Jörg Bertram: "Wir sind nahe an den Hörern"

Vor 20 Jahren ging Radio Bonn/Rhein-Sieg zum ersten Mal auf Sendung. Mit Chefredakteur Jörg Bertram sprach aus diesem Anlass Bernhard Hartmann.

 In der Region hören ihm viele zu: Jörg Bertram, Chefredakteur von Radio Bonn/Rhein-Sieg.

In der Region hören ihm viele zu: Jörg Bertram, Chefredakteur von Radio Bonn/Rhein-Sieg.

Foto: Barbara Frommann

Bonn. Vor 20 Jahren ging Radio Bonn/Rhein-Sieg zum ersten Mal auf Sendung. Mit Chefredakteur Jörg Bertram sprach aus diesem Anlass Bernhard Hartmann.

General-Anzeiger: Wie haben Sie diesen Geburtstag gefeiert? Gab es einen Kuchen?

Jörg Bertram: Einen riesengroßen sogar, den wir in zwei Wochen noch nicht aufgegessen haben werden. Für dieses Jahr sind mehrere Aktionen rund um den Geburtstag geplant. Wir sind gestartet am 11. Mai mit "20 Stunden, 20 Jahre". Unsere Hauptmoderatoren haben ab 4 Uhr morgens jeweils zehn Stunden gesendet. Wir waren überrascht von der riesigen Resonanz, die wir bekommen haben.

GA: Wie waren die Reaktionen?

Bertram: Die Hörer haben uns mit Glückwünschen überschüttet, per E-Mail, Telefon, Twitter oder auch Facebook. Aber wir möchten unseren Hörern auch etwas zurück geben. Im Juli werden wir 20 Tage lang die wichtigsten Themen, die unsere Region geprägt haben, aufgreifen. Da spielt der Strukturwandel ebenso eine Rolle, wie es die größten Sportereignisse oder die spektakulärsten Kriminalfälle tun werden.

GA: Hat das Projekt Lokalfunk die Erwartungen erfüllt, die Sie als junger Journalist hatten?

Bertram: Sogar weit übertroffen. Zu Beginn waren alle skeptisch. In Bonn hieß es sogar, niemand würde daran glauben, dass der Sender länger als zwei Jahre sendet. Nunmehr sind wir seit Jahren klarer Marktführer vor allen anderen Sendern. Ich habe grundsätzlich immer an das Projekt geglaubt.

GA: Wie erklärt sich der Erfolg des NRW-Lokalfunks, zu dessen Senderfamilie auch Radio Bonn/Rhein-Sieg gehört? Immerhin haben Sie mit dem WDR eine starke Konkurrenz?

Bertram: Wir bieten etwas, was es vor uns noch nicht gab, und was offenbar auch ein Grundbedürfnis der Menschen ist: Die Hörer erhalten Informationen aus ihrem unmittelbaren Umfeld. Der WDR bietet zwar auch eine regionale Berichterstattung, aber wir gehen noch mehr auf die lokale Ebene herunter. Wir berichten aus dem direkten Umfeld der Menschen und verstehen uns als Radio zum Anfassen. Unsere Moderatoren bewegen sich auf einer Ebene mit den Hörern. Die Moderatoren leben hier, wir senden von hier. Das ist das große Plus, was wir haben.

GA: Gibt es den typischen Radio Bonn/Rhein-Sieg-Hörer?

Bertram: Wir schaffen es, ein sehr breites Publikum anzusprechen. Unser Musikprogramm ist darauf abgestimmt, viele Geschmäcker von jung bis jung geblieben zu treffen. Uns hören etwa gleich viele Frauen wie Männer zu. Deshalb gibt es den typischen Radio Bonn/Rhein-Sieg-Hörer eigentlich nicht. Uns hört die versammelte Familie am Frühstückstisch ebenso zu, wie die junge Städterin, die in einem der großen Konzerne im Büro arbeitet oder der Maler auf der Baustelle in der Region. Ganz besonders freut es mich, dass uns die Hörer im Durchschnitt drei Stunden pro Tag einschalten.

GA: Wie viele Menschen aus Bonn und der Region sind das täglich?

Bertram: Etwa 180 000.

GA: Bei welchen Tätigkeiten hört man Sie am liebsten?

Bertram: Hier spielt die Tageszeit eine große Rolle. Die Leute hören uns morgens im Bad, wir begleiten sie zur Arbeit. Dann hören die meisten Radio. Es ist aber auch erstaunlich, wie viele Menschen uns zwischen 9 und 15 Uhr, zur typischen Bürozeit, hören. Nachmittags spielt das Radiohören im Auto eine großen Rolle, wenn die Leute auf dem Weg nach Hause sind. Insofern muss man das Programm entsprechend anpassen und auf die Tageszeiten abstimmen.

GA: Radio Bonn/Rhein-Sieg zieht demnächst vom Brückenforum ins Verlagsgebäude des General-Anzeigers. Freuen Sie sich darauf?

Bertram: Wir freuen uns sehr darauf. Ich habe das Projekt stark voran getrieben. Radio/Bonn-Rhein-Sieg wird immer ein eigenständiges Radio bleiben. Aber durch die Nähe zum General-Anzeiger und zu Center TV, mit denen wir dann in einem gemeinsamen Medienhaus untergebracht sind, können sich ganz tolle Effekte in der lokalen Berichterstattung ergeben. Lokale Medien spielen in Zukunft eine immer stärkere Rolle, weil sie Orientierung bieten. Die Menschen werden ja mit Informationen aus aller Welt überfrachtet, gerade deshalb steigt das Interesse an Informationen aus dem direkten Umfeld.

GA: Wird sich für den Hörer durch den Umzug unmittelbar etwas ändern?

Bertram: Nein. Aber er wird vielleicht spüren, dass das Team noch motivierter ist als jetzt schon. Das ist etwa so wie bei einem neuen Auto: Wir bekommen hochmoderne Technik, die neuesten Mischpulte, die neueste Sendesoftware. Allein diese funkelnagelneuen technischen Dinge, die ja auch eine sehr emotionale Seite haben, motivieren ein Team ganz stark. Das wird man sicher beim Zuhören spüren. Aber unsere Nachrichten, Berichte und Beiträge sind weiterhin verlässlich. Das wird so bleiben wie bisher.

Zur PersonJörg Bertram, Chefredakteur von Radio Bonn/Rhein-Sieg, begann 1980 seine Laufbahn als 20-jähriger Nachwuchs-Journalist bei Radio Luxemburg. Über den WDR wechselte er 1990 zum Lokalfunk, wo er zunächst am Rahmenprogramm für alle NRW-Lokalsender (Radio NRW) mitwirkte. Bertram baute den Lokalsender Radio RSG in Remscheid/Solingen auf, den er auch leitete. Nach zehn Jahren wechselte er als Chefredakteur nach Bonn. Bertram lebt mit seiner Familie in Bad Honnef.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort