Küchenwerkstatt der Bonner Caritas hilft Jugendlichen ohne Perspektive

Vom Hilfsempfänger zum Helfer - Schulabbrecher können Abschluss nachholen und versorgen Grundschulkinder mit warmer Mahlzeit

Küchenwerkstatt der Bonner Caritas hilft Jugendlichen ohne Perspektive
Foto: Frommann

Bonn. Marco (Name geändert) ist sich bewusst: Das ist seine letzte Chance. Der 19-Jährige steht in der Lehrküche des Robert-Wetzlar-Kollegs und rührt kräftig im riesigen Topf mit der hellen Kräutersoße.

Fisch steht heute auf dem Speisenplan. Unter der Aufsicht von Küchenchef Lothar Schwab bereiten Marco und acht andere Jugendliche gerade das Mittagessen für die Kinder der benachbarten Karlschule zu. Die Grundschule ist seit Beginn des Schuljahres offene Ganztagsschule und benötigt täglich mehr als 100 Mahlzeiten.

Marco und die anderen Jungen und Mädchen aus der Küche haben allesamt eine desaströse Schulkarriere hinter sich, keinen Abschluss und erst recht keinen Arbeitsplatz. An sie richtet sich das Angebot der Jugendwerkstatt der Caritas, die seit vorigem Jahr im Robert-Wetzlar- und im Heinrich-Hertz-Berufskolleg angesiedelt ist.

34 Jugendliche pro Jahr haben in drei verschieden Fächern - Metallverarbeitung, Haar- und Körperpflege sowie Gaststättengewerbe/Hauswirtschaft - die Möglichkeit, ihren Schulabschluss nachzuholen und gleichzeitig Berufserfahrung zu sammeln.

Am Robert-Wetzlar-Kolleg schlägt man mit diesem Projekt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits profitieren die Schüler von der Arbeit unter realen Bedingungen, andererseits können die Kleinen der Karlschule jeden Tag ein leckeres und obendrein preiswertes Mittagessen genießen, erklärt Kollegleiter Michael Petz.

Auf diese Aufgaben vorbereitet und betreut werden Marco und seine Altersgenossen von Wolfgang Schmalzried, Chef der einen Stockwerk höher gelegenen Küchenwerkstatt der Caritas, und von der Sozialpädagogin Olga Gutsch. Über die Kooperation mit der OGS sind sie heilfroh, sähen ihre Schützlinge doch, wie wichtig ihre Arbeit sei.

Erst neulich habe ein Schüler morgens angerufen und sich krank gemeldet. "Wir brauchen dich aber hier", hatte der Küchenchef geantwortet. Der Junge stand eine halbe Stunde später im Kittel in der Küche. Die Jugendlichen merkten plötzlich, wie sie vom Hilfeempfänger zum Helfer werden, sagt Gutsch.

Viele stammten aus Elternhäusern, wo weder Vater noch Mutter jemals gearbeitet hätten, "die Jugendlichen hatten nie ein Vorbild", weiß Gutsch. Wer fleißig, pünktlich und zuverlässig ist, erhält obendrein 30 Euro Taschengeld pro Woche.

Für die jungen "Lehrlinge" sei das durchaus ein Anreiz, diese Schlüsselqualifikationen zu erlernen und zu trainieren. Gern würde sie mehr Plätze anbieten - "wir haben eine Warteliste" -, doch da setzen die Kosten, die größtenteils von der Stadt bestritten werden, Grenzen.

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