Illegale Abfallentsorgung nimmt zu Wilde Müllkippen kosten die Bonner 560.000 Euro
Hardtberg/Bonn · Immer mehr illegal entsorgten Müll muss Bonnorange wegschaffen. Im Vergleich zu 2020 ist die Zahl der wilden Kippen 2021 um 35 Prozent angestiegen. Müllsünder suchen sich bevorzugt Waldparkplätze und Containerstandorte.
Von Jutta Specht
Hardtberg/Bonn. „Eine Schande“, kommentiert ein GA-Leser. Und in dem Fall sagt das mitgeschickte Foto mehr als tausend Worte: Es zeigt die Hinterlassenschaften von Müllfrevlern an der Von-Guericke-Allee auf dem Brüser Berg. Die Verwaltung hat Online einen Mängelmelder für Hinweise von Bürgern eingerichtet. Eine von 15 Kategorien ist „Wilde Müllkippe“. In Hardtberg hatte diese Rubrik 2019 die meisten Einträge.
Stadtweit hat Bonnorange im vergangenen Jahr 3178 wilde Müllkippen beseitigt. Bei der Extratour des Sammelfahrzeugs, das nur die unerlaubten Müllberge wegräumt, die von den anderen Kolonnen nicht mitgenommen werden können, kamen im Jahr 2021 440 Tonnen zusammen, sagt Bonnorange-Sprecher Jérôme Lefèvre. Dabei sind Elektrogroßgeräte, die von ihren Besitzern einfach irgendwo abgestellt werden, nicht enthalten, weil sie vom Sammelfahrzeug in einem Zug mit den zur Abholung angemeldeten Elektrogeräten mitgenommen werden. „Verglichen mit 2020 verzeichnen wir einen Anstieg um 35 Prozent bei monatlich durchschnittlich 265 wilden Müllablagerungen in 2021 gegenüber 196 in 2020.“ Die Kosten für den Abtransport in Höhe von insgesamt 560.000 Euro (2021) kommt auf die Rechnung für die Bonner, denn für die Entsorgung wilder Müllkippen zahlt laut Lefèvre die Allgemeinheit über die Gebühren.
Hinterlassenschaften sind Gift für die Umwelt
In der Regel sind es abgelegene Orte, an denen im Schutz der Dunkelheit illegal Müll abgeladen wird. Häufig betroffen seien Standplätze der Papiercontainer oder Waldparkplätze, so der Sprecher. Was Müllsünder dort und auch in Wald und Feld entsorgen, „ist eigentlich alles. Es wird Grünschnitt irgendwo am Waldrand abgeladen. Wir finden Hausmüll an Landstraßen, Sperrmüllsammler schlachten die Wertstoffe aus und lassen die Reste irgendwo liegen. Wir finden Altreifen und Altöl an Böschungen neben der Autobahn, Bauschutt in der Nähe von Bahngleisen“ – die Liste lässt sich Lefèvre zufolge beliebig fortführen.
Abgesehen vom unschönen Anblick sind diese Hinterlassenschaften Gift für die Umwelt. Papiertaschentücher, Mund-Nase-Masken, Pappbecher, Verpackungen oder Rührstäbchen, die bei einem Waldbesuch fallen gelassen werden, sind keineswegs unschädlich. Die größte Gefahr für Gewässer, Luft und Erdboden geht aber, wie Lefèvre erläutert, von Bauschutt, Batterien, lackiertem Altholz und Elektrogeräten aus. „Sie enthalten chemische Bestandteile oder Giftstoffe wie Öle oder Kühlmittel, aber auch Asbest oder Blei.“ Auch wer denke, nichts Falsches zu tun, indem er seine Gartenabfälle in den Wald wirft, liege falsch. Denn so würden waldfremde, invasive Arten und Krankheitserreger in das sensible Ökosystem eingeschleppt.
Tiere fressen schädlichen Plastikabfall
Was manchem vielleicht gar nicht bewusst ist: Vieles, was achtlos weggeworfen wird, kann zum qualvollen Tod eines Tieres führen. Offene Dosen und Behälter sind eine Einladung für neugierige oder hungrige Mäuse und Eichhörnchen, hineinzukriechen. Problem nur, sie können sich an scharfen Kanten verletzen oder derart verheddern, dass sie nicht mehr freikommen und elendig verenden. Das gleiche Schicksal erleiden auch Insekten, die vom Geruch der Getränkereste angelockt werden. Lefèvre warnt zudem: „Plastikschnüre oder Drähte können zu Fallen für Tiere werden.“
Plastikabfall ist ein großes Problem. Verpackungsmaterial im Vogelnest verbaut, kann dazu führen, dass Regenwasser nicht abfließt und die Brut ertrinkt. Oder Tiere fressen Plastikteile. Als besonders gefährlich schätzen Naturschützer Zigarettenstummel ein. Etwa 57 Milliarden Kippen werden nach einer Schätzung des BUND in Deutschland achtlos auf den Boden geschnippt. Jede von ihnen enthalte einen Cocktail von 4000 Giftstoffen, die ausgewaschen werden und ins Erdreich oder den Wasserkreislauf gelangen. Eltern regen sich zurecht auf, wenn die Stummel überall auf dem Spielplatz herumliegen.
300 Kilo Hausmüll an der Pecher Landstraße
Erst vergangene Woche meldete das städtische Ordnungsamt eine wilde Müllkippe an der Pecher Landstraße. Bonnorange-Mitarbeiter fanden 300 Kilo Hausmüll. „Materialien, aus denen sich Anhaltspunkte über die Herkunft ergeben könnten, haben wir mit einer Ordnungswidrigkeitsanzeige ans Ordnungsamt geschickt“, berichtet der Sprecher. Die Verfolgung des Umweltvergehens ist nicht einfach, wenn die Verursacher nicht auf frischer Tat ertappt werden. Der Glücksfall: wenn sich anhand von Schnipseln eine Adresse rekonstruieren lässt. Ein Phänomen ist auch, dass eine wilde Deponie bei anderen offenbar den Eindruck erweckt, sie könnten ihren Müll auch dazu werfen. Daher räume Bonnorange so schnell wie möglich weg.