Ehemalige Gallwitz-Kaserne So denken die Bewohner über die neue Wohnanlage in Duisdorf

Duisdorf · Wie fühlen sich die Erstbezieher der Wohnanlage an der Julius-Leber-Straße, die auf dem Gelände der ehemaligen Gallwitz-Kaserne in Bonn entstanden ist? Wir haben nachgefragt.

 Gerd Krawcyk beklagt die Qualität und Anonymität der Wohnkomplexe.

Gerd Krawcyk beklagt die Qualität und Anonymität der Wohnkomplexe.

Foto: Stefan Hermes

Etwa 160 der geplanten 520 Wohneinheiten auf dem Gelände der ehemaligen Gallwitz-Kaserne sind verkauft und größtenteils schon bezogen. Der Kölner Projektentwickler und Immobilienunternehmer Pandion teilt auf Anfrage des GA mit, dass er mit der aktuellen Entwicklung seines Bauprojekts „Pandion Ville“ in Duisdorf sehr zufrieden ist. Der Frage, ob das die Erstbezieher der Wohnungen ähnlich sehen, ist der GA in einer Umfrage vor Ort nachgegangen.

 Rund um das Piratenschiff dürften sich schon bald die vielen jungen Familien kennenlernen.

Rund um das Piratenschiff dürften sich schon bald die vielen jungen Familien kennenlernen.

Foto: Stefan Hermes

Rauchend steht Thomas Lorenz (54) auf der Terrasse seiner 52 Quadratmeter großen Zweizimmerwohnung, die er im Oktober des vergangenen Jahres als einer der ersten Bewohner der neuen Wohnanlage bezogen hat. „Nein“, lacht er den Kopf schüttelnd, in seiner neuen Eigentumswohnung würde er keine Zigarette mehr anzünden. In seiner vorherigen Wohnung in Lengsdorf hätte es deswegen nicht mehr allzu gut gerochen. Der Neubau gewöhne ihm vielleicht das Rauchen ab. „Ich bin froh, mir die Wohnung hier leisten zu können“, sagt er. Die Mieten in Bonn seien ja kaum noch bezahlbar. Durch die derzeit niedrigen Zinsen, habe er die Finanzierung so gerade noch hinbekommen. „In meinem Alter bekommt man schließlich nicht mehr so einfach einen Kredit“, weiß der dort alleine eingezogene Vater von vier Kindern. Mit dem Kauf der Wohnung ist der als Raumausstatter am Bonner Theater beschäftigte Lorenz zufrieden. Auch mit dem Kaufbetrag von 209.000 Euro, den er dafür bezahlt hat. „Die gleiche Wohnung kostet jetzt 40.000 Euro mehr“, freut er sich über den schnellen Wertzuwachs seiner Invstition. Einen Wohnblock weiter ist auch die 24-jährige Saskia Jansen mit dem Kauf einer ebenso großen Wohnung mehr als glücklich. Für die Brand-Managerin einer Parfümeriekette in Düsseldorf sind es die ersten eigenen vier Wände. Vor kaum vier Wochen ist sie aus ihrem Elternhaus in Witterschlick ausgezogen. „Für mich waren die hohen Mietpreise der ausschlaggebende Grund, etwas zu kaufen“, sagt sie. Im Endeffekt zahle sie jetzt genauso viel für ihren Kredit ab, wie sie auch monatlich für eine Miete hätte zahlen müssen. „Wenn ich sehe, dass für die identische Nachbarwohnung 1080 Euro Warmmiete aufgerufen wird, dann habe ich alles richtig gemacht.“ Außer den vielen Schaulustigen, die teilweise in Scharen herkämen und in ihre Wohnung schauten, gebe es nichts zu bemängeln. "Aber es ist auch verständlich, wenn auf einmal so viele Wohnungen aus dem Nichts entstehen, dass sich die Leute aus der Umgebung mal neugierig umgucken."

 Der erste Bauabschnitt mit 160 Wohneinheiten ist fertig.

Der erste Bauabschnitt mit 160 Wohneinheiten ist fertig.

Foto: Stefan Hermes

69-Jähriger beklagt die Anonymität

 Rundum glücklich ist Saskia Jansen mit ihren ersten eigenen vier Wänden.

