Theaterkursus in Dransdorf Von der Bühnenmaus zur Rampensau

Dransdorf · Theaterpädagogin Ingrid Macke übt in ihren Kursen Gestik und Mimik, Körpergefühlt und Improvisation. Für die Teilnehmer hat Schauspiel etwas Befreiendes.

 Ingrid Macke (Mitte), Andreas Limbach und Mitspielerin Susanne versetzen sich spontan in größte Freude und zeigen es der Kamera. Das proben sie wöchentlich im Theaterkurs in Dransdorf.

Ingrid Macke (Mitte), Andreas Limbach und Mitspielerin Susanne versetzen sich spontan in größte Freude und zeigen es der Kamera. Das proben sie wöchentlich im Theaterkurs in Dransdorf.

Foto: Sofia Grillo

Wenn Kinder spielen, ist es für sie selbstverständlich, sich in andere Rollen zu versetzen – mal sind sie Mutter, mal Kind, mal Lehrerin, mal Zauberer. Wenn Erwachsene schauspielern, dann müssen sie das Kind in sich wiedererwecken. Und wenn ihnen das gelingt, leben sie in wesentlich komplexeren Rollen als in ihrer Kindheit: etwa in der eines Polarforschers im Überlebenskampf oder der einer alternden Diva. Im Theaterkursus „Zwischen Bühnenmaus und Rampensau: Grundlegende Theaterarbeit“ im Stadtteilverein Dransdorf geben sich Erwachsene jeden Donnerstag diesem Spiel hin.

Seit 2016 gibt Theaterpädagogin Ingrid Macke in Dransdorf Schauspielkurse für Erwachsene. Derzeit machen neun Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Alter zwischen 40 und 65 Jahren mit. Das Besondere am Kurs ist: Er mündet nicht in eine Aufführung. „Wenn man auf eine Produktion hinarbeitet, dann ist es ein anderes Arbeiten, als ich anbieten möchte. Die Teilnehmer sind meist berufstätig und haben nicht so viel Zeit und auch nicht immer so viel Energie, um einen Auftritt vorzubereiten. Im Kurs soll jeder Abend für sich stehen”, erklärt Macke. Ihr geht es um Schauspieltraining, um Körpergefühl, Gestik, Mimik, um Spontanität, um Improvisation, um Spaß. „Die Teilnehmer sind zugleich Schauspieler wie Publikum”, sagt Macke.

Ein Hobby wie Chor oder Sport

Susanne, die nur mit Vornamen genannt werden möchte, nimmt seit vielen Jahren an Mackes Schauspieltraining teil. Für sie ist es ein Hobby wie für andere der Chor oder der Sportverein. „Wir alle im Kurs lassen uns auf das Spiel ein, befinden uns damit im Hier und Jetzt und lassen uns mitreißen. Wir bekommen das Gefühl, ein Stück eines Ganzen zu sein, das wir voranbringen können”, beschreibt die Dransdorferin die Atmosphäre des wöchentlichen Spiels.

Für Kursteilnehmer Andreas Limbach, der ebenfalls schon lange dabei ist, hat das Schauspiel etwas Befreiendes. Er könne sich darin ausleben, fallenlassen, sei frei von den Strukturen des Alltags und gehe immer zufrieden nach Hause, sagt der 59-jährige Dransdorfer.

Kein Kursabend gleicht dem anderen. Macke übt immer wieder andere Aspekte des Schauspiels. Geht es an einem Abend um Improvisation und spontane Reaktion in Wort und Gestik, so lässt sie beim nächsten Mal die Teilnehmer Masken tragen, wodurch sie Emotionen nur noch durch ihre Körperhaltung ausdrücken können. Dabei reisen sie immer aus dem Saal des Bürgervereins in andere Welten hinein: Andreas Limbach und Susanne wurden an einem Abend beispielsweise auf eine imaginäre Kreuzfahrt geschickt.

Limbach war Entertainer auf dem Schiff und plagte sich mit dem Problem, dass der Strom ausgefallen war. „Plötzlich fällt man in eine ganz ungewohnte Situation und muss schauen, was passiert. In 59 Jahren war ich nie Entertainer auf einem Kreuzfahrtschiff, auf unserer Kurs-Bühne konnte ich es sein”, berichtet er von den Eindrücken.

Doch die Szenen, die gespielt werden, müssen nicht zwingend lustig sein. „Es geht darum, dass sie bewegen, und manchmal, da bleibt uns Zuschauenden auch einfach nur die Spucke weg”, sagt Macke. Sie ermutigt alle dazu, im Schauspiel intensive Gefühle aufzurufen und auszuleben. „Sozialverträgliche Gefühle sind auf Dauer etwas langweilig”, sagt die Theaterpädagogin. „Deswegen spielen wir auch in die Extremen hinein, etwa in Wut oder in Trauer.”

Ziel ist, Gefühle wirklich zu erleben

Susanne weiß, dass es gerade beim Spielen von Emotionen nicht darum geht, so zu tun, als erlebe man sie, sondern darum, sie wirklich zu erleben. Erst dadurch werden sie für die anderen erkennbar. Es ist ein Weg nach innen für das Außen, den die Teilnehmer in solchen Momenten beschreiten. Dabei rufen sie auch eigene Erfahrungen hervor, um das jeweilige Gefühl zu spüren und dann zu spielen.

Diese Erfahrung, so Limbach, sei immer sehr intensiv. Doch natürlich müsse man auch seine Grenzen kennen und sich nicht zu tief hineinsteigern. Das Spiel, erklärt Macke, solle auch immer ein solches bleiben, an dem am Ende etwas Positives und Leichtes stehe. Und so fordert sie ihre Teilnehmer zum Ende einer Übung oder Szene immer wieder auf, sich zu schütteln und damit das Erlebte wieder zu lockern.

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