Brandursache noch unklar Unter Mietern in Medinghoven geht die Angst um

BONN · Nach dem Brand am Dienstagabend im Hochhaus am Europaring 49 in Medinghoven haben Mittwochvormittag ein Sachverständiger sowie Brandermittler der Kripo den Unglücksort untersucht. Einige Bewohner wollen nicht zurückkehren.

Wie berichtet, hatte die Feuerwehr mit einem Großaufgebot an die 60 Bewohner, darunter zahlreiche Kinder, über Leitern und mit Fluchthauben retten müssen. Polizeisprecher Christoph Schnur sprach von insgesamt 25 Verletzten, darunter drei Schwerverletzten. Hauptursache für die Verletzungen sei das Einatmen der giftigen Rauchgase gewesen.

Der Gestank von verbranntem Kunststoff im verrußten Treppenhaus reizt auch am Mittwoch immer noch die Atemwege. Die Bewohner sind noch nicht zurückgekehrt. Viele haben bei Verwandten, Nachbarn oder in städtischen Notquartieren übernachtet. Elena Schetgauer (24) hat sich einen Schal um Mund und Nase gebunden und sprintet in ihre Wohnung im ersten Stock. Sie will ein paar Kleidungstücke holen. Die beiden Söhne, vier und sechs Jahre alt, bleiben draußen. "Sie haben Angst. Sie wollen nicht mehr in unsere Wohnung", sagt die 24-Jährige.

Die Nacht hat sie mit ihrem Lebensgefährten und den Kindern im Krankenhaus verbracht. Der Verdacht auf Rauchvergiftung hat sich nicht bestätigt. Am Morgen durfte die Familie wieder nach Hause. Jetzt weiß sie nicht wohin. "Die Heizung geht nicht und Strom haben wir auch keinen", sagt die junge Frau. Sie will mit Mann und Söhnen zum Notquartier in der Hardtberghalle, wo das DRK und die Johanniter-Unfallhilfe Betten aufgestellt haben und für Verpflegung sorgen. Elf Personen haben dort übernachtet, weitere elf kamen in der Notunterkunft an der Gerhart-Hauptmann-Straße unter.

Ein Mitarbeiter der Wohnungsgesellschaft, die Deutsche Wohnen GmbH, diskutiert auf der Straße mit Mostafa Ahamed (60). Die Wohnungen seien wieder freigegeben, sagt er. Heizung und Strom sollten bis zum Abend wieder funktionieren, verspricht er. Ahamed hat einen Koffer mit Sachen gepackt, den er seiner Frau und seinen beiden Kindern ins Krankenhaus bringen will. Sie müssen dort ein paar Tage bleiben, weil sie beim Fluchtversuch durch das Treppenhaus giftige Dämpfe eingeatmet haben.

Er werde bei Freunden Quartier beziehen, bis das Treppenhaus wieder instand gesetzt und der Gestank verflogen sei, sagt er. Der Kellner glaubt an Brandstiftung. "Seit Monaten ist die Haustür kaputt, da kann doch jeder ins Haus", beschwert er sich. Eine Nachbarin bestätigt das. "Hier hat es erst vor zehn Tagen schon einmal gebrannt", sagt sie.

Bis zum Abend sind der Stadt Bonn zufolge einige Mieter wieder in ihre Wohnungen zurückgekehrt. Die siebenköpfige Familie Rashid zieht dagegen nochmals um: vom Notquartier in der Hardtberghalle zu Verwandten. Ihre Wohnung ist noch nicht bewohnbar. Die 34-jährige Mutter wirkt geschockt.

Die Frau, die vor zwei Jahren mit Mann und Kindern aus Syrien nach Deutschland geflüchtet ist, hat große Angst, dass womöglich nachts, wenn alle schlafen, wieder ein Feuer in dem Haus ausbrechen könnte. "Sie sagt, dass sie uns auf keinen Fall mehr allein in dem Haus lassen will", übersetzt die 15-jährige Tochter Gula. "Meine Eltern möchten unbedingt in eine andere Wohnung ziehen", so das Mädchen.

Julian Pinnig von der Deutsche Wohnen GmbH erklärte auf GA-Nachfrage, die defekte Haustür sei erst am 11. November gemeldet und zwei Tage später repariert worden. Der Brand vor zehn Tagen sei durch einen technischen Defekt verursacht worden. Das bestätigt Polizeisprecher Schnur. Die Ursache für das Feuer am Dienstag ist dagegen noch nicht bekannt. Die Polizei warte das Ergebnis ab. "Bis dahin ermitteln wir in alle Richtungen", betont er.

Immer wieder Brände

Wiederholt musste die Feuerwehr in den vergangenen Monaten wegen Bränden nach Medinghoven ausrücken. Im Haus Europaring 49 hatte es schon einmal am 9. November gebrannt. Ursache war ein Kabeldefekt. Einen Tag zuvor brannte es im Haus am Europaring 19. Als Ursache ermittelte die Polizei einen fehlerhaften Durchlauferhitzer. Bei dem Brand am 20. Oktober in dem Holzverschlag im Keller eines Mehrfamilienhauses am Europaring 36 geht sie von Brandstiftung aus. Ebenfalls bei dem Feuer, das am 7. Januar im selben Haus im Keller ausbrach. Dort war ein Karton angesteckt worden. Einen der schwersten Brände verzeichnete die Feuerwehr im Sommer 2011, als Unbekannte im Treppenhaus eines Mietshauses in Tannenbusch an der Schlesienstraße Kinderwagen angesteckt hatten. Damals erlitten acht Personen, darunter auch Kinder, zum Teil lebensbedrohliche Verletzungen Die Täter konnten bislang nicht ermittelt werden. voa

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