Gedenkgottesdienst Kirchen in Bonn erinnern an Corona-Tote

Bonn · Stadtdechant Wolfgang Picken und Superintendent Dietmar Pistorius weihen am Sonntag eine Gedenkstätte für die Opfer der Pandemie ein. Bereits 216 Bonner sind an dem Virus verstorben.

 Dietmar Pistorius (l.) und Wolfgang Picken beten an der neuen Gedenkstätte für die Opfer der Corona-Pandemie.

Dietmar Pistorius (l.) und Wolfgang Picken beten an der neuen Gedenkstätte für die Opfer der Corona-Pandemie.

Foto: Stefan Knopp

Bei der ständigen Konfrontation mit Zahlen von Infizierten und Verstorbenen verliert man leicht eine Tatsache aus den Augen. „Diese Krise hat Namen“, betonte Stadtdechant Wolfgang Picken am Sonntag in seiner Predigt zum Gedenkgottesdienst in Sankt Remigius, mit dem sich die Katholische Kirche in Bonn dem deutschlandweiten Gedenken für die Corona-Opfer anschloss. „Wir schaffen ihnen heute einen Ort, an dem sie nicht vergessen werden.“

Anschließend weihte er zusammen mit dem evangelischen Superintendenten Dietmar Pistorius zum Gesang von Sylvia Dörnemann diesen Ort ein, den Kaplan Christian Jasper im Kreuzgang von Sankt Remigius eingerichtet hat: Vor einer Nische, in der Maria mit dem Leichnam Jesu zu sehen ist, kann man Kerzen entzünden und über der Öffnung an der Wand sind kleine Holzkreuze an Fäden angebracht: 216 sind es bislang. Eins für jeden Menschen, der in Bonn dem Virus erlegen ist. Und es ist noch mehr Platz. „Es ist zu befürchten, dass noch weitere Kreuze dazukommen“, sagte Jasper.

Angehörige hätten den Wunsch geäußert, einen Ort einzurichten, an den sie ihre Trauer tragen können, sagte Picken. „Wir wissen aus vielen Erfahrungen mit Sterbenden und Trauernden, dass es einen Ort braucht, an dem man bestimmte Erfahrungen verarbeiten kann.“ Weiterhin könnten auch Menschen, die auf andere Weise von der Pandemie betroffen sind, diesen Ort zum Beten, Denken und Kraftschöpfen nutzen. Die Darstellung von Maria sei dafür ein gutes Symbol, so der Stadtdechant: Sie sei auch ein Symbol für die Vergänglichkeit wie für die Hoffnung, „dass es nicht bei Tod und Krise bleibt, sondern wir als Christen etwas haben, das wir dagegen setzen als Perspektive.“ Diesen Ort ökumenisch einzuweihen, sei selbstverständlich gewesen, sagte Pistorius. „Ich habe sehr deutlich gespürt, als ich davorstand: Man braucht für so ein eigentlich unbegreifliches Geschehen irgendein Symbol, das es uns ein Stück weit begreifbar macht.“ Er trage gerne die Botschaft weiter: „Es gibt einen Ort, an dem eure Trauer einen Platz hat.“

Rund 120 Personen nahmen am Gottesdienst teil, viele entzündeten anschließend auch Kerzen. Etwa ein Mann, der keine Angehörigen, aber in Kroatien Freunde und Nachbarn durch das Virus verloren hat. Die Situation nehme ihn psychisch mit, da sei so eine Gedenkstätte sehr gut. „Ich wusste nicht, wie viele Tote es gibt. Das macht einen krank im Kopf.“ Christiane von Binzer musste keine Angehörigen beklagen. „Aber es ist ein großes Zeichen der Solidarität“, sagte sie. Das Sterben „verliert dadurch ein bisschen die Abstraktheit“. Und für Jean-Pierre Schneider, Chef des Bonner Caritasverbandes, ist es eine Stätte, an die die Menschen ihre Sorgen und Trauer tragen können. „Ich glaube, das Gebet ist etwas, das Menschen im Moment auch wirklich guttun kann.“

Die Stätte verbleibt auf unbestimmte Zeit an dieser Stelle. Oberbürgermeisterin Katja Dörner will am Montagnachmittag mit Picken dort eine Kerze entzünden. Auf dem Kaiserplatz vor der evangelischen Kreuzkirche konnten am Sonntagnachmittag Menschen Kerzen auf einem kleinen Sandfeld entzünden und beten.

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