Förderzentrum E. J. Kiphard Sanierung ist dringend nötig

MEDINGHOVEN · Augen zu und durch: Viktoria nimmt ihren ganzen Mut zusammen, holt kräftig Schwung und lässt sich am höchsten Punkt plötzlich von der Schaukel fallen. Kein Haar ist mehr von ihr zu sehen, nur dumpf dröhnt ihr lautes Lachen nach oben.

 Rudolf Lensing-Conrady, der Geschäftsführer des Förderzentrums Kiphard, zeigt Risse in den Fußbodenbelägen. Sie sollen erneuert werden.

Rudolf Lensing-Conrady, der Geschäftsführer des Förderzentrums Kiphard, zeigt Risse in den Fußbodenbelägen. Sie sollen erneuert werden.

Foto: Roland Kohls

"Das war suuuuper", ruft sie und klettert aus dem Meer von weichen Schaumstoffkissen hervor. Die sogenannte "Schnitzelgrube" ist das absolute Highlight im Förderzentrum E. J. Kiphard an der René-Schickele-Straße.

Seit 1992 nutzt der Förderverein Psychomotorik Bonn das ehemalige Schwimmbad der benachbarten Margot-Barnard-Realschule, der damaligen Realschule Medinghoven. Wo einst Schüler ihre ersten Schwimmübungen machten, entstand eine ganz besondere Bewegungs- und Wahrnehmungslandschaft.

Dort können entwicklungsauffällige oder behinderte Kinder intensiver und spezifischer betreut werden, als es in einer normalen Turnhalle möglich ist. Mit Trampolin, Airtramp, einem Wasserresonanzbett, Seilen, Sprossenleitern, Kletterwand, Rutschen, Schwingbank, Hängematten oder Therapiekreisel und Rollbrettern sollen Wahrnehmung und Bewegung gefördert und damit Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein gestärkt werden.

Doch jetzt ist das Förderzentrum in die Jahre gekommen. "Der Fußboden löst sich an einigen Stellen. Dort sind gefährliche Stolperfallen entstanden", beschreibt Rudolf Lensing-Conrady, Sportpädagoge und Geschäftsführer des Fördervereins Psychomotorik Bonn, die Situation.

Einen neuen Boden kann man jedoch nicht einfach "von der Stange" kaufen. In der Halle muss vielmehr ein ganz besonderer Belag verlegt werden. Denn wegen der Arbeit mit Kindern, die oftmals motorische Defizite oder Probleme mit dem Gleichgewicht haben, ist es wichtig, dass die Turnhalle mit einem "flächenelastischen Fallschutzboden" ausgestattet wird.

"In Azur-Blau", so Lensing-Conrady. "Denn wir wollen den Charakter des alten Schwimmbades erhalten." Rund 45.000 Euro wird der Austausch kosten. "Durch die Unterstützung verschiedener Firmen und Stiftungen haben wir das Geld jetzt zusammen", freut sich der Sportpädagoge. In den Herbstferien werden die Arbeiten ausgeführt. Damit ist die Sanierung des Förderzentrums allerdings noch nicht beendet.

Denn auch die Decke und die Beleuchtung müssen noch ausgetauscht und erneuert werden. Hinter den Holzpaneelen befindet sich zudem noch das alte Lüftungssystem aus Schwimmbad-Zeiten. "Da müssen wir erst einmal überprüfen lassen, ob nicht noch Asbest vorhanden ist", so Rudolf Lensing-Conrady. In einem Jahr, so hofft er, können auch diese Arbeiten in Angriff genommen werden.

Aktuell verfügt das Förderzentrum an der René-Schickele-Straße neben der Turnhalle über zwei umgebaute Umkleidekabinen. Ganz neu gestaltet wurde auch die ehemalige Jungen-Dusche. Dort entstand ein ganz spezieller Ruheraum mit besonderen Lichteffekten.

Derzeit nutzen Hunderte Kinder die Therapieangebote des Förderzentrums. Auch Schüler der Förderschulen kommen regelmäßig. Deshalb hegt Lensing-Conrady einen großen Wunsch. "Wir würden uns gerne ausdehnen. Um sinnvoll zu arbeiten, brauchen wir dringend eine größere Bewegungsfläche sowie Seminarräume. Und auch ein angemessener Aufenthaltsraum für Eltern, deren Kinder gerade betreut werden, wäre schön", wünscht sich der Geschäftsführer für die Zukunft.

Zur Person

Der 1923 in Eisenach geborene Professor Ernst Jonny Kiphard wird in Deutschland als "Vater der Psychomotorik" bezeichnet, weil er seit den 1950er Jahren unterschiedliche pädagogische und therapeutische Ansätze zum Konzept "Psychomotorik" verschmolzen hat.

Von 1980 bis 1989 lehrte er an der Frankfurter Universität. 1992 wurde in Bonn das "Förderzentrum E. J. Kiphard - Rheinische Modelleinrichtung für Psychomotorik" eröffnet, 2009 wurde die E. J. Kiphard - Stiftung gegründet. Am 27. Juli 2010 starb Professor Ernst Jonny Kiphard. Seine letzte Ruhestätte fand er im Mausoleum Carstanjen in Bonn-Plittersdorf.

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