Flechten und Moose als Indikator Studentinnen analysieren Entwicklung der Luftqualität in Bonn

Hardtberg · Die Luftqualität in Bonn hat sich in den vergangenen 20 Jahren leicht verbessert – das ergeben umfangreiche Messungen von Biologinnen der Universität Bonn. Neue Flechten- und Moosarten an Bäumen im Stadtgebiet weisen auch auf den fortschreitenden Klimawandel hin.

 Untersuchen für ihre Bachelor-Arbeit Flechten und Moose an Bäumen: Biologiestudentinnen Maren Borchardt (links) und Julia Bellardts.

Untersuchen für ihre Bachelor-Arbeit Flechten und Moose an Bäumen: Biologiestudentinnen Maren Borchardt (links) und Julia Bellardts.

Foto: Benjamin Westhoff

Mit ihren Bachelor-Arbeiten haben Maren Borchardt und Julia Bellardts einen wesentlichen Teil zur Erforschung der Bonner Luftqualität beigetragen. Die Erkenntnisse der Biologie-Absolventinnen der Universität Bonn zeigen, dass sich die hiesige Luftqualität in den vergangenen 20 Jahren verbessert hat. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, erforschten sie 296 Bäume auf 26,5 Quadratmetern Stadtgebiet, darunter auch einige auf der Hardthöhe und in Lengsdorf. Insgesamt konnten die Biologinnen 64 baumbesiedelnde Flechten- und Moosarten bestimmen.

Pflanzen als Bioindikatoren

Die Pflanzen sind sogenannte Bioindikatoren zur Feststellung der Luftqualität in einer bestimmten Region. „Da die verschiedenen Flechten- beziehungsweise Moosarten unterschiedlich stark auf Schadstoffbelastungen reagieren, können durch ihre Bestandsaufnahme Rückschlüsse auf die vorherrschende Luftqualität gemacht werden", sagt Dietmar Quandt vom Nees-Institut für Biodiversität der Pflanzen der Universität Bonn. Zudem ermöglichen Flechten und Moose eine flächendeckende Bewertung der Luftsituation – im Gegensatz zu den punktuellen Messungen der nur sehr wenigen technischen Anlagen im Bonner Stadtgebiet.

Die letzte breitflächige Untersuchung der Flechten- und Moosvielfalt führte das Nees-Institut 1998 durch. Basierend auf diesen Daten konnten Maren Borchardt und Julia Bellardts einen Vergleich zu ihren eigenen Untersuchungen ziehen. Beide Studien waren nach einer einheitlichen Methode entsprechend einer Richtlinie des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) durchgeführt worden. „Es konnte eine allgemeine Verbesserung der Luftqualität, vor allem für das zentrale Stadtgebiet, zwischen den Erhebungsjahren 1998 und 2020 festgestellt werden", berichtet Maren Borchardt in ihrer Bachelorarbeit.

Vielfalt der Flechten hat sich erhöht

Dieses Ergebnis deckt sich mit den Daten der drei technischen Messstationen in Bonn, die deutlich niedrigere Schwefeldioxidwerte sowie auch einen Rückgang an Stickoxid-Immissionen in diesem Zeitraum verzeichnen. Zwar hat sich bei den Messungen die Luftqualität im Vergleich zu 1998 gebessert. Im größten Teil des Stadtgebiets konnte allerdings nur eine niedrige bis mäßige Luftgüte festgestellt werden. Denn die Ergebnisse zeigen deutlich, „dass nach wie vor eine Beeinflussung der Vegetation durch die anthropogene Luftschadstoffbelastung – vor allem durch Stickstoffverbindungen – vorliegt", sagt Julia Bellardts. Gute Luftwerte konnten die Biologinnen lediglich in Grünanlagen in der Stadt und auf Friedhöfen nachweisen.

Die Studie zeigt, dass die Aufnahme der Biodiversität in einer Region über Jahre hinweg wichtige Erkenntnisse liefern kann. Von allen entnommenen Proben haben die Forscher genaue GPS-Koordinaten, Fotos und teilweise auch Belege im Herbarium der Universität hinterlegt, um künftigen Messungen eine gute Datengrundlage zu bieten. „Das ist nicht nur für den Umweltschutz in Bezug auf Schadstoffe relevant, sondern auch im Hinblick auf den Klimawandel, der ebenfalls einen Einfluss auf das Artenspektrum hat“, sagt Julia Bechteler vom Nees-Institut, die die Bachelor-Arbeiten zusammen mit Jens Mutke betreut hat.

Die Biologinnen fanden nämlich auch heraus, dass sich die Vielfalt und das Vorkommen von baumbesiedelnden Flechten und Moosen in den letzten zwanzig Jahren in Bonn erhöht hat. Dabei haben sie im Vergleich zu den Messungen von 1998 vermehrt Flechtenarten vorgefunden, die ein wärmeres Klima bevorzugen.

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