Abhebungen kaum noch möglich Verzweifelte Suche nach Bargeld an der Borsigallee

Brüser Berg · Wer auf dem Brüser Berg Geld abheben möchte, hat es nicht leicht. Lediglich eine Bank zahlt noch zuverlässig Geld aus. Sparkassenkunden wie Rollstuhlfahrer Klaus Grunwald und Eiscafé-Inhaber Weam Al-Sadawi haben das Nachsehen, denn „ihr“ Automat bleibt oft leer – mit weitreichenden Folgen.

Nur unregelmäßig erhält Klaus Grunwald sein Geld aus dem Automaten in der Borsigallee.

Nur unregelmäßig erhält Klaus Grunwald sein Geld aus dem Automaten in der Borsigallee.

Foto: Julia Rosner

„Es ist immer eine Überraschung, ob Geld da ist oder nicht“, berichtet Klaus Grunwald im Gespräch mit dem GA. Das sei anstrengend und nervenaufreibend. Bislang fuhr der Rollstuhlfahrer selbstständig in die von seinem Wohnhaus fünf Minuten entfernte Borsigallee. Vom SB-Automaten ließ er sich hier regelmäßig Geld auszahlen.

Seit gut einem halben Jahr ist auf dem Bildschirm des Geldautomaten der Sparkasse jedoch immer häufiger die Anzeige „Außer Betrieb“ zu finden. Seit mehr als zwei Wochen spucke der Automat kein Geld mehr aus. Nicht nur für den Rollstuhlfahrer stellt das ein großes Problem dar, denn die nächsten Sparkassenfilialen sind weit entfernt. Genauer gesagt in Ippendorf und Duisdorf.

Trotz Rollstuhl ist Grunwald mobil und kann mit dem Bus fahren. „Das ist nicht das Problem, aber die Busfahrt nach Duisdorf kostet mich jedes Mal Geld. Nur, um Geld abzuheben. Das ist doch grotesk“, beschwert sich der 59-Jährige. Am Schalter in Duisdorf bilde sich zudem immer am Anfang des Monats eine lange Schlange. „Da muss man locker bis zu 20 Minuten warten“. Außerdem sieht er ein Problem für die vielen kleinen Geschäfte auf der Borsigallee: „Wenn man schon einmal in Duisdorf ist, kann man auch dort zum Bäcker oder Supermarkt gehen. Nicht, dass bei uns noch alle anderen Läden pleitegehen.“ Angst habe er auch vor dem Winter, wenn es auf den Straßen glatter wird und er mit seinem Rollstuhl nicht mehr so leicht überall hinfahren kann.

Auch Ladeninhaber sind betroffen

Dass Grunwald kein Einzelfall ist, zeigt sich beim Gespräch mit ihm auf der besonders am Nachmittag rege besuchten Borsigallee. Dass der GA auf dem Brüser Berg unterwegs ist, spricht sich schnell herum und so wollen sich immer mehr Anwohner und Ladeninhaber zu dem Thema äußeren. Eine Geschäftsfrau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, berichtet, dass auch die Einzahlung von Geld in der Sparkasse auf dem Brüser Berg gerade nicht mehr möglich ist. „Ich muss mit dem Auto bis Ippendorf fahren. Der Automat dort liegt allerdings in einer dunklen Ecke“, erzählt sie. Die Ladeninhaberin fühle sich oft unsicher, mit so viel Geld in der Tasche unterwegs zu sein. „Das ist für alle Anwohner und Geschäftsleute eine unzumutbare Angelegenheit. Wir zahlen unsere hohen Kontoführungsgebühren an die Sparkasse und erhalten keinen Service dafür.“

Auf Nachfrage des GA erklärt Jörg Wehner, Sprecher der Sparkasse Köln Bonn, dass man sich um ein reibungsloses Funktionieren der Geräte bemühe und diese regelmäßig warte. Dennoch „können technische Ausfälle oder Unterbrechungen bei Geräten in Einzelfällen nicht ausgeschlossen werden.“ Ursachen seien meist Vandalismus oder eine Fehlbedienung. „Aufgrund von leider aktuell bestehenden Lieferschwierigkeiten kann es bei der Versorgung mit Bauteilen aber zu Verzögerungen kommen, ebenso durch pandemiebedingte Krankheitsausfälle bei Dienstleistern“, so Wehner. Die aktuelle Störung am Automaten auf dem Brüser Berg sei jedoch mittlerweile behoben.

