Katja Dörner: Eine Bonnerin in Berlin

Die "Neue" aus Bonn hat Angela Merkel gleich am zweiten Tag in Berlin kennengelernt. Die Kanzlerin kam plaudernd aus der Bundestags-Cafeteria, ging rückwärts, Katja Dörner wollte hinein. Beide rauschten ineinander.

 Bonner Bundestagsabgeordnete: Katja Dörner hat sich nach einem halben Jahr in Berlin eingelebt.

Bonner Bundestagsabgeordnete: Katja Dörner hat sich nach einem halben Jahr in Berlin eingelebt.

Foto: Barbara Frommann

Bonn. Die "Neue" aus Bonn hat Angela Merkel gleich am zweiten Tag in Berlin kennengelernt. Die Kanzlerin kam plaudernd aus der Bundestags-Cafeteria, ging rückwärts, Katja Dörner wollte hinein. Beide rauschten ineinander.

Kennenlernen ist zwar anders. Aber es sind solche Kollisions-Erlebnisse, die die Grünen-Abgeordnete aus Bonn wohl noch in 20 Jahren in Erinnerung haben wird, wenn sie an ihre ersten Tage als Bundestagsabgeordnete in Berlin denkt.

Wobei: Man kann diese junge Frau mit den hochgesteckten roten Haaren, die am Tag nach Aschermittwoch 34 Jahre alt wurde, tatsächlich übersehen: Sie ist zierlich, spricht leise, so dass man kaum glauben mag, dass sie zu den Kämpfern für Bonn gehört. Und doch: Katja Dörner trifft sich regelmäßig mit den anderen Abgeordneten aus Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis, um über das Bonn/Berlin-Gesetz zu wachen und jede Art von Rutschbahn zu verhindert.

Dörner redet deutlich mit dem Akzent ihrer Westerwälder Heimat, wenn sie sagt: "Wir setzen dabei auf die Kraft des Arguments. Da gibt es viele falsche Vorstellungen über die Kosten eines Totalumzugs." Aus dem kleinen Örtchen Steinebach-Sieg hat es sie erst nach Bonn verschlagen, nun arbeitet sie im großen Berlin.

Dort wohnt sie - ganz unprätentiös - in einer WG mit ihrem Fraktionskollegen Oliver Krischer - mit Blick auf "den Knast in Moabit". Überhaupt: Wenn sie mal ein bisschen Zeit hat, will sie die Wohnung ein bisschen "schöner" gestalten. Die dient nämlich nur als Durchgangsstation während der Sitzungswochen.

"Ich hätte nicht gedacht, dass man als MdB so verplant in seinem Tagesablauf ist", ist eine ihrer Erfahrungen nach rund einem halben Jahr als Abgeordnete. Die parlamentarischen Gepflogenheiten sind ihr dagegen nicht neu, schließlich war Dörner seit 2002 Referentin der Grünen-Landtagsfraktion in Düsseldorf.

An den Wochenenden kommt sie so oft es geht nach Bonn, auch um hier Wahlkreis-Termine zu absolvieren. "Meine Familie und Freunde sind sehr tolerant gewesen, weil ich nicht da war." Jetzt, da sich das Leben wieder eingespielt hat, will sie trotz ihrer Aufgabe als Grünen-Obfrau im Ausschuss für Familien, Jugend, Senioren und Frauen wieder mehr Privates zulassen. Und auch mal wieder öfter ihren Lieblingsverein Werder Bremen anschauen. "Aber das ist alles deutlich schwieriger geworden."

Ihre erste Rede im Parlament hielt Katja Dörner Mitte November zur UN-Kinderrechtskonvention - als eine der ersten "Neuen" im Bundestag. Als schwierigste Entscheidung sah sie ihre Ablehnung des deutschen Afghanistan-Einsatzes, wozu sie eine persönliche Erklärung abgab (nachzulesen unter www.katja-doerner.de). "Und am Abend vor der Abstimmung schläft man nicht gut", erinnert sie sich.

Trotz des Jobs als Politikerin geht von der jungen Frau nichts Elitäres aus. Wenn am Eingang zum Reichstag ihr Ausweis verlangt wird, zückt sie ihn. Ganz im Gegensatz zu einer MdB-Kollegin, die einen "Riesenaufstand" gemacht haben soll, als ein Polizist sie nach dem Papier fragte.

Die ersten Tage erinnerten Dörner ohnehin an eine Erstsemester-Veranstaltung. "Es ging zu wie in einem Bienenstock, und da waren viele unbekannte Gesichter. Aber inzwischen kennt man zumindest die Leute aus dem eigenen Laden." Mehrmals musste sie mit ihrem Büro umziehen, anfangs gab es noch nicht einmal Aktenordner.

Ob sie inzwischen alle der 612 Parlamentarier kennt? Nein, alle kennt sie noch nicht, sagt sie und nimmt das sportlich: "Auf meiner damaligen Schule waren 700 Schüler, da kannte ich auch nicht jeden."

Zur PersonNach dem Abitur (1995) studiert Katja Dörner in Bonn Politik, öffentliches Recht und Literaturwissenschaft. Nach dem Examen wird sie 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin der grünen Fraktion im NRW-Landtag, ein Jahr später Referentin. In Bonn ist sie seither schulpolitische Sprecherin ihrer Partei. 2006 wird sie in den Landesvorstand gewählt, Ende 2008 auf den sicheren Platz fünf der Grünen-Landesliste gesetzt und als MdB-Kandidatin nominiert. Ihren Schwerpunkt im Bundestag sieht sie bei den Themen Gerechtigkeit und sozialer Ausgleich, speziell engagiert sie sich für eine Existenzsicherung für Kinder und Jugendliche und bessere Bildungschancen.

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