Mehr Besucher sorgen für mehr Müll Spaziergängerstrom auf dem Venusberg sorgt für viele Konflikte
Venusberg · Das Waldgebiet auf dem Venusberg wird für viele zum beliebten Ausflugsziel. Doch das gefällt nicht unbedingt jedem. Es kommt immer wieder zu Konflikten zwischen Spaziergängern und Anwohnern.
Der Nassschnee am vergangenen Wochenende auch auf dem Venusberg hat die Situation dort verschärft. Aufgrund des Lockdowns nutzen mehr Waldbesucher, darunter Spaziergänger, Radfahrer und beispielsweise Reiter, verschiedene Bereiche. Das birgt ohnehin Konfliktpotenzial.
Bis einschließlich Mittwoch waren Mitarbeiter der Stadtförsterei mit den Aufräumarbeiten vor Ort beschäftigt. Zeitweise waren die Waldwege für Spaziergänger gesperrt. Stadtförster Sebastian Korintenberg mahnt Waldbesucher bei einem weiteren Wintereinbruch zu besonderer Vorsicht: „Die Schneemassen haben vor allem junge Bäume im Alter zwischen 30 und 40 Jahren beschädigt, aber auch große Äste von alten Bäumen sind abgebrochen“, berichtet Korintenberg. Gravierend seien die Schäden aber nicht. „Der Wald verkraftet solche Naturereignisse gut“, sagt Korintenberg dazu.
„Fakt ist auch, dass die Waldwege keine offiziellen Rad- und Wanderwege sind“
Mit Einschränkungen durch die Witterungsverhältnisse hat auch Elisabeth S. zu kämpfen. Am Annaberger Feld geht die 67-Jährige beinahe täglich spazieren. „Die Waldgebiete auf dem Venusberg sind für viele Bonner die wenigen kleinen Oasen, um mal aus der Stadt herauszukommen und Kraft zu tanken.“ Wegen Nässe und Waldarbeiten seien nun aber viele der Wege vor Ort zu einer schlammigen Kraterlandschaft verkommen und damit für Spaziergänger unpassierbar, wie der GA berichtete. Die Bonnerin musste deshalb auf eine andere Strecke, oberhalb des Katzenlochachtals, ausweichen. Mit geringem Erfolg, denn seit ein paar Tagen sei auch ein Drittel ihrer neuen Route nicht begehbar, sagt sie. Grund für die matschigen Wege seien auch hier die schweren Arbeitsfahrzeuge, die für die Waldernte eingesetzt werden. Diesbezüglich verweist Korintenberg darauf, dass Waldwege in erster Linie für eine Nutzung durch die Waldwirtschaft gedacht seien. „Man darf als Naherholungs-Suchender den Wald zum Zwecke der Naherholung auf eigene Gefahr betreten. Dazu ermutigen wir auch jeden. Aber Fakt ist auch, dass die Waldwege keine offiziellen Rad- und Wanderwege sind.“ Wichtig sei, dass die Wege nach der Ernte wieder instandgesetzt werden, sagt Korintenberg. Hier sieht er auch die Privatgrundbesitzer in der Pflicht.
Seine Rechte und Pflichten kennt Jan Büsch (40) genau. Er ist Pächter des Annaberger Hofs und somit für die Instandsetzung seiner Zufahrtswege zuständig. „Der Annaberger Weg ist ein öffentlicher Privatweg, der auch von Passanten genutzt werden darf“, erklärt der Pferdewirtschaftsmeister. Eine Regelung, die häufig für Konflikte sorgt. Denn mit etwa 100 Pferden, die im Hof untergestellt sind, befahren auch entsprechend viele Pferdehalter und Reiter die Zufahrtswege. „Die Zahl der Spaziergänger, Jogger und Radfahrer auf den Zufahrtswegen hat sich in letzter Zeit verdreifacht, was auch nicht schlimm wäre, wenn sich die Menschen an die Regeln halten würden“, sagt Büsch. Demnach liefen Spaziergänger mit ihren Hunden unrechtmäßig über seine Grünflächen. „Das Annaberger Feld ist eine private Fläche, die ausschließlich zur Landwirtschaft genutzt wird. Dennoch lassen die Menschen ihren Müll dort liegen“, fügt Büsch hinzu.
