Nachbarschaftshilfe „Helfen liegt mir in den Genen“

Dransdorf/Endenich. · Malte Dahms (24) unterstützt als ehrenamtliche Kraft pflegebedürftige Menschen in Dransdorf. Damit ist er einer von 22 Kräften in der Nachbarschaftshilfe.

 Dass sich Malte Dahms (v. l.) als Nachbarschaftshelfer engagiert, freut Gerontologin Friederike Arps und Quartiersleiter Ratbil Shamel.

Dass sich Malte Dahms (v. l.) als Nachbarschaftshelfer engagiert, freut Gerontologin Friederike Arps und Quartiersleiter Ratbil Shamel.

Foto: Stefan Hermes

„In Grunde geht es darum“, sagt Friederike Arps vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz der Alexianer in Köln, „dass die Menschen so lange zu Hause leben können, wie sie das möchten.“ Es sei ein „hehres Ziel“, so die Gerontologin, dafür die Strukturen in der Region herzustellen, um diesen Anspruch umzusetzen. Die Nachbarschaftshilfe, die auch durch das Quartiersbüro des Bonner Vereins mit zurzeit 22 Kräften angeboten wird, ist dabei eines der Elemente, die Menschen mit unterschiedlichen Pflegebedarfen Unterstützung, Begleitung und Förderung in ihrer vertrauten Umgebung und Häuslichkeit verschaffen kann. Zu den Helfern gehört auch Malte Dahms (24).

„Es war ein Wink des Universums“, erinnert sich Ratbil Shamel als Leiter des Dransdorfer Quartiersbüros an den Tag, an dem Dahms ihn anrief. Und fragte, ob er sich als Nachbarschaftshelfer engagieren könne. Gerade suchte der Quartiersleiter für die 40-jährige Heike Fuchs (Name geändert) eine Person, die der an einer schweren Depression leidenden Frau einmal im Monat Gesellschaft leistet, um ihr dabei zu helfen, ihre Angst vor sozialen Kontakten verringern zu können. Bereits seit mehr als einem Jahr wird sie von dem Endenicher Netzmeister besucht, der sie auch bei Einkäufen begleitet. Oder auch bei den ersten zaghaften Versuchen, beispielsweise ein Café zu besuchen.

„Ich habe viel Glück in meinem Leben gehabt“, so Dahms. Er wolle nun ein bisschen davon zurückgeben, beschreibt er die Motivation, Nachbarschaftshelfer geworden zu sein. „Außerdem liegt mir das Helfen in den Genen“, sagt er und lacht. Seine Mutter arbeite in einer Psychiatrie des Landschaftsverbands Rheinland, und sein Vater sei lange in der Jugendhilfe tätig gewesen. Ein Fernsehbeitrag sei aber letztlich der Auslöser für Dahms gewesen, sich zu engagieren.

„Wer als Nachbarschaftshelfer tätig werden möchte“, so Shamel, „muss einiges auf sich nehmen.“ So gebe es zunächst ein Vorstellungsgespräch, dann seien ein Lebenslauf und ein polizeiliches Führungszeugnis notwendig, da man mit der ehrenamtlichen Tätigkeit eine vertrauensvolle Position einnehme.

Shamel betont, wie hilfreich und wichtig Dahms persönlicher Einsatz für Heike Fuchs ist, die durch ihn wieder zu ersten sozialen Kontakten gekommen ist. „Aber auch für mich ist es sehr schön, zu erleben, welche Fortschritte Frau Fuchs macht“, sagt Dahms.

Quartiersleiter Shamel weiß von vielen Situationen zu berichten, in denen Nachbarschafthelfer eine große Hilfe für Bedürftige sind. So ist ein auf den Rollstuhl angewiesenes Ehepaar dankbar für die nachbarschaftliche Hilfe, die den einen oder anderen Einkauf für sie besorgt oder auch nur die Wäsche aus dem Keller in den ersten Stock bringt. Das stellt für das an multipler Sklerose erkrankte Paar eine Herausforderung dar. An anderer Stelle freut sich beispielsweise eine alleinstehende 80-Jährige Dame darüber, wenn sie sich mit ihrer Helferin einmal in der Woche alte Fotos anschauen kann, weil sie die Sorge quält, „ansonsten vergesse ich mich“. Oft gehe es in der Nachbarschaftshilfe darum, mit wenig viel zu bewirken, so Shamel. Oft sei das größte Problem alter Menschen die Einsamkeit.

Und das nicht erst seit der Corona-Pandemie, die diesen Zustand noch verstärkt. „Wenn ich kann, dann helfe ich meinen Nachbarn auch ohne dafür Geld zu bekommen“, zitiert Shamel eine ihm gegenüber oftmals geäußerte Haltung der Nachbarschaftshelfenden. Dabei sei es jedoch wichtig zu wissen, so Shamel, dass jedem Bedürftigen mit einer Pflegestufe ein Entlastungsbetrag von 125 Euro im Monat durch die Pflegekasse für Leistungen zustehe, die beispielsweise durch einen Nachbarschaftshelfer erbracht werden.

Vollkommen unbürokratisch könnten mit diesem Betrag entstandene Kosten oder Auslagen der Helfer und Helferinnen beglichen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Nachbarschaftshelfer einen etwa acht- bis zehnstündigen Kursus absolviert haben, in dem ihnen das Basiswissen zur Unterstützung pflegebedürftiger Menschen vermittelt wird. In unregelmäßigen Abständen werden solche Kurse durch die insgesamt zwölf Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz in Nordrhein-Westfalen angeboten.

Im Dransdorfer Quartiersbüro ist man zudem in besonderem Maße daran interessiert, auch Menschen mit Migrationshintergrund für die ehrenamtliche Tätigkeit in der Nachbarschaftshilfe zu gewinnen, um nicht-deutschsprachige Bedürftige möglichst mit Menschen ihrer Sprache und aus ihrem Kulturkreis zusammenzubringen. Oftmals sei es bei demenziell erkrankten Menschen festzustellen, dass sie das bereits erlernte und schon jahrzehntelang gesprochene Deutsch vergessen würden und sich nur noch in ihrer Muttersprache verständigen könnten, so Shamel (der GA berichtete).

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