Durchsuchungen in Alfter und Medinghoven So lief der Zugriff der Bonner Drogenfahnder

Alfter/Medinghoven · Eine groß angelegte Durchsuchungsmaßnahme der Polizei Bonn hat zu zwei vorläufigen Festnahmen geführt. Es geht um illegalen Drogenbesitz. Insgesamt wurden dazu elf Wohnungen in Alfter und Medinghoven durchsucht.

Mit einem lauten Knall reißen die Polizisten die Nachbarschaft am Europaring in Medinghoven aus dem Schlaf. Zwei Beamte schlagen den stählernen Rammbock wieder und wieder gegen die Tür des Einzimmerappartments. „Aufmachen, Polizei!“, brüllt ein Mann über den außenliegenden Gang, der zu den Wohnungen des Häuserblocks führt. „Ich find' den Schlüssel nicht“, wimmert der mutmaßliche Drogendealer aus dem Innern. Doch die Beamten, die sich ihre Sturmhauben tief ins Gesicht gezogen haben, kennen an diesem verschneiten Donnerstagmorgen kein Pardon.

Insgesamt elf Wohnungen in Bonn und Alfter durchsuchen die rund hundert Einsatzkräfte gegen 6 Uhr gleichzeitig. Wie schon bei der Großrazzia im Dezember in Tannenbusch hatte sich die Polizei wochenlang vorbereitet. „Viele Ermittlungen liefen verdeckt ab“, sagt Polizeisprecher Simon Rott. So auch am Europaring. Auf die Spur des 27-Jährigen kam die Polizei durch eben diese Durchsuchung, bei der sieben Tatverdächtige vorläufig festgenommen wurden. Wie sich herausstellte, wurde einer von ihnen von dem mutmaßlichen Dealer aus Medinghoven beliefert.

Und der hatte sich offenbar auf den Besuch der Polizeibeamten vorbereitet. Drei Minuten lang versuchen sie, die Wohnungstür aufzubrechen. Als sie nicht nachgibt, zerschlagen sie die Fensterscheibe zur Küche. „Kommen Sie sofort ans Fenster, wir wollen Sie sehen!“ Immer voran: der Polizeihundeführer. Er trägt eine schwere Lederkluft und einen Schutz am Arm, um sich vor Bissen zu schützen. Denn der 27-Jährige hält einen ausgewachsenen Pitbull – illegal.

"Was ist hier los?"

Doch der Hund attackiert niemanden. Auf Geheiß der Polizei legt der Dealer dem Tier einen Maulkorb an. Durch ein Loch in der Tür zerrt der Hundeführer den Rüden nach draußen. „Wenn er den Maulkorb nicht tragen würde, würde er sofort losbeißen“, sagt der Beamte. Gesichert ist der Hund zahm und lässt sich ausführen.

Solche Einsätze seien auch immer mit Gefahren verbunden, erzählt Rott. Wie in diesem Fall war durch Beobachtungen bekannt, dass der Tatverdächtige einen Kampfhund hält, den er der Stadt allerdings nicht gemeldet hatte. „Hätte es Hinweise auf Waffen gegeben, wären wir direkt mit einem Spezialeinsatzkommando angerückt.“ Während die Kripobeamten die Wohnung durchsuchen, wird Medinghoven langsam wach. An den Fenstern der gegenüberliegenden Blocks stehen Anwohner, genauso wie ein Stockwerk über dem Apartment.

Ein Mann mit Kaffeetasse harrt fast eine Stunde in der Kälte auf dem Balkon aus. Der Hausmeister, der den Gehweg streut, geht genauso vorbei, wie ein junger Erwachsener, der auf dem Weg zur Schule ist. „Was ist hier los?“, fragt er. Von Drogenhandel habe er nichts mitbekommen. Wohl aber, dass sich „komische Leute in der Nachbarschaft aufhalten“.

Schwunghafter Handel mit Drogen

In diesem Moment packt ihn ein anderer am Arm und zieht ihn beiseite. „Komm' mit, sag nix“, flüstert er ihm zu. Unruhig wird es noch einmal, als ein Passant zwei Frauen der Hundertschaft anpöbelt. „Ihr dürft das nicht, verpisst euch“, ruft er ihnen zu. Die zugeeilten Kollegen quittieren das mit einer Leibesvisitation. Gefunden wird nichts, der Mann darf wieder gehen.

Auch in der Wohnung des Medinghoveners wird die Polizei nicht fündig. Kripobeamten öffnen Schränke und Schachteln, durchwühlen das Zimmer. Doch selbst der Drogenspürhund schlägt nicht an. Weder im Appartment, in dem eine Glühbirne von der Decke hängt, noch in den darunterliegenden Kellerräumen.

Vorläufig festgenommen wird der 27-Jährige trotzdem, ebenso wie der 27 Jahre alte Hauptverdächtige aus Alfter. Beide sollen mit anderen rund um den Europaring einen „schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln“ betrieben haben. In den Wohnungen stellt die Polizei 4600 Euro Dealgeld sicher; zudem 170 Gramm Marihuana, 70 Gramm Amphetamine, Testosteronampullen, mehrere Messer und eine Schreckschusspistole. Rätsel geben den Beamten bislang fremde Ausweisdokumente auf. „Wir prüfen, ob sie Diebstählen zuzuordnen sind“, so Rott.

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