Rundum glücklich ist Saskia Jansen mit ihren ersten eigenen vier Wänden.

Foto: Stefan Hermes

Eher zu wenig Kontakt beklagt dagegen Gerd Krawcyk. Der 69-jährige Dozent der Kölner Handwerkskammer hatte bislang mit seiner Frau im eigenen Mehrfamilienhaus in Siegburg gelebt. „Man macht halt viele Kompromisse hier“, sagt er. Ihm sei hier alles zu anonym. Man wisse gar nicht, mit wem man in dem Bau wohne. Auf den Klingelschildern seien eher selten Namen zu lesen, meist nur Nummern. Es gebe keine Gemeinschaft. Die Leute seien alle zusammengepfercht. Mit seiner Frau hatte er sich vorgenommen, wenn er in Rente geht, wolle er keinen Ärger mehr mit seinen Mietern haben, keine Abrechnungen mehr machen und keinen Garten mehr pflegen müssen, sondern einfach in eine komfortable Eigentumswohnung ziehen und viel reisen, um sich vielleicht auch mal monatelang in anderen Ländern aufhalten zu können. Durch Covid-19 wurde daraus zunächst nichts. Krawcyk konzentrierte sich stattdessen auf seine 110 Quadratmeter große Wohnung für die er 4500 Euro pro Quadratmeter bezahlt hat. „Das ist ein Haufen Geld“, sagt er. Doch ärgern tut er sich nur über die zu zahlenden rund 500 Euro Nebenkosten, die er inklusive zweier Stellplätze monatlich zu zahlen hat. Zudem habe er inzwischen ein Vielzahl von Mängeln entdeckt, die Pandion trotz mehrfacher schriftlicher Aufforderung nicht abgestellt habe. Egal ob Fliesen schief gesetzt wurden, die Fußbodenheizung in einem Raum nicht funktionierte oder Abflüsse verstopft waren, die Antwort sei immer gewesen: „Alles im grünen Bereich.“ Oder man habe nach Schreiben an den Vorstand der Gesellschaft Abhilfe versprochen, aber passiert sei trotzdem nichts. Aktuell hat er mit seiner zehn Punkte umfassenden Mängelliste einen Gutachter eingeschaltet. Darauf angesprochen, erklärte Janina Wickel, Sprecherin des Projektentwicklers Pandion, auf GA-Anfrage: „Wir sind mit dem besagten Kunden in regelmäßigem Austausch und kennen seine Anliegen, die wir alle sachgemäß prüfen und bearbeiten.“

Voll des Lobes für die Neubauten ist dagegen die Mutter von zwei Schulkindern, die auf dem Spielplatz der Anlage anzutreffen ist. Nicht nur die Ausstattung und Qualität ihrer 120 Quadratmeter großen Penthousewohnung sei sehr gut, sondern insbesondere auch die gigantische Aussicht von ihrer Terrasse auf ganz Bonn. Auch wenn sie ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, lobt sie die Anbindung an die Autobahn, die Einkaufsmöglichkeiten und die gut erreichbaren Schulen für die Kinder. Als Ingenieurin vom Fach hebt sie den Energiestandard der Gebäude hervor und weiß deren fortschrittliche Haustechnik zu schätzen. Durch Fernwärmeversorgung sei auch eine gewisse Nachhaltigkeit für die Zukunft gesichert. „Die ganze Anlagentechnik die hier verbaut ist“, ist sie überzeugt, gehöre zu dem modernsten, was zurzeit auf dem Markt zu finden sei. „Man muss sich halt irgendwann vom Traum des Einfamilienhauses mit Garten verabschieden“, sagt sie pragmatisch und bezeichnet ihr Wohnen auf dem Dach als eine gute Alternative. Durch den bereits 2018 abgeschlossen Kaufvertrag für das Penthouse hätten sie zwar noch einen vergleichsweise guten Preis bekommen, aber viel Geld sei es schon gewesen. „Doch wenn man all die Annehmlichkeiten haben und sich um nichts kümmern möchte, ist das auch der Preis, den man dafür zu zahlen hat.“

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