Spaziergänger und Mountainbiker sorgen auf Reitwegen für brenzlige Situationen
Von zwei Zufahrten aus lässt sich der Annaberger Hof mit dem Auto erreichen. „Das Problem ist, dass viele Spaziergänger meinen, dass hier keine Autos fahren dürften und sich so im Recht fühlen“, sagt der Pächter. Bei dem stillen Protest bleibe es aber nicht immer, denn häufig würden die Autofahrer auch regelrecht angepöbelt. Für Konfliktpotential und einige brenzlige Situation sorgen laut Büsch auch Spaziergänger und Mountainbiker, die immer wieder auf Reitwegen unterwegs sein sollen.
Das Problem beobachtet auch das Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft. „Eigentlich sind die Wege klar ausgewiesen. Wegen Missverständnissen haben wir aber noch zusätzliche Hinweisschilder aufgestellt, wo dem Spaziergänger deutlich erklärt wird, dass die Reitwege nur für die Reiter gedacht sind“, sagt Stephan Schütte auf Nachfrage. Demnach hatten sich in jüngster Vergangenheit viele Reiter beim Regionalforstamt beschwert, dass Spaziergänger und Mountainbiker vermehrt ihre Wege querten. „Um Kollisionen zu vermeiden, können wir hier nur an die Vernunft der Menschen appellieren, sich an die Regeln zu halten“, mahnt Schütte.
Dass sich die Waldbesucher auf seinem Grundstück ordnungsgemäß verhalten, fordert auch Alexander Graf Westerholt, dem die Ländereien am Annaberger Feld gehören. Er ärgert sich, dass er auf seinen Kontrollgängen nun auch immer mehr Atemschutzmasken aus den Bäumen ziehe, berichtet er. Auf den Müll angesprochen, sagt Schütte, dass sich laut einer Projektzählung der Publikumsverkehr am Annaberger Feld verdoppelt habe. „Das haben wir im ersten Lockdown feststellen können, und jetzt wieder.“
Für Umweltsünder gibt es erstmal die „Gelbe Karte“
Die Zunahme des Mülls kritisieren auch das Regionalforstamt sowie Korintenberg mit Blick auf den Bonner Stadtwald. Dort beobachte er zudem mehr Vandalismus. „Es ist schon etwas gruselig, was da in den Wäldern derzeit passiert“, so der Stadtförster. Da die Pandemie Menschen in den Wald bringe, die hier sonst nicht unterwegs seien, müsse man den Umweltsündern erst die „Spielregeln“ erklären. „Die müssen sich daran gewöhnen, dass ein Wald kein Park ist, wo man seinen Müll alle paar Meter in einem Müllbehälter entsorgen kann“, sagt Korintenberg.
Den Umweltsündern zeigt Schütte meist erst die „Gelbe Karte“. „Beim zweiten Mal gibt es ein Bußgeld“, so der Diplom-Forstwirt. „Ich sage den Besuchern, dass der Wald ein Gemeingut ist, in dem sich alle an Regeln halten müssen. Dazu gehört die Beachtung des Wegegebots und keine Entsorgung von Abfällen.“
Das „rücksichtsvolle Miteinander im Kottenforst“ wünscht sich auch Büsch, der bei vielen Spaziergängern auch auf Verständnis stößt, wie er einräumt. „Die meisten Fußgänger gehen nach einer Aufforderung vom Reitweg herunter und entschuldigen sich.“ Generell gelte die Regel, je tiefer man in den Wald gelange, umso naturnaher und rücksichtsvoller verhalte sich auch der Mensch, sagt Büsch.