Heimische Tierwelt Deshalb geht es Amphibien auch in Bonn derzeit schlecht

Kottenforst · Die zunehmende Zahl warmer Wintertage stört immer häufiger die heimischen Amphibien in ihren Winterquartieren. Der GA hat bei Bonner Experten nachgefragt, welche Hilfen Frösche und Artgenossen benötigen.

Leidet unter zu warmen Wintern: der Wasserfrosch.

Leidet unter zu warmen Wintern: der Wasserfrosch.

Foto: Frank Homann

Auf bis zu 17 Grad ist das Thermometer in der vergangenen Woche in Bonn geklettert. Und das mitten im Februar. „Zu warm für diese Jahreszeit“, ordneten Meteorologen schnell ein. Doch die hohen Temperaturen sorgen nicht nur beim Menschen für Unwohlsein. Durch die zunehmende Anzahl überdurchschnittlich warmer Wintertage werden die heimischen Amphibien immer häufiger in ihren Winterquartieren gestört. So auch im Bonner Kottenforst.

„Amphibien sind wechselwarme Tiere. Sie können ihre Körpertemperatur nicht selbstständig erhöhen oder hoch halten wie Säugetiere und Vögel, die das durch eine Kombination von Isolation durch Federn und Haare sowie durch Muskelzittern und gezielter Fettverbrennung machen“, erklärt Peter Schmidt von der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft. Mit absinkender Außentemperatur verlangsamt sich ihr Stoffwechsel, sodass sie unbeweglicher werden. Dazu sinken Atmungs- und Herzfrequenz, weiß der Experte.

„Die einheimischen Tiere halten keinen Winterschlaf. Sie sind immer in der Lage, sich über kurze Distanzen zu bewegen oder sich zum Beispiel tiefer in den Boden einzugraben“, so der Biologe. Das sei notwendig, um zum Beispiel bei starkem Frost in frostfreie Bereiche zu gelangen, denn wenn die Temperaturen zu niedrig werden, komme der Stoffwechsel zum Erliegen und es würden sich Eiskristalle im Körper bilden. Für das Tier würde das den Tod bedeuten.

Während der Überwinterung bei um die fünf Grad reiche den Tieren oft der Sauerstoffaustausch über die Haut aus, um am Leben zu bleiben. Futter nehmen sie keines auf und brauchen auch keines, da der Körper kaum Energie verbraucht. „Wenn der Winter zu mild ist, können die Tiere keine Bereiche erreichen, die kühl genug sind, und der Stoffwechsel bleibt erhöht. Dadurch verbrauchen sie deutlich mehr Reserven und auch mehr Sauerstoff.“ Dies könne zur Folge haben, dass Tiere, die am Gewässerboden überwintern, im ohnehin sauerstoffarmen Bodenschlamm ersticken, denn „die Bakterien im Schlamm sind auch wechselwarm und verbrauchen im warmen Winter auch mehr Sauerstoff“, sagt Schmidt.

Tote Tiere auf der Wasseroberfläche

Besonders bei Wasserfröschen und Grasfröschen sei dieses Phänomen weit verbreitet. So seien am Ende des Winters oder nach Wärmeperioden immer wieder tote Tiere an der Wasseroberfläche zu finden. „Auch im Erdboden bleibt es wärmer und die Tiere verhungern wegen ihres erhöhten Stoffwechsels. Da es im Winter keine Nahrung für die Amphibien gibt – fast alle Insekten sterben im Herbst – können sie auch keine Nahrung finden, um die Energiereserven aufzufüllen.“

Da der Impuls, sich ein Winterquartier zu suchen je nach Tierart vor allen durch die zwei Faktoren Temperatur und Tageslänge ausgelöst werde, haben zu warme Winter noch eine weitere Folge für die heimischen Amphibien. „Durch den Mangel an Frostperioden bekommen einige Arten eventuell nicht mehr den Impuls, sich tief in der Erde zu verkriechen und müssen daher oberflächennah überwintern. Das macht sie besonders anfällig für spontane Frostereignisse, auf die sie nicht mehr reagieren können und dann erfrieren.“

Schon jetzt beobachten die Experten, dass die Anzahl der Wechselkröten in der gesamten Region Köln-Bonn in den vergangenen Jahren rückläufig ist. Dies könnte auf klimatische Gründe im Winter zurückzuführen sein. Auch der Rückgang der Knoblauchkröte in der Region Swisttal/Erftstadt könnte dadurch begünstigt werden, sagt Schmidt.

Verlust von Lebensraum

Dennoch gibt es zusätzliche Gründe, die für den Rückgang der Amphibien verantwortlich sind, darunter unter anderem der Verlust an Lebensraum durch Straßen und Bebauung, die Austrocknung der letzten Gewässer durch sommerliche Hitze und Regenmangel von Gewässern sowie der Pestizideinsatz in der Landschaft.

„Der Klimawandel ist für die Amphibien ein großes Problem, was sich in den nächsten Jahren auch nicht bessern wird“, prognostiziert Schmidt. Das einzige, was der Mensch machen könne, ist, die Lebensräume zu erhalten beziehungsweise zu verbessern, damit mehr Nachkommen entstehen und mehr Tiere die Chance haben, die warmen Winter und die heißen-trockenen Sommer zu überleben.

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