Gemeinde der Johanniskirche Duisdorfer Pfarrerin tauft in der Sieg statt im Taufbecken

Duisdorf/Sieg · Sieben Kinder im Alter zwischen einem und 13 Jahren hat die Duisdorfer Pfarrerin Dagmar Gruß getauft. Nicht wie sonst am Taufbecken in der Johanniskirche, sondern im Wasser des Flusses Sieg.

 Erst untertauchen, dann das Sakrament empfangen: Pfarrerin Dagmar Gruß tauft diese beiden Konfirmandinnen in der Sieg.

Erst untertauchen, dann das Sakrament empfangen: Pfarrerin Dagmar Gruß tauft diese beiden Konfirmandinnen in der Sieg.

Foto: Stefan Knopp

Zunächst hieß es, dass nur die beiden Konfirmandinnen komplett in der Sieg untertauchen würden. Aber als die sich das getraut hatten, zogen einige der anderen Kinder nach. Immerhin war das Wasser nicht allzu kalt. Nur den beiden Jüngsten war das zu nass.

Was Pfarrerin Dagmar Gruß von der evangelischen Johanniskirchengemeinde Duisdorf da am Kiesufer bei der Siegfähre vollzog, hat man länger nicht gesehen: Dort taufte sie sieben Kinder im Alter zwischen einem und 13 Jahren. Dafür hatte sich Gruß extra ein altes Gewand von jemandem geliehen, der es nicht mehr brauchte: „Das ist mein Bade-Talar“, scherzte sie vor der Zeremonie. Denn sie schritt damit während der Taufe mehrmals ins Wasser.

Es waren Schritte zu den Wurzeln der christlichen Tauftradition: Auf diese Weise wurde Jesus der Geschichte nach getauft. Der Jordan ist zu weit weg, die Sieg bot sich an: Nicht zu tief, die Strömung an den meisten Stellen nicht zu stark und am Kiesstrand genügend Platz, damit die sechs Familien samt Verwandtschaft genügend Abstand zueinander halten konnten. „Es ist eine Chance, in Gemeinschaft zu feiern, trotz Corona“, erklärte Gruß. „In der Johanniskirche wären nur Einzeltaufen möglich gewesen.“

Eine solche Tauffeier habe sie noch nie vollzogen, sagte die Pfarrerin. Dies machte eine Initiative von Familie Tittmann möglich, die ihr Töchterchen Eleanor, zwei Jahre alt, in die christliche Gemeinschaft aufnehmen lassen wollte – aber nicht einfach so. „Ich wollte für unsere Tochter etwas ganz Besonderes haben“, so Anna Tittmann. „Unsere Tochter ist ein kleines Wunder.“ Die Umstände rund um die Geburt seien nicht einfach gewesen, sagte sie, ohne das weiter auszuführen. „Wir sind glücklich, dass es geklappt hat.“

Gemeinsam mit Pfarrerin Gruß hatte sie überlegt, was man machen könne, und am Ende stand die Mitteilung im Gemeindebrief, dass eine besondere Taufe in der Sieg stattfinden werde, der sich noch andere Familien anschließen könnten. Das hatte auch Carolina gelesen. Die 13-Jährige feiert nächstes Jahr ihre Konfirmation und muss dafür zuerst das Taufsakrament empfangen haben. „Ich wollte etwas anderes machen, nicht in der Kirche“, sagte sie. Die Idee der Flusstaufe kam da gerade richtig. Eine späte Taufe: „Meine Eltern wollten, dass ich das selber entscheide“, so Carolina. Sie wolle zur Gemeinde dazugehören. „Das finde ich schön.“

Das Wetter spielte mit, und um die Zeit – die Feier war für 9 Uhr angesetzt – war am Strand auch noch wenig los. Allerdings gab es dann ein Problem: Der Organist hatte sich für das falsche Siegufer entschieden. Statt mit der Fähre überzusetzen, suchte er ohne Navi die andere Seite mit dem Auto und fand die Zufahrt nicht. Als es losgehen konnte, war es schon 9.30 Uhr und andere Besucher hatten den Strand erreicht, um in der Sieg zu baden.

Da sah man so manchen skeptischen Blick in Richtung der Taufgemeinschaft, obwohl Schilder aufgestellt waren, die erklärten, was dort vorging. Irgendwie sei dann das Gerücht aufgekommen, im Restaurant an der Siegfähre hätte jemand Polizei und Ordnungsamt gerufen. Auf GA-Nachfrage verneinte man das dort. Eine Strandbesucherin habe sich kritisch dazu geäußert, warum in Coronazeiten eine solche Veranstaltung mit vielen Menschen auf vergleichsweise engem Raum stattfinden könne.

Die Beteiligten bemühten sich um Abstand, und Gruß war ganz entspannt: Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen seien unter freiem Himmel erlaubt, und die Zahl sei dort nicht erreicht worden.

Aber ob die Badenden wirklich eine Ansteckung mit dem Coronavirus durch diese Menschenmenge fürchteten oder sich durch diese zeitlich begrenzte Veranstaltung einfach nur in ihrem Freizeitvergnügen gestört sahen: Es tauchte kein Mitarbeiter des Ordnungsamts auf, und am Ende gingen alle Familien ihrer Wege.

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