Die meisten davon bewirtschaftet Schneiders Obsthof aus Wachtberg. Neben zwei ganzjährig geöffneten betreibt der Familienbetrieb in den verschiedenen Stadtbezirken 15 zusätzliche Verkaufsstellen, die bis in den Juli hinein täglich geöffnet haben – selbst sonntags und an Feiertagen.

Diese Buden stehen in der Regel auf privaten Flächen. „Wir achten darauf, dass sie gut erreichbar sind und in der Nähe von Wohngebieten liegen“, erklärt Friederike Schneider. Nur für Stände auf öffentlichen Flächen muss eine „Sondernutzungserlaubnis“ erteilt werden, erklärt die Stadt auf GA-Anfrage.

Wie Fyn und Ben konnte es auch Annegret Bechers nicht abwarten, bis endlich wieder die rot-weiße Fahne an der Fahrenheitstraße auf dem Brüser Berg flattert. „Ich komme jeden Tag“, erzählt die Seniorin, die auch dem knackigen Spargel nicht widerstehen kann. „Das schmeckt einfach besser. Kein Vergleich zu der Ware aus dem Ausland, die oft tagelang unterwegs war“, ergänzt sie. „Hier weiß ich, dass alles aus der Nähe ist“, betont die Seniorin. Allerdings kommt sie nie mit leeren Händen in die Fahrenheitstraße. „Ich habe mir angewöhnt, stets eine eigene Schüssel mitzubringen. So kann ich auf die Verpackung verzichten. Das ist gut für die Umwelt und gut für mein Gewissen“, lacht sie.

Nachhaltigkeit nimmt mehr Raum ein

Das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Verbraucher wichtig. Das beobachtet auch Friederike Schneider seit einiger Zeit. So wie Bechers würden viele Kunden mit eigenen Schüsseln oder Schalen kommen. „Das begrüßen wir sehr“, sagt die Obstbaumeisterin aus Wachtberg. Denn auch im Familienbetrieb wird längst Wert auf umweltfreundliche Verpackungen gelegt. „Wir verwenden ausschließlich Pappschalen, Spankörbchen und Papiertüten“, betont sie.

So treu wie die vielen Stammkunden vor der Verkaufstheke, so treu sind auch die Mitarbeiter dahinter. „Viele arbeiten schon lange bei uns“, so Schneider. Meist sind es Studenten, Hausfrauen oder Rentner. In diesem Jahr sind außerdem viele Abiturienten im Team. „Sie wollten nach ihrem Schulabschluss eigentlich verreisen, müssen aufgrund der Pandemie allerdings zu Hause bleiben“, kennt Schneider die Geschichten. In der Hoffnung, dass sie in ein paar Monaten doch noch ihren Rucksack packen können, würden sie sich nun Geld für den Trip verdienen.

Auflagen für Erntehelfer

Die Preise für die roten Beeren, die botanisch gesehen zu den Sammelnussfrüchten gehören, sind im Vergleich zum Vorjahr stabil geblieben – obwohl die Erzeuger coronabedingt einige Auflagen erfüllen mussten, damit Saisonarbeiter überhaupt einreisen durften. Schneiders Obsthof hat deshalb mehr Wohnfläche geschaffen, damit die Erntehelfer nur noch in Kleinstgruppen zusammen sind. Auf den Feldern sowie bei den Mahlzeiten wird streng darauf geachtet, dass sich die Gruppen nicht vermischen. Zudem werden alle Helfer mehrfach getestet.

Auch wenn die Auslagen jetzt bereits gut gefüllt sind, optimal war der Start in die Saison nicht. „Wir hatten im Frühjahr noch viele Frostnächte, wodurch sich die Pflanzen nur langsam entwickelten. Aber das sind ganz normale Stolpersteine“, sagt Schneider. „Clery“ ging als Erste an den Start. „Diese frühe Sorte ist besonders süß. Bei optimalen Temperaturen kann sie bereits im Mai gepflückt werden“, so die Obstbaumeisterin.

Zu Beginn der Saison reifen die Beeren zwar noch unter einem Tunnel, sobald es jedoch tagsüber wärmer wird, beginnt die Ernte auf den freien Flächen. „Das Geheimnis liegt in einer genauen Planung, die den perfekten Pflückzeitpunkt abfängt. Wir pflücken erst, wenn die Beeren komplett ausgereift sind.“ Normalerweise dauert in NRW die Ernte bis in den Juli. Einige Betriebe bieten sie jedoch bis in den Oktober hinein an.

Als Obstbaumeisterin hat Schneider natürlich auch ein paar Tipps für den optimalen Genuss. „Man sollte Erdbeeren nach dem Waschen nicht nass in den Kühlschrank legen“, empfiehlt sie. Am besten eignet sich ein Sieb für die Zwischenlagerung. Den einzigartigen Geschmack entwickeln die Früchte allerdings nur bei Zimmertemperatur. „Oder direkt vom Feld“, sagt sie. „Einfach lecker.“

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