Kommentar: Nicht sofort verdammen

Welch ein Zufall: Das Bädergutachten, das den Politikern am Donnerstagabend druckfrisch vorgelegt wurde, empfiehlt genau jenen Vorschlag, den Sport- und Kulturdezernent Martin Schumacher schon bei seinem Amtsantritt in Bonn vor eineinhalb Jahren formuliert hatte - nämlich ein neues Bad zu bauen, um auch Familien mit Kindern oder Wellness-Fans etwas bieten zu können.

Für Leute, die einfach die Nase voll haben von dem 60er Jahre-Mief der alten Hallenbäder und deshalb erst gar nicht hingehen, ist das sicher ein reizvoller Gedanke. Fraglich ist nur, ob Rat und Verwaltung wirklich die Kraft aufbringen, im Gegenzug drei andere Bäder zu schließen. Denn der Protest dagegen wird sich schon ab heute formieren.

Dass die Gutachterin und der Dezernent in dieselbe Richtung tendieren, sollte man nicht sofort verdammen. Bei Schumacher liegt es womöglich genau daran, dass er in seinem vorherigen Job in Oldenburg das geschafft hat: Die Stadt baute dort ein neues Freizeit-/Wellnessbad, allerdings ohne dass andere städtische Bäder schließen mussten. Insofern wird seine Aufgabe in Bonn ungleich schwieriger.

Dass die Freibäder in der "perspektivischen Neuordnung" ungeschoren davon kommen sollen, ist im übrigen auch kein Zufall. Wer die Bonner Situation kennt, weiß, dass die landschaftlich toll gelegenen Freibäder nie ein Akzeptanzproblem hatten, sondern die heruntergekommenen Hallenbäder. Drei davon nun zuzumachen, hätte für die Stadt einen weiteren Vorteil: In den Hallenbädern existieren keine Fördervereine.

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