EC-Zahlung nicht überall möglich

Grunwald traut dem Frieden nicht und berichtet stattdessen von einem weiteren Problem, das sich aus der Unberechenbarkeit des Automaten auf dem Brüser Berg für die Kunden ergebe. Seitdem der Automat immer wieder streikt, versucht er mehr mit EC-Karte zu zahlen, doch nicht überall ist das möglich: „Beim Bäcker kann ich meine Brötchen nicht mit der Karte zahlen, und auch für den Kaffee in der Eisdiele brauche ich Bargeld. Da hilft kein Online-Banking.“

Weam Al-Sadawi, Inhaber des Eiscafés „Da Vinci“ in der Borsigallee, erlebt das Problem fast täglich bei sich in der Gelateria. Bislang hatte der Gastronom die Zahlung mit EC-Karte nicht angeboten, was nach seinen Worten gut funktioniert habe. Doch seitdem der Sparkassenautomat immer wieder ausfalle, habe er häufig Gäste, die ihre Rechnung nicht begleichen könnten. „Manchmal muss ich mich tatsächlich auf den nächsten Besuch vertrösten lassen“, sagt Al-Sadawi. Die einzige Lösung sei für ihn deshalb, doch das Bezahlsystem mit Karte einzuführen. „Das kostet mich extra Geld. Eigentlich wäre das nicht nötig.“

Hinzu kommt, dass der Gelatiere selbst auch Sparkassenkunde ist und wie viele Ladeninhaber für die Einzahlung der Tageseinnahmen jetzt oftmals weit fahren muss. An einen Wechsel der Bank hat er in den vergangenen Wochen bereits häufiger gedacht, denn eine Möglichkeit zum Geldabheben und -einzahlen gibt es noch auf dem Brüser Berg: den SB-Automaten der VR-Bank. Er liegt direkt gegenüber der Sparkasse.

Abheben im Supermarkt

Auch für Rollstuhlfahrer Grunwald ist dieser Automat momentan die einzige, zuverlässige Lösung, jedoch mit einem Wermutstropfen: „Pro Abhebung zahle ich als externer Gast bei der VR-Bank 5,45 Euro Gebühr. Das ist eine ganze Menge Geld.“ Er hebe deshalb seltener ab: nur einmal im Monat.

Die Sparkasse Köln Bonn erklärt, dass man sich in Zukunft eine Kooperation mit der VR Bank für den SB-Standort im Stadtbezirk Hardtberg vorstellen könne. Einen zeitlichen Rahmen gab die Bank jedoch nicht an. Momentan nutzen viele Hardtberger stattdessen noch eine andere Möglichkeit, um an Geld zu kommen: den Einkaufsmarkt von Rewe in der Edisonallee, gut fünf Gehminuten von der Borsigallee entfernt.

Das Geldabheben hier ist allerdings erst ab einem Einkaufswert von zehn Euro möglich und funktioniert nicht immer. „Einmal wollte ich beim Einkaufen Geld holen. Da hat die Kassiererin gesagt, das Bargeld werde langsam knapp. Wir sind doch keine Bank“, erinnert sich Grunwald. Der Rollstuhlfahrer zeigt sich dafür verständnisvoll: „Das ist ein nettes Angebot von Rewe, dm und Co. Aber eigentlich ist es nicht ihre Aufgabe, sondern die der Banken.“

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