Verkehrswende in Bonn Politik lässt Verwaltung bei Bahnprojekt auflaufen

Duisdorf · Die Politik besteht auf einer Wendemöglichkeit in Duisdorf von Zügen aus Richtung Bonn. Nach gut zehn Jahren taucht der Plan jetzt aus der Verwaltungsschublade auf. Die Idee ist, die Ahrtalbahn bis Duisdorf fahren zu lassen. Dazu braucht es eine Wendeanlage. Die Verwaltung favorisiert aber eine große Lösung.

 Der Bahnhof in Duisdorf soll eine Wendeanlage für Züge bekommen.

Der Bahnhof in Duisdorf soll eine Wendeanlage für Züge bekommen.

Foto: Roland Kohls

Eine Vision: Es gibt eine Zugverbindung quer durch das Stadtgebiet, die alle sieben linksrheinischen Haltestellen von Mehlem bis Duisdorf bedient – und retour. Dann würde das lästige, zeitaufwendige Umsteigen am Hauptbahnhof entfallen. Abgesehen davon gäbe es eine weitere Linie im Fahrplan, die wiederum Wartezeiten der Fahrgäste verkürzt. Diese Bahn könnte die Stadt staufrei in etwa 30 Minuten durchqueren; das kann im Auto nicht gelingen. Möglich wäre das beispielsweise mit der Ahrtalbahn, die am Bonner Hauptbahnhof etwa 30 Minuten parken muss, bis es Zeit für die Rückfahrt wird.

Die Ironie ist, dass es diese Vision bereits seit über zehn Jahren gibt. Sie taucht jetzt unter dem Stichwort S23 – Wendeanlage Bahnhof Duisdorf aus der Verwaltungsschublade auf. Allerdings wollte das Planungsamt das Projekt beerdigen. Der Ausschuss für Mobilität und Verkehr sollte seinen Segen geben, den Bau der Wendeanlage nicht weiterzuverfolgen und die Maßnahme vom Fördergeber Nahverkehr Rheinland (NVR) aus der Förderung streichen zu lassen. Doch der Ausschuss hat die Beschlussvorlage einstimmig abgelehnt – eine selten klare Ansage für die Verwaltung. Im Umkehrschluss bedeutet das Veto also, dass die Verwaltung das Projekt weiterverfolgen soll. Auf der Tagesordnung des Rates, der die schlussendliche Entscheidung trifft und dem Votum des Verkehrsausschusses gefolgt wäre, tauchte die Wendeanlage am Bahnhof Duisdorf gar nicht mehr auf.

Ratsbeschluss von 2011

Gibt es dafür eine Erklärung? Die Verwaltung sagt, dass „der Fokus zwischenzeitlich auf einem neuen Konzept zur Elektrifizierung Voreifelbahn (S23) in Verbindung mit dem Ausbau der linken Rheinstrecke“ zwischen Köln und Bonn liegt (der GA berichtete). Aber bereits 2011 hatte der Rat die Verwaltung mit dem Projekt Verlängerung der Ahrtalbahn RB 30 bis Bahnhof Duisdorf plus Wendanlage beauftragt. Und 2016 stimmte er dem Vorschlag der Verwaltung zu, die Maßnahme in den ÖPNV-Bedarfsplan – Realisierung bis 2025 – einzuordnen. Zeitgleich begannen die Planungen für ein großräumigeres, überörtliches Projekt. Wie das städtische Presseamt aktuell erläutert, soll die heutige RB 48 – Wuppertal-Köln-Bonn-Mehlem – bis ins Ahrtal verlängert werden. Sie fährt über Roisdorf, nicht über Duisdorf. Teil des Plans ist eine Durchbindung der Voreifelbahn S23 – Bad Münstereifel –Euskirchen – Bonn Hauptbahnhof – bis Mehlem. Allerdings muss die linke Rheinstrecke wegen hoher Auslastung um ein drittes oder sogar viertes Gleis erweitert werden.

„Das erleben vielleicht unsere Enkel in 20 bis 30 Jahren“, kommentiert der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Rolf Beu. „Es ist ein riesiges Verfahren mit vielen Komplikationen und an der Planung Beteiligten.“ So frage er sich beispielsweise, wie ein zusätzliches Gleis an der Engstelle am Bad Godesberger Kinopolis gelegt werden soll. Zustimmung hat das Projekt in der Politik. Dennoch gibt es ein klares Nein, auf den Plan der Wendeanlage in Duisdorf zu verzichten. Abgesehen von der Verärgerung darüber, dass die Verwaltung zehn Jahre nicht aktiv geworden sei, die Sache weiterzubringen, „ist das Weiterführen der Ahrtalbahn eine Verbesserung des ÖPNV-Angebots auf bestehender Strecke, die sich in weitaus kürzerer Zeit umsetzen ließe“. Auch die CDU besteht auf die Wendeanlage. „Wir haben diese Option immer freigehalten. Die Anlage könnte längst gebaut sein“, kritisiert Planungssprecher Bert Moll.

Verwaltung rudert zurück

Auf GA-Nachfrage erklärt die Verwaltung, dass es seit dem Beschluss von 2016 keine vertiefende Planung gegeben habe. Um diese bislang unerledigte – aber politisch beschlossene – Aufgabe vom Schreibtisch zu bekommen, hat die Verwaltung auf eine Anfrage des NVR verwiesen, der wissen wollte, ob die Anmeldung zur Förderung für das Vorhaben Wendeanlage im Bahnhof Duisdorf angesichts des neuen Ausbaukonzeptes, das inzwischen weitgehend abgestimmt sei, noch aktuell ist.

Die Verwaltung rudert jetzt angesichts des langfristigen Zeithorizonts und der „sehr großen Infrastrukturmaßnahmen“ zurück: „In deren Verlauf können sich immer Änderungen ergeben.“ Daher „soll die Option auf eine Möglichkeit zur Wende von Zügen aus Richtung Bonn in Duisdorf vorerst aufrechterhalten werden“. Die Eintragung im Förderprogramm des Landes werde weiterhin befürwortet. Fraglich nur, ob mehr als eine Willensbekundung daraus wird. Der NVR vertritt den Standpunkt, „dass die Wendeanlage ein Projekt der Stadt Bonn ist – und nicht des NVR“. Sie habe es beim NVR zur Förderung angemeldet und trage die planerische und finanzielle Verantwortung. „Die weiteren Schritte liegen nun ganz klar in der Hand der Stadt Bonn. Sie muss uns mitteilen, wie sie mit diesem Fördervorhaben weiter umgehen will“, so ein Sprecher.

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