Schuldenanstieg in Milliardenhöhe Haushalt der Stadt Bonn geht bis an die Schmerzgrenze

Bonn · Stadtkämmerin Margarete Heidler bringt den Doppelhaushalt in den Stadtrat ein. Die Gesamtverschuldung wird in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Steuererhöhungen sind aber nicht vorgesehen.

 Bonns Stadtkämmerin Margarete Heidler hat den Doppelhaushalt am Donnerstagabend in den Stadtrat eingebracht.

Bonns Stadtkämmerin Margarete Heidler hat den Doppelhaushalt am Donnerstagabend in den Stadtrat eingebracht.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Haushaltsplanentwurf der Stadt für die kommenden beiden Jahre sieht keine Erhöhungen von Grund- und Gewerbesteuern für die Bonnerinnen und Bonner vor. Dass sowohl Stadtkämmerin Margarete Heidler als auch Oberbürgermeisterin Katja Dörner bei der Einbringung des Doppelhaushalts 2023/2024 in den Stadtrat am Donnerstagabend dennoch keine Freudensprünge machten, dafür hatten sie ihre Gründe.

Dörner sprach davon, dass die Stadt mit ihrer Etatplanung „an die Schmerzgrenze“ gegangen sei, aber aus einer schwierigen Situation „das Beste“ gemacht habe. Heidler sagte, dieser Haushalt sei „keine Sternstunde für eine Stadtkämmerin“.

Schuldenberg wächst weiter

Unterm Strich nämlich wird die Gesamtverschuldung der Stadt nach Prognosen der Kämmerei von erwartbaren 2,38 Milliarden Euro (davon 664 Millionen Euro Kassenkredite, um laufende Ausgaben zu finanzieren) in diesem Jahr auf 2,65 Milliarden in 2023  und 2,93 Milliarden in 2024 steigen. Unter anderem sind steigende Personal- und Sozialkosten und erwartbare Zinssteigerungen dafür verantwortlich. Bis zum Jahr 2027 geht die Kämmerin von knapp 3,7 Milliarden Euro Schulden aus.

Dass Heidler trotzdem von einem genehmigungsfähigen Haushalt ohne Sparauflagen vonseiten der Kölner Bezirksregierung ausgeht, hängt nur damit zusammen, dass die Stadt aufgrund der immer noch andauernden Corona-Pandemie und der Folgen durch den Krieg in der Ukraine einen erheblichen Teil ihrer finanziellen Last isolieren kann.

Coronabedingte Isolierungen sind nur noch 2023 zulässig. Sie betragen 15,6 Millionen Euro. Die kriegsbedingten Isolierungen betragen alleine für das kommende Jahr rund 58 Millionen Euro und steigern sich alljährlich bis 2027 auf dann voraussichtlich 87,7 Millionen Euro. Diese Isolierungsbeträge summieren sich auf insgesamt 385,7 Millionen Euro.

Isolierung der Krisenkosten

Das Geld kann wegen der derzeitigen Krisen aus der Etatplanung formal herausgehalten werden. Es wird den Haushalt allerdings spätestens ab 2026 belasten. Eine Abschreibung wäre über einen Zeitraum von bis zu 50 Jahren möglich.In diesem Zusammenhang appellierte die Oberbürgermeisterin ein weiteres Mal an Bund und Land, die Kommunen für die krisenbedingten Mehrausgaben angemessen zu entlasten, auch durch einen Erlass von Altschulden.

Abgesehen von der Isolierungsmöglichkeiten: Laut Stadtkämmerin Heidler werden im Haushalt im kommenden Jahr 15 Millionen Euro fehlen, 2024 werden es 43,2 Millionen Euro sein. Das sind keine isolierungsfähigen Beträge, sondern Fehlbeträge, die die Stadt aus der Allgemeinen Rücklage ausgleichen will.

Sparvorgaben macht die Kämmerin keine. Wohl aber betonten sowohl Heidler als auch Dörner, dass die Stadt mit dem nun formal eingebrachten Doppelhaushalt – die politischen Debatten finden traditionell zu einem späteren Zeitpunkt statt – „auf Sicht fährt“. Wie sich die Steuereinnahmen entwickelten, sei ebenso wenig sicher prognostizierbar wie die Zinsentwicklung.

Kredit werden für die Stadt teurer

Bei einem angenommenen Zinssatz von zwei Prozent rechnet die Kämmerei mit 20 Millionen Euro Mehrkosten im Jahr, um laufende Kredite finanzieren zu können. Nachtragshaushalte sind also keineswegs ausgeschlossen. Der Zeitpunkt der Etateinbringung ist ohnehin ungewöhnlich spät im Jahr, was mit kurzfristigen Gesetzesänderungen zusammenhing, die den Haushalt direkt betrafen und eine Umplanung erforderlich machten.

Obwohl der Schuldenberg weiter anwächst, so sagte Dörner, wolle die Stadt nicht bei den Zuwendungen an freie Träger sparen. „Wir wollen mit dem Doppelhaushalt auch ein Signal für unseren Gestaltungswillen setzen.“ Er enthält unter anderem 18 Millionen Euro für Klimaschutzmaßnahmen, knapp 38 Millionen Euro für die Stadtwerke Bonn, die als Verlustausgleich für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs gedacht sind, sowie Millionenbeträge für die geplante Seilbahn, die laufende Sanierung der Beethovenhalle und des Theaters sowie für den weiteren Radwegeausbau, um einige Beispiele zu nennen.

Hinzu kommen erhebliche Mehrkosten beim Personal. Der Stellenplan, dessen Fortschreibung für die beiden kommenden Jahre die Verwaltung dem Rat ebenfalls vorlegte, umfasst 438 neue Stellen, von denen 144 bereits politisch beschlossen sind, wie Personaldezernent Wolfgang Fuchs sagte. Die noch zu beschließenden Stellen sind unter anderem für die Bereiche Jugend und Soziales, Umwelt und Klima, Sicherheit und Ordnung sowie Digitalisierung und IT-Projekte vorgesehen.

Lagen die Personalkosten als zweithöchster Ausgabeposten nach den Sozialzuwendungen im vergangenen Jahr noch bei 350 Millionen Euro jährlich, so rechnet die Kämmerei im Haushaltsjahr 2024 mit dann 410 Millionen Euro. Zwar würden, so Fuchs, eine ganze Reihe krisenbedingter Stellen vom Land gegenfinanziert, aber eben nicht alle.

Dann treibt Fuchs noch die Frage um, ob und wie er diese Stellen wird besetzen können. In den nächsten zehn Jahren werden immerhin 30 Prozent der insgesamt 7800 städtischen Mitarbeiter in den Ruhestand eintreten „und der Arbeitsmarkt ist stark umkämpft“, so Fuchs.

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