Heide Schütz: "Man muss Visionen haben"

16 Organisationen veranstalten vom 15. bis 28. September die Bonner Friedenstage. Drei der Organisatoren, Christiane Lammers, Heide Schütz und Martin Weinert, sprechen über Erfolge und Hoffnungen von Aktivisten.

Heide Schütz: "Man muss Visionen haben"
Foto: Barbara Frommann

General-Anzeiger: Sie werben für den Frieden. Was kann der Einzelne denn für ihn tun? Wie wollen Sie zum Beispiel Kinder für dieses Thema gewinnen?

Martin Weinert: Über das eigene Erleben. Wenn man erlebt, dass man das eigene Umfeld friedlich gestalten kann, steigt gleichzeitig das Verständnis und das Bedürfnis dazu, diese schöne Situation des friedlichen Lebens, die Erfahrung zu transportieren. Wie jeder Einzelne aktiv werden kann, das ist so breit wie das gesamte Spektrum des gesellschaftlichen Engagements: Angefangen von Mediatoren in den Schulen, etwa Streitschlichtern, über das Aktivwerden in verschiedenen Initiativen, als Friedensfachkraft im Ausland. Es gibt viele Möglichkeiten.

Christiane Lammers: Zum siebten Mal findet etwa der Friedenslauf statt, an dem auch dieses Mal wieder 2 000 Schüler teilnehmen werden. Sie erlaufen damit nicht nur Spendengelder für Friedensprojekte, sondern haben sich auch inhaltlich mit dem Thema beschäftigt.

GA: Lohnt sich das überhaupt, sich für Frieden einzusetzen? Man gewinnt schnell den Eindruck, das bringt überhaupt nichts. Wieso machen Sie es? Haben Sie so eine hohe Frustrationsschwelle?

Zu den Personen##ULIST##

Christiane Lammers, 49, ist Geschäftsführerin der bundesweiten Plattform Zivile Konfliktbearbeitung mit Sitz in Köln und gleichzeitig wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Frieden und Demokratie der Fernuniversität Hagen.

  • Heide Schütz, 69, ist Gründungsmitglied und Vorsitzende des Vereins Frauennetzwerk für Frieden und war ehrenamtliche NGO-Beobachterin bei der UN Frauenrechtskommission, die vier Weltfrauenkonferenzen veranstaltete mit Themen wie Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden.
  • Martin Weinert, 37, Politologe, ist Referent und Fachbereichsleiter bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn.

Heide Schütz: (lacht) Darüber denke ich tatsächlich oft nach. Ich bin einmal gefragt worden: Was tut das Frauennetzwerk dafür, dass Kriege verhindert werden? Meine Antwort: Wenn die Politikverantwortlichen und Militärs einen Krieg beschließen, kann keine Frau der Welt, keine Organisation der Welt diesen Krieg verhindern. Aber wir können Alternativen aufzeigen. Alle müssen umdenken. Es ist in der Tat nicht immer einfach, die Frustrationsschwelle zu überwinden, aber es sind die tollen Frauen und Männer, die man bei der Friedensarbeit trifft, die an der gemeinsamen Aufgabe festhalten.

GA: Wie messen Sie Erfolge?

Schütz: Ich kann sie nicht messen. Wenn Friedensfrauen in Konfliktgebieten merken, dass sie unterstützt werden, wenn ich Kinder dazu begeistern kann, dass sie sich zu Streitschlichtern ausbilden lassen, sind das doch Erfolge, oder? Oder auch, dass der Bonner Stadtrat vor einem halben Jahr einstimmig beschlossen hat, Mitglied bei Mayors for Peace zu werden. Dafür haben Friedensgruppen jahrelang gearbeitet.

GA: Welche Rolle spielen die Alternativen Friedensnobelpreisträger für Ihre Initiativen?

Weinert: Das sind Menschen, die ja teilweise unter deutlich schwierigeren Bedingungen aufgewachsen sind als wir in Deutschland, und die für ihr Engagement ausgezeichnet wurden. Sie zeigen uns, was man mit Einzelinitiativen vor Ort alles erreichen kann.

GA: Alyn Ware aus Neuseeland hat einmal berichtet, wie er begann, seine Stadt zur atomwaffenfreien Zone zu erklären. Muss man für solche Initiativen ein wenig verrückt sein?

Schütz: Man muss Visionen haben. Es muss das Prinzip Hoffnung herrschen, aber man braucht auch die Solidargemeinschaft.

GA: Erhoffen Sie sich Impulse von den Alternativen Nobelpreisträgern?

Lammers: Absolut. Wenn etwa bei der Veranstaltung "Peace on Earth?" über Demilitarisierung und eine nicht-militärische Bearbeitung unserer globalen wie regionalen Konflikte konkret und realitätsnah diskutiert wird.

GA: Auf wen freuen Sie sich ganz besonders?

Schütz: Auf die Frauen. Ida Kuklina vom "Komitee der russischen Soldatenmütter" habe ich schon einmal getroffen.

Lammers: Ich freue mich darauf, Persönlichkeiten zu treffen, die Visionen haben. Wir brauchen Menschen, die uns zeigen, dass jeder etwas bewegen kann.

Weinert: Auf Alyn Ware. Ich erwarte aber auch, dass viel Motivation transportiert wird für den Einzelnen, der sich engagieren will.

GA: Ihr Motto?

Schütz: Kriege werden von Menschen gemacht, Frieden auch.

Das Programm##ULIST##

Während der Bonner Friedenstage laden die Organisatoren zu verschiedenen Veranstaltungen ein:

  • Mittwoch, 15. September: Podiumsdiskussion "Millenniumsziele und Frieden als Kernaufgabe der Vereinten Nationen", 17.30 bis 20 Uhr, Friedrich-Ebert-Stiftung, Godesberger Allee 149.
  • Freitag, 17. September: "... da kann man ja doch nichts tun. DOCH, man kann!", drei Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises berichten über ihre Arbeit, 17 Uhr, Haus der Geschichte, Willy-Brandt-Allee 14. "kursWechseln - Trägerinnen und Träger des alternativen Nobelpreises zum internationalen Friedenstag", 18.30 - 20.30 Uhr, Haus der Evangelischen Kirche, Adenauerallee 37.l Samstag, 18. September: "Frieden beim Weltkindertag in Bonn", 11 bis 18 Uhr Münsterplatz. Friedensgottesdienst in der Krypta der Kreuzkirche, 18 Uhr, Kaiserplatz.
  • Montag, 20. September: Ausstellung "Wir scheuen keine Konflikte", Friedrich-Ebert-Stiftung, Godesberger Allee 149, zu sehen werktags von 9 bis 19 Uhr. Dienstag, 28. September, 18 Uhr Finissage.
  • Dienstag, 21. September: "1 000 Frauen und ein Traum" (Film), 20 Uhr , Woki, Bertha-von-Suttner-Platz 1-7.l Freitag, 24 .September: 7. Bonner Friedenslauf, Bonner Schüler laufen für den Frieden und sammeln Spenden für Hilfsorganisationen, 10 Uhr am Hofgarten.
  • Dienstag, 28. September: "Mitteilungen über Afghanistan", Herbert Sahlmann und Jörgen Klußmann berichten von ihren Besuchen in Afghanistan, 19.30 Uhr, Evangelische Akademie im Rheinland, Mandelbaumweg 2. (wji)
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