Leerstehende Gewerbe-Immobilie Was wird aus der „Papierfabrik“ in Lengsdorf?

Lengsdorf · Die Gewerbe-Immobilie an der Provinzialstraße 21 in Lengsdorf hat eine wechselvolle Geschichte. Die Gebäude scheinen zu verwahrlosen. Doch es tut sich was: Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben prüft die weitere Nutzung.

 Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nutzt die Gebäude der ehemaligen Fabrik P. Ohlef heute als Zwischenlager für den Petersberg und Bundesbehörden.

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nutzt die Gebäude der ehemaligen Fabrik P. Ohlef heute als Zwischenlager für den Petersberg und Bundesbehörden.

Foto: Stefan Hermes

Die Gewerbe-Immobilie an der Provinzialstraße 21 ging durch viele Hände – im besten Zustand scheinen die Gebäude nicht mehr zu sein. Doch sie werden genutzt, bestätigt die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), auf Anfrage des GA. Seit 2013 ist die BImA Eigentümerin des Gebäudes und prüft derzeit die weitere Nutzung, teilt Sprecher Thorsten Grützner mit.

Er widerlegt auch die Vermutung, dass die Gebäude leer stehen. Das lassen die vergitterten Fenster und Türen, die Graffiti an den Wänden und die Leere des Hofes vermuten. „Das Gebäude wird weiterhin als Zwischen- und Ausweichlager für das Gästehaus Petersberg genutzt. Darüber hinaus werden weitere Flächen zur Auslagerung der Frachtstelle eines Bundesnutzers benötigt“, sagt Grützner. Insofern habe sich die Belegung nicht geändert.

 Der Gründer Peter Ohlef wurde nur 45 Jahre alt uns liegt auf dem Lengsdorfer Friedhof begraben.

Der Gründer Peter Ohlef wurde nur 45 Jahre alt uns liegt auf dem Lengsdorfer Friedhof begraben.

Foto: Stefan Hermes

Bundesanstalt lässt Gelände reinigen

Einen Blick auf das Gelände und die Gebäude wirft auch Wilfried Schneider regelmäßig. Der heute 78-jährige Lengsdorfer begann in der hier früher beheimateten Firma Druck und Verpackung P. Ohlef als 14-Jähriger seine Berufslaufbahn als Industriekaufmann. „Soeben sind noch der Hof und die Dächer des Anwesens von Wildwuchs befreit worden“, sagt Schneider. Für ihn ein Zeichen, dass in Zukunft dort etwas geschehen könnte. Zur Reinigung auf dem Gelände teilt Grützner mit, dass der Grünschnitt im Rahmen der Verkehrssicherungs- und Instandhaltungsverpflichtungen erfolgt sei. 

Darüber hinaus prüfe die BImA eine langfristige Folgenutzung der Liegenschaft. Dazu hat Schneider einen Vorschlag. Aus seiner Sicht wäre die Fläche zwischen Provinzialstraße und Uhlgasse ein idealer Standort für eine Wohnbebauung. „Es ist eine Schande, dass mit dem Gebäude nichts mehr passiert“, sagt Schneider. Spätestens seit 2013, als die frühere LH Bundeswehr Bekleidungsgesellschaft die Liegenschaft verließ, würden die Fabrik- und Verwaltungsgebäude verwahrlosen. Für ältere Lengsdorfer seien sie immer noch fälschlicherweise unter dem Begriff Papierfabrik bekannt. „Doch dort wurde niemals Papier hergestellt, sondern lediglich weiterverarbeitet“, sagt Schneider.

Er kennt die Geschichte der Liegenschaft. In den 1960er Jahren habe P. Ohlef von hier aus wöchentlich rund 20 Tonnen Verpackungsbeutel nach Hagen geliefert. Dort seien sie für die legendäre Verpackung des Brandt-Zwiebacks verwendet worden. „Das war eine Frischhaltepackung, die außen aus einem gebleichten Pergamin, einer Mittelschicht aus einer hauchdünnen Aluminiumfolie und einem Innenbeutel aus ungebleichtem Pergamin bestand“, erzählt Schneider. Noch heute gerät der Fachmann in der Erinnerung daran ins Schwärmen. „Das war die beste Frischhaltepackung, die man sich vorstellen konnte“, sagt er. P. Ohlef habe zu der Zeit unter anderem auch Kaffeebeutel für Jacobs-Café und Papiertüten für die Kölner Zuckerfabrik Pfeifer und Langen geliefert. Auch die Pergaminverpackungen für Tempo-Taschentücher seien zu dieser Zeit aus Lengsdorf gekommen. Zur Herstellung von diversen Beuteln und Tüten, die millionenfach das Werk an der Provinzialstraße verließen, sei später auch noch eine Faltschachtelproduktion hinzugekommen.

Bis zu 200 Mitarbeiter

Bisweilen habe der Betrieb bis zu 200 Mitarbeiter gehabt, so Schneider. Anfang der 1960er Jahre habe man eine Fabrikhalle mit Wohnungen ausgebaut, um Gastarbeiter aus Griechenland dort unterzubringen. Der stetig zunehmende Erfolg des Unternehmens habe seinen Ursprung Anfang des 20. Jahrhunderts gehabt, als Peter Ohlef Senior dort mit der Bedruckung und Verarbeitung der braunen Papierspitztüten. „Anfangs wurden die Tüten an der Provinzialstraße durch ein einfaches Anilindruckverfahren bedruckt, was später durch den Kupfertiefdruck ersetzt wurde“, so Schneider. Mit bis zu sechs Farben seien damit Werbeverpackungen in brillanter Qualität entstanden.

Über den Firmengründer Peter Ohlef sei allerdings wenig bekannt. Ein weithin sichtbares schwarzes Marmorgrab auf dem Lengsdorfer Friedhof – unweit seiner Wirkungsstätte – offenbart, dass der 1881 geborene Ohlef bereits im Alter von 45 Jahren verstarb. Sein Sohn, der später die Firma fortführen sollte, war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 20 Jahre alt. Der Junior, der ebenfalls Peter hieß, hatte keinen Nachfolger. 1968 habe er das einstmals so erfolgreiche Unternehmen aufgegeben. Über Gründe möchte Schneider nicht sprechen. Das Ende von Druck und Verpackung P. Ohlef schien für ihn jedoch schon frühzeitig absehbar. Schneider habe seinen Arbeitgeber deshalb damals verlassen.

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