Preise steigen weiter Hohe Nachfrage nach Wohnraum in Bonn

Bonn · Das Stimmungsbild unter Bonner Maklern und beim Gutachterausschuss zeigt: Die Nachfrage nach Wohnraum ist weiter hoch, aber Angebote bleiben aus. Bei Gewerbeobjekten befürchten Makler einen Einbruch nach den Sommerferien, auch wegen Corona.

 Die Preise für Familienhäuser und Eigentumswohnungen in Bonn ziehen derzeit weiter deutlich an.

Die Preise für Familienhäuser und Eigentumswohnungen in Bonn ziehen derzeit weiter deutlich an.

Foto: Axel Vogel/Richard Bongartz

Norbert Lange sorgt sich. Aber vor Besichtigungsterminen hat der Immobilienmakler aus Bad Godesberg derzeit keine Angst. „Das kriegen wir gut organisiert – immer einzeln unter Wahrung der Abstandsregeln“, sagt er. Die Nachfrage nach Wohnraum sei in Bonn trotz der Krise weiter hoch. „Viele Menschen suchen ein angemessenes Zuhause oder wollen nach den Turbulenzen am Aktienmarkt ihr Vermögen in weniger volatile Immobilien investieren“, sagt er. Allein: Es fehlt an Angeboten – mehr denn je. „Ich hatte noch Beurkundungen aus der Zeit vor März. Seither ist der Markt praktisch leer verkauft“, sagt Lange.

Anderen Maklern geht es kaum anders. Auch Wieland Münch, Geschäftsführer von Limbach Immobilien, stellt fest: „Viele Eigentümer zögern. Mieter wünschen keine Besichtigungen“. Auch seien Finanzierungen in den vergangenen Wochen schwierig geworden, da Banken keine Gutachter losgeschickt und stattdessen pauschal zehn bis 20 Prozent Wertabschlag kalkuliert hätten – mit entsprechend höheren Finanzierungskosten. Manche Kollegen hätten wochenlang ganz geschlossen oder nur einen Notbetrieb gefahren. Mindestens bis ins dritte Quartal werde sich die Zurückhaltung auswirken, erwartet Münch, vorausgesetzt, das normale Geschäftsleben ziehe in den nächsten Wochen wieder zügig an.

Zahl der Verkäufe von Immobilien sind stark rückläufig

Auch der Gutachterausschuss nimmt die Probleme auf dem Immobilienmarkt wahr. Wie Geschäftsführer Christof Linnemann berichtet, lag die Zahl der Verkäufe im März sogar noch leicht über Vorjahresniveau. Aber: „Bis zum 20. April ist ein starker Rückgang festzustellen: bis zu 50 Prozent“, sagt Linnemann.

Rückblickend für 2019 meldet der Gutachterausschuss im aktuellen Grundstücksmarktbericht noch eine satte Steigerung der Verkäufe um insgesamt 17,4 Prozent auf 3148. Dahinter verbirgt sich indessen der Umstand, dass Garagen und Pkw-Stellplätze seit vergangenem Jahr gesondert gezählt wurden. Dadurch gab es bei Wohnungs- und Teileigentum inklusive Stellplätzen sogar ein Plus von 39 Prozent verglichen mit 2018. Tatsächlich ist der Markt seit 2016 kontinuierlich rückläufig. Das zeigt sich beim Umsatz: Der ist im vergangenen Jahr auf dem Bonner Markt insgesamt um 200 Millionen Euro auf 1,5 Milliarden Euro gesunken.

Dagegen steigen die Preise für einzelne Objekte. Für eine neue Doppelhaushälfte mit einem etwa 320 Quadratmeter großen Grundstück und einer Wohnfläche von rund 150 Quadratmetern mussten Käufer 2019 im Durchschnitt 620 000 Euro hinlegen. Eigentumswohnungen sind ebenfalls deutlich teurer geworden. Käufer mussten für bis zu drei Jahre alte Neubauwohnungen 10,4 Prozent mehr zahlen, für ältere Bestandswohnungen etwas mehr als neun Prozent. Auch die gesondert ausgewiesenen Gründerzeitwohnungen mit hohem Liebhaberwert sind nach gleichbleibenden Preisen im Betrachtungszeitraum 2018 im Durchschnitt wieder 7,9 Prozent teurer geworden. Den höchsten Quadratmeterpreis erzielte eine Wohnung in der Fasanenstraße in Bad-Godesberg mit 7300 Euro.

Auch unbebaute Grundstücke haben sich verteuert. Der Preis für baureife Grundstücke für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg durchschnittlich um sieben Prozent, für baureife Grundstücke für Mehrfamilienhäuser sogar um 14 Prozent. Dass dieser Trend gebrochen wird, glauben die befragten Makler nicht: Der Zuzug in die Rheinschiene mit vielen gut dotierten Jobs bei Behörden, Verbänden, Rechtsanwälten, Unternehmensberatern und anderen Dienstleistern halte an.

Trend bei gewerblichen Immobilien sind der IVD mit Sorge

Anders liegt der Fall bei Immobilien zur gewerblichen Nutzung. Hier blieben die Preise 2019 unverändert. Dieser Trend könnte sich mit der befürchteten schweren Rezession deutlich verstärken, fürchtet Julia Braschoß, stellvertretende Vorsitzende im Immobilienverband Deutschland West (IVD) in Köln, in dem auch Bonner Makler und Verwalter organisiert sind. „Wir sehen im Markt große Verunsicherung“, sagt Braschoß. Käufe und Anmietungen würden ausgesetzt. Durch sinkende Umsätze sähen viele Unternehmen ihre Existenz gefährdet.

Auch der Trend zum Homeoffice verstärke sich spürbar. „Da stellt sich vielen die Frage, ob sie auch nach der Krise überhaupt noch so viel Büroraum brauchen“. Wenn sich nach dem Ende der Sommerferien das Wirtschaftsleben nicht normalisiere, sei ein Einbruch auf dem Markt für Gewerbeimmobilien denkbar.

Norbert Lange aus Bad Godesberg registriert diese Verunsicherung bei gewerblichen Mietern in von ihm betreuten Objekten. Zwei Kunden, eine Kette für Billigwarenkette sowie eine für Hörgeräte, hätten ihre Mietzahlungen – wie andernorts der Sportartikelanbieter Adidas – mit Verweis auf den Mieterschutz in der Corona-Krise gänzlich eingestellt. Dabei habe ein Mieter die Zeit der behördlichen Ladenschließung für Umbauarbeiten genutzt. Mit anderen Kunden habe man sich hingegen auf Kompromisse geeinigt.Von den säumigen Zahlern will Lange jetzt Verzugszinsen fordern.

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