Nähe trotz Abstand finden Ökumenischen Hospizinitiative unterstützt Familien in Corona-Krise

Endenich/Röttgen. · Die Mitglieder der Ökumenischen Hospizinitiative sind jetzt in der Corona-Krise besonders gefordert und unterstützen vor allem Familien. Die Begleitung Sterbender erfolgt im Moment hauptsächlich über Telefon.

 Sterbebegleitung am Krankenbett: Für die Hospizhelfer ist das derzeit eine besondere Herausforderung, denn die gewohnte Nähe ist nicht erlaubt.

Sterbebegleitung am Krankenbett: Für die Hospizhelfer ist das derzeit eine besondere Herausforderung, denn die gewohnte Nähe ist nicht erlaubt.

Foto: epd/DPA

Der Tod ist für die Familie aus Endenich nicht überraschend gekommen. Ihre 79-jährige Mutter und Großmutter hatte bereits einen langen Leidensweg hinter sich. Seit Anfang des Jahres war jedoch allen klar, dass es keine Heilung gibt und die Familie langsam Abschied nehmen muss. Eine schwere Zeit – nicht nur für die Sterbende, sondern auch für die Angehörigen. An der Seite der Familie waren ehrenamtliche Sterbebegleiter der „Ökumenischen Hospizinitiative unter dem Kreuzberg“.

Wochenlang waren die Helfer der Initiative eine Stütze. Dabei sind die Erwartungen der Hilfesuchenden ganz unterschiedlich. „Manche wollen reden, andere sind zufrieden, wenn jemand da ist und einfach nur ihre Hand hält“, weiß Wilson Schaeffer, Koordinator des Vereins. Er erinnert sich an einen Fall: „Wir haben habe einmal eine Frau in den letzten Tagen ihres Lebens begleitet, die sich wünschte, dass wir ihr aus einem Buch vorlesen.“

Der Verein war von den Pfarrgemeinden St. Maria Magdalena (Endenich) und Christi Auferstehung (Röttgen) sowie der Evangelischen Trinitatiskirchengemeinde 2015 gegründet worden. Seit der Coronakrise und damit verbundenen Einschränkungen gehen auch die Sterbebegleiter neue Wege. „Wir wollen begleiten und da sein, müssen aber gleichzeitig auf Distanz gehen“, sagt Schaeffer zur aktuellen Situation. Nähe auf Abstand also. „Wir sind jetzt alle gefragt und müssen neue kreative Wege für unsere Arbeit finden“, so der Diplom-Theologe und Sozialpädagoge.

So lange es möglich ist, würden die Sterbebegleiter des Vereins nun mit allen Beteiligten telefonieren. Manchmal gelinge es auch, sich per Chat auszutauschen. „Über einen persönlichen Brief oder eine besondere Postkarte freuen sich die Menschen ebenfalls“, weiß Schaeffer nach den vergangenen Tagen. „Wir müssen derzeit alles überdenken. Daraus entwickelt sich eine neue solidarische Dynamik für unsere Arbeit“, erklärt er. Manchmal bieten die Sterbebegleiter auch ihre Hilfe für das alltägliche Leben an. Dazu gehört in diesen Tagen beispielsweise das Angebot Einkäufe, zu übernehmen. „Wir müssen bei unserer Arbeit alle im Blick haben“, sagt Schaeffer.

Die wichtigste Unterstützung in dieser Ausnahmesituation sei immer noch das Gespräch. Ganz besonders das mit den Angehörigen. „Natürlich dreht sich in erster Linie alles um den Sterbenden. Aber wir dürfen die Familien nicht vergessen. Denn sie leiden nicht nur, weil sie einen geliebten Menschen verlieren. Für sie ist die soziale Isolation in der momentanen Krise meist eine zusätzliche Belastung“, weiß er aus dem Alltag. Deshalb appelliert er gerade an die Angehörigen: „Ziehen Sie sich in dieser schwierigen Situation nicht zurück. Suchen Sie sich Hilfe, sprechen Sie über ihre Trauer und ihre Gefühle. Auch dafür sind wir von der Hospizinitiative da.“

Zusätzlichen Schmerz bereite vielen, dass sie ihre Angehörigen derzeit nicht angemessen beerdigen können. Aktuell finden Bestattungen aufgrund der behördlichen Auflagen nicht mehr im großen Familien- und Freundeskreis, sondern nur noch im Beisein der allernächsten Verwandten statt. Trauergottesdienste und Exequien, Begräbnisfeier der Katholiken, müssen – nach jetzigem Stand – Wochen oder gar Monate später nachgeholt werden. Für viele Hinterbliebenen bedeutet das, nicht mit dem ohnehin schweren Verlust abschließen zu können. „Im Todesfall auf einen gemeinsamen Abschied und die Nähe vieler Menschen verzichten zu müssen, zählt sicher zu den bitteren Erfahrungen“, so Schaeffer. Dennoch versucht er in diesen Tagen jede Beerdigung so persönlich wie möglich zu gestalten. „Ich suche das Gespräch mit den Angehörigen, selbst wenn sie nicht zur Beerdigung kommen dürfen. So weiß ich, was diesen Menschen ausgemacht hat. Die Gebetsblätter und Ansprachen kann man später über die sozialen Netze an diejenigen verschicken, die nicht dabei sein konnten“, so der Koordinator der Initiative.

Das Fazit ist für Wilson Schaeffer auch in Zeiten der aktuellen Coronakrise eindeutig. „Für uns ist es wichtig, dass wir auf die Wünsche des Sterbenden eingehen, aber auch die Bedürfnisse der Angehörigen niemals außer Acht lassen. Gerade jetzt“, sagt er.

Weitere Informationen zur Arbeit der Initiative gibt es im Internet: www.hospizinitiative-kreuzberg-bonn.de sowie www.hospizforum-bonn-rheinsieg.de

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