Neu-Bonner berichten So erleben Geflüchtete das Weihnachtsfest in Bonn
Lengsdorf · Neu-Bonnerinnen und -Bonner erzählen von ihren Weihnachtserfahrungen fern ihrer alten Heimat. Die Bräuche unterscheiden sich bei ihnen kaum.
Wie in jedem Jahr kommt der Weihnachtsbaum der Familie Hamoush direkt vom Nachbarn in der Uhlgasse. Ein kleines Prachtexemplar wartet nun darauf, von Mohammed (12), Selma (11) und Yaman (49) zusammen mit Mutter Bayan Tahlan geschmückt zu werden. Für ein Foto stellt sich auch Vater Thayr dazu, obwohl er als Briefzusteller der Post einen anstrengenden Tag hinter sich hat. Vor sechs Jahren ist die syrische Familie in Lengsdorf angekommen und hat sich sichtlich gut in ihrer neuen Heimat eingerichtet.
Soeben hat Thayr Hamoush den erstrebten unbefristeten Arbeitsvertrag von der Post erhalten. Sich von staatlichen Unterstützungen frei zu machen, war sein oberstes Ziel. Die Familie gehört zu den Bonner Neubürgern, von denen der GA erfahren wollte, wie sie die Weihnachtszeit fern ihrer alten Heimat erleben. „Es ist hier alles genauso, wie in Jobar oder Bab Tuma“, sagt das syrische Ehepaar und spricht von den beiden Stadtteilen von Damaskus, die sie vor sechs Jahren verlassen mussten.
Auch die historische Altstadt ihrer Heimat sei vor den Bombardierungen des Assad-Regimes mit Lichterketten geschmückt gewesen. Selbst als Muslima sei sie gerne in die St. Paul-Kathedrale in der syrischen Hauptstadt gegangen. Jetzt ist diese Kirche genauso geplündert und zerstört, wie auch viele Moscheen oder Synagogen der Stadt. Bevor Hamoush dazu kommt, von den selben Bräuchen zu erzählen, die auch bei uns das Weihnachtsfest ausmachen, zeigt er auf seinem Handy ein Foto seines toten und gefolterten Bruders, wie er sagt. Ein Foto, dass er noch in Syrien auf Facebook veröffentlicht hatte, um zu zeigen, was mit den Menschen passiere, die sich nicht dem Assad-Regime anschließen. Die Botschaft ist ihm wichtig.
Die Familie ist dankbar, nun in Frieden und Sicherheit leben zu können. Tochter Selma erzählt derweil unbefangen fröhlich vom Weihnachtsmann, der auch in Syrien die Kinder beschenkt. Für sie und ihre muslimischen Eltern, sind alle Menschen gleich. „Es ist nicht wichtig, ob man Christ, Moslem oder Jude ist“, sagt Hamoush. Für ihn sind Jesus und Mohammed ein und dieselbe Person.
„Früher hatten wir keine Tannenbäume, aber jetzt ist alles genauso, wie hier“, sagt auch Sandine Akouala Obiaba (37), die aus der Demokratischen Republik Kongo nach Bonn kam. Ein Unterschied sei, dass es im Kongo zur Weihnachtszeit heiß ist. Man lache viel, sagt sie. Und man tanze und besuche sich. „Es muss immer etwas zu essen da sein“, lacht sie, denn die Besuche kämen unangemeldet und spontan. Genauso wie in Damaskus geht man auch in Kongos Hauptstadt Brazzaville am Abend des 24. Dezember in die Kirche.
Die Messe wird mit Musik, Tanz und Krippenspielen zelebriert. In den Kirchen singen oft mehrere Chöre. Die Krippenspiele dauern meist sehr lange und zeigen die Schöpfungsgeschichte, über den Garten Eden bis hin zu König Herodes Kindermorden in Betlehem. Susan Usiosefe (32) aus Nigeria gefallen vor allem die Bonner Weihnachtsmärkte, die sie aus Nigeria nicht kennt.
Weihnachtsbäume seien dagegen längst auch am Golf von Guinea angekommen. Trotzdem werden Häuser, Kirchen und öffentliche Gebäude zusätzlich vor allem mit Palmwedeln dekoriert, die Frieden symbolisieren sollen. Sternsinger ziehen durch die Straßen und singen Weihnachtslieder. Oft wird während der Weihnachtstage auch ausgelassen auf Straßenfesten bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.