Thema war Europa Heimspiel für Steinbrück

bonn · Der SPD-Kanzlerkandidat zeigt sich in der Godesberger Redoute selbstkritisch. Peer Steinbrück wäre nicht Peer Steinbrück, wenn er das Thema nicht wenigstens streifen würde. Am Montagabend in der Bad Godesberger Redoute war Europa sein Thema, aber unausgesprochen im Raum stand eben auch Steinbrücks persönliches Thema: das seiner Verdienste durch Vorträge.

 "Den Leuten reinen Wein einschenken": Peer Steinbrück am Montagabend in der Godesberger Redoute.

"Den Leuten reinen Wein einschenken": Peer Steinbrück am Montagabend in der Godesberger Redoute.

Foto: Horst Müller

Und die Veranstaltung hatte noch nicht begonnen, da wussten die meisten im Saal, dass auch der jetzige Bundespräsident Joachim Gauck wie Steinbrück gegen 25.000-Euro-Honorar Gastredner bei den Bochumer Stadtwerken war. Eine kleine Entlastung für den Kandidaten der SPD, der mit Ehefrau Gertrud in die Redoute zum Heimspiel gekommen war.

Steinbrück näherte sich dem Thema über die europäischen Werte. Europa sei eben nicht nur der Euro und der Binnenmarkt, sondern auch eigene Zivilisation mit ungeheuren Werten. Einer unter ihnen: die Pressefreiheit: "Und ich erfahre gerade, was das heißt". Der Saal lacht. Und dabei bleibt es vorerst.

Der Redner bleibt bei seinem Thema. Europa, so Steinbrücks Diagnose, stehe "an einer Weggabelung". Entweder es lasse, am Beispiel Griechenlands, seinen Zerfall zu, oder es gehe den Weg weiterer Integration. Im ersten Fall, das ist für den SPD-Spitzenmann aus Godesberg klar, werde der Zerfall der Währung auch den Zerfall der politischen Union nach sich ziehen. Also gelte es, den Leuten "reinen Wein einzuschenken".

Und das kann der SPD-Kanzlerkandidat. Etwa so: "Wir stehen nicht bis zum Knöchel, nicht bis zur Kniescheibe, nein wir stehen bis zum Nabel in der Schuldenunion, in der Staatshaftung drin."

Steinbrück geht noch weiter: Es werde ein drittes Hilfspaket für Griechenland geben müssen - Umfang rund 30 Milliarden Euro - daran führe kein Weg vorbei, erst recht nicht, wenn man das Land nicht nur "mit der Konsolidierungskeule" überziehen, sondern für Wachstum und Beschäftigung sorgen wolle.

So geht das weiter. Der Kandidat erinnert an die ersten Einlassungen der Bundesregierung ("Kein Cent für Griechenland") und beklagt dann "den größten Freund der gegenwärtigen Bundesregierung: das mangelnde Kurzzeitgedächtnis". Nicht ohne den Schlenker zu machen, dass auch er davon eines Tages hoffentlich werde profitieren können. Denn er räumt eigene Irrtümer ein. Griechenland in den Euro aufzunehmen, sei so einer gewesen: "Der Fehler ist gemacht".

Ein Diskutant fragt nach der enormen Neuverschuldung Nordrhein-Westfalens unter Johannes Rau, dessen Büroleiter Steinbrück war. Der Kandidat rechtfertigt dies mit dem Strukturwandel, der hohen Zahl von Arbeitslosen, dem Konjunktureinbruch - aber er beschönigt die Entwicklung nicht.

Er erläutert die Funktionsweise von Eurobonds, rügt die deutsche Art, Debatten immer gleich sehr grundsätzlich anzugehen und bestimmte Instrumente wie eben dieses zu tabuisieren und hat die Lacher auf seiner Seite, als er sagt: "Hier in Deutschland geht es oft nicht um Leben und Tod, es geht um mehr als das."

Was dazu führt, dass ein Teilnehmer ihm in der Diskussion zuruft: "Herr Steinbrück, Sie sind Ihr Vortragsgeld wert. Ich wünschte mir zehn Typen Ihrer Art im Bundestag." Apropos Vortragsgeld: Wie immer im Internationalen Club La Redoute sprach der Vortragende für "lau", wie man im Rheinland sagt.

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