Geld für Familien verschollener Kameraden Tragisches Ende einer Bergsteigertour

DUISDORF · Eine Bergsteigertour ins Shaksgam-Tal erfordert lange und akribische Vorbereitung, hat Christoph Nettekoven festgestellt: "Kartenmaterial dazu ist schwer zu kriegen", so der 37-jährige Duisdorfer. Denn das zu China gehörende Gebiet in der Region Kaschmir ist militärische Sperrzone: Chinesen, Pakistani und Inder streiten sich seit Jahren darum.

 Aufbruch in eine nahezu unerforschte Gegend der Welt: Mit Kamelen, die das Gepäck tragen, zieht die Expedition um Christoph Nettekoven ins Shaksgam-Tal.

Aufbruch in eine nahezu unerforschte Gegend der Welt: Mit Kamelen, die das Gepäck tragen, zieht die Expedition um Christoph Nettekoven ins Shaksgam-Tal.

Foto: Christoph Nettekoven

Insgesamt neun Bergsteiger, einer davon Nettekoven, waren dennoch letztes Jahr dort. Nur sieben kehrten wieder zurück.

Ein Jahr lang hatten sie diese Mission geplant: Genehmigungen einholen, eine Anfahrtsroute finden, logistische Maßnahmen - gibt es Bergrettung, wo ist ein Krankenhaus, wie transportiert man die 60 Kilogramm Gepäck pro Person? Wichtig war, einen Zeitplan zu erstellen, denn das Tal, durch den der Shaksgam fließt, ist die meiste Zeit des Jahres nicht begehbar: Der Fluss schwillt ab August durch das Schmelzwasser von den Bergen an", erklärt Nettekoven.

"Die Idee kam tatsächlich von mir", sagt er. Er hatte schon einige Bergtouren in Pakistan gemacht und von so manchem Berg aus auf dieses Tal geguckt. Er recherchierte und stellte fest: "Abgesehen von den 8000ern sind fast alle Berge dort noch unbestiegen." Und damit auch unbenannt. Ziel war, eine nahezu unberührte Region zu betreten und wenigstens einen dieser Hänge zu erklimmen. Für diese Idee konnte Nettekoven, der sich selbst allenfalls als Hobby-Bergsteiger sieht, acht Profis gewinnen, darunter die Slowenen Peter Me?nar und Ale? Holc.

Mit Kamelen ging es nach einer langen Anreise ins Tal, in 4214 Metern Höhe wurde ein Basislager errichtet. Die Slowenen starteten von dort aus ihre eigene Bergtour. Nettekoven, seine deutschen Kollegen Harry Kirschenhofer und Lukas Brexler sowie vier weitere Bergsteiger aus Schottland, der Ukraine und den USA machten sich auf den Weg, um einen Gipfel zwischen den beiden "Durbin Kangri"-Bergen zu erklimmen. Der Duisdorfer musste zwischendurch aus Kraftgründen abbrechen, die beiden anderen Deutschen und der Ukrainer erreichten den Gipfel - als Erstbesteiger nannten sie ihn "Xiao Kangri", kleiner Eisberg.

Das deutsche Trio kehrte danach in die Heimat zurück, während die anderen noch blieben. Dort erfuhr Nettekoven dann, dass die Slowenen nicht ins Basislager zurückgekehrt waren. Durch hohe Temperaturen war der Shaksgam-Fluss früher als erwartet angestiegen, was eine Rettungsaktion der anderen unmöglich machte. Bergrettung gebe es dort nicht, so Nettekoven.

"Wir hatten ein sehr gutes Risikomanagement", so Nettekoven. Zudem seien die Bergsteiger sehr erfahren gewesen. "Ale? und Peter wussten ganz genau, was sie machen." Schiefgehen könne aber immer etwas. Seine Kameraden gelten jetzt als verschollen, beide hinterlassen Frauen und Kinder, die auf das einkommen des Lehrers Holc und des Ingenieurs Me?nar angewiesen waren. Es sei eine Suchaktion geplant, um ihre Leichen zu bergen: "Ohne Beweis zahlt keine Lebensversicherung."

Da eine solche Expedition zusammenschweiße, fühle er sich auch für die Familien verantwortlich, sagt Nettekoven. Er hält Vorträge über seine Reisen, so wie kürzlich im ehemaligen Feuerwehrhaus in Lessenich, um Geld zu sammeln. Daneben hat der Deutsche Alpenverein ein Spendenkonto eingerichtet, das auf www.alpenverein.de zu finden ist.

Am Samstag, 13. Juni, findet ab 19 Uhr ein Benefizkonzert der B4 Bigband in der Lessenicher Alten Mühle, Bahnhofstraße 126, statt. Der Eintritt kostet acht Euro. Die Hälfte des Erlöses kommt den Familien der slowenischen Bergsteiger zugute, die andere der Hilfe für die Erdbebengebiete in Nepal.

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