Geflüchtete erhält Behandlung Krebskranke Ukrainerin rettet sich in die Bonner Uniklinik
Venusberg · Zerstörte Infrastruktur, zerbombte Krankenhäuser. Menschen in der Ukraine bangen nicht nur wegen des Kriegs um ihr Leben, sondern weil sie lebensbedrohlich erkrankt sind, aber nicht behandelt werden können. Alina Pantus leidet an Krebs und wurde jetzt in der Uniklinik aufgenommen.
In höchster Not werden jeden Tag Flüchtlinge aus der Ukraine im Universitätsklinikum Bonn (UKB) vorstellig. Wegen des Kriegs können sie ihre Krankenbehandlung und lebenswichtige Therapien nicht fortsetzen. Im Eltern-Kind-Zentrum auf dem Venusberg werden beispielsweise drei krebskranke Kinder zur dringenden Betreuung aufgenommen. Alina Pantus wird in der Frauenklinik behandelt. „Ich habe Gebärmutterhalskrebs“, sagt die 38-Jährige. Eigentlich hatte sie am 24. Februar einen Behandlungstermin im Rahmen ihrer Krebstherapie. Doch an diesem Tag begann der Krieg.
Pantus lebt mit ihrem Mann Vitali und dem gemeinsamen Sohn in Kiew. Im Frühjahr 2021 bemerkte sie die ersten Symptome, die sie dazu veranlassten, einen Gynäkologen aufzusuchen. Nach mehreren Untersuchungen gab es keinen Zweifel mehr an der Diagnose. Operation und Strahlentherapie folgten. Doch sie habe ziemlich schnell erneut Symptome bemerkt, berichtet sie in einem Gespräch mit Daria Siverina, der stellvertretenden UKB-Pressesprecherin, die für eine Übersetzung der Kranken- und Fluchtgeschichte gesorgt hat. Pantus spricht nur Ukrainisch. Siverina engagiert sich auch als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin.
Von der unverzüglichen Flucht hängt das Leben ab
Ein Kiewer Onkologe habe der Mutter eines 14-Jährigen zur Biopsie geraten. Der Termin – 24. Februar – fand nicht statt. Für Pantus war sofort klar: Ihr Leben hängt davon ab, dass sie das Land schnell verlässt, um die Therapie fortzusetzen. Über ihren Mann hat sie Kontakt zu Donatas Zalepugas aufgenommen. Er ist mit dem Thoraxchirurgen am UKB befreundet. Der Oberarzt hat die Aufnahme von Pantus in die Wege geleitet.
Die größte Hürde musste die Krebspatientin selbst bewältigen, nämlich die Flucht aus Kiew. Nachts in einem völlig abgedunkelten Zug, um nicht zur Zielscheibe der russischen Truppen zu werden, sei sie zur polnischen Grenze aufgebrochen. Der Evakuierungszug aus Kiew nach Warschau sei auf den Anzeigetafeln im Bahnhof nicht angezeigt worden. Die Menschen hätten über die sozialen Medien davon erfahren – der Zug war heillos überfüllt. „Wir saßen zu siebt und häufig auch zu zehnt in den Abteilen, wo eigentlich nur drei Personen reinpassen. Es war stickig und unerträglich heiß“, berichtet Pantus. „In den Korridoren schliefen ebenfalls Frauen – direkt auf dem kalten Boden. Wir haben ihnen mit Decken ausgeholfen, die wir in den Abteilen hatten. Schlimm war auch, dass wir keine funktionierende Toilette hatten.“
Frauen und Kinder im überfüllten Zug
Aus Warschau ging es dann zügiger mit dem Bus direkt nach Bonn. Hier kümmern sich Alexander Mustea, Direktor der Klinik für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie am UKB und sein Team nun um die ukrainische Patientin. „Alina Pantus ist eine von Tausenden Geflüchteten, die nicht nur vor der russischen Armee fliehen müssen, sondern auch weil sie ihre medizinische Behandlung nicht mehr fortsetzen können“, sagt Mustea. „Es ist unsere Pflicht, diesen Menschen zur Seite zu stehen und ihnen zu helfen.“
Höchsten Respekt zollt Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKB, den Kollegen in der Ukraine, die sich in der schwierigsten Zeit und unter unvorstellbaren Bedingungen weiterhin um ihre Patienten kümmern. Holzgreve unterstreicht die Position des UKB, dass schon seit Kriegsbeginn Kinder aus der Ukraine behandelt und weiterhin alle Patientinnen und Patienten, „die aus dem Land zu uns kommen, im UKB betreut werden“. Überdies helfe das UKB Kliniken in der Ukraine mit dringend benötigten Medikamenten und medizinischen Gütern.