Taschenmesser und Spurenlesen Warum Bonner Kinder noch Pfadfinder sein wollen

Brüser Berg · Beim in Medinghoven gegründeten Stamm Martin Bucer melden sich immer wieder Kinder, die Pfadfinder werden wollen. Was bewegt sie dazu? Freunde kennenzulernen, ist nur ein Grund. Es gibt eine existenziellere Motivation.

 Heidi und Gerald Möller mit ihren Wölflingen (von links): Toni, Emilio, Nico, Enrico und Alex gehen zum ersten Mal mit den Pfadfindern auf Fahrt.

Heidi und Gerald Möller mit ihren Wölflingen (von links): Toni, Emilio, Nico, Enrico und Alex gehen zum ersten Mal mit den Pfadfindern auf Fahrt.

Foto: Stefan Knopp

Ein Blick auf ihre Wölflinge reichte Heidi Möller: Am Outfit musste noch nachgebessert werden. „Die Kluft in die Hose“, ordnete sie an, und murrend taten ihr die fünf Jungs, die sie am Mittwoch in den VW-Bus der Pfadfinder vom Stamm Martin Bucer einlud, mehr oder weniger sorgfältig den Gefallen. Sieht halt nicht cool aus. Aber das nehmen sie in Kauf, um bei den Pfadfindern zu sein.

Die Brüder Emilio (9) und Enrico (11), die Brüder Nico (9) und Toni (8) sowie Kumpel Alex (9) sind jetzt zum ersten Mal auf Pfadfindertour. Ziel der Fahrt ist das Naturfreundehaus Theegarten bei Solingen, drei Übernachtungen in Jugendherbergsatmosphäre mit anderen Pfadfindern – und vor allem ohne Eltern, von denen sie sich am Mittwoch nahe der Grundschule Medinghoven verabschiedeten. Die Jungs gehören zur Meute Eichhörnchen, die etwas älteren Wüstenfüchse wurden vorher schon mit dem Zug von Duisdorf aus auf die Reise nach Solingen geschickt, die Möllers haben nur ihr Gepäck eingeladen. Und dann sind noch ein paar Mitglieder des rechtsrheinischen Stammes Philipp Melanchthon dabei.

Die fünf Jungs sind alle erst im Herbst dazugestoßen und haben deshalb noch den Status Wölflinge. Ihren Eltern haben Heidi und Gerald Möller noch eine Liste mit wichtigen Gepäckstücken geschickt: „Ein Kulturbeutel, die Kluft, Taschentücher und Taschenmesser, wetterfeste Kleidung und gute Schuhe“, zählte Nico auf. Toni hatte auch noch eine Taschenlampe eingepackt, Emilio zeigte das alte Pfadfinderbuch „Die Wolfsspur“ mit Pflanzen-, Tier- und Spurbestimmungen und Liedern. Solche Sachen mag er.

Kinder wollen lernen, wie man in Krisenzeiten überlebt

Warum macht er bei den Pfadfindern mit? „Ich will etwas lernen“, sagte Emilio. Vor allem, wie man überlebt. Das ist keineswegs altmodisch, sondern in Zeiten, in denen Stromausfälle durch Naturkatastrophen kein abwegiges Szenario mehr ist, ein nachvollziehbarer Gedankengang. Er sei viel mit seinem Vater und seinem Bruder im Wald unterwegs. Enrico gibt sich erfahren. „Ich kann schon Feuer machen. Mit Feuersteinen. Dazu braucht man noch Stroh oder trockenes Gras, notfalls kann man auch Baumrinde oder Baumharz nehmen.“ Ähnlich sieht es Alex. „Es gibt viel zu lernen. Falls ich zum Beispiel auf einer einsamen Insel bin, weiß ich, wie ich zurechtkomme.“

Enrico ist aber noch eine andere Sache wichtig, nämlich dass er dort andere Jungs in seinem Alter treffen kann. Bei der Waldweihnacht im Dezember habe er schon einen anderen Pfadfinder von einem anderen Stamm kennengelernt, mit dem er sich gut verstanden habe. Auch Toni macht mit, weil einer seiner Freunde bei den Pfadfindern eingetreten ist. Seinen älteren Bruder hat er mitgezogen. Er findet vor allem spannend, „dass man Abzeichen bekommt“.

Die Eltern machen das mit, denn etwas zu lernen, dabei Freunde um sich zu haben und spannende Ausflüge zu unternehmen, kann so verkehrt nicht sein. Die Solingen-Tour soll dem Team-Building dienen, aber auch die Neulinge an die Pfadfindergemeinschaft gewöhnen. Richtig spannend wird es, wenn die Wölflinge ihr erstes Zeltlager mitmachen.

Infos zu den Pfadfindern auf www.martinbucer.de.

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