Kurz vor dem Ausbruch stand Stefan Wolter am Krater des Eyjafjallajökull

Drei Monate vor dem mächtigen Ausbruch hatte der Bechlinghovener den Trip nach Island geplant. Am Vulkan empfand der 43-Jährige vor allem eines: Ehrfurcht vor den Naturgewalten.

Kurz vor dem Ausbruch stand Stefan Wolter am Krater des Eyjafjallajökull
Foto: Stefan Wolter

Bechlinghoven. Der Fahrer verließ die asphaltierte Küstenstraße und fuhr über die Schotterpiste, immer die Berge und das GPS-Gerät im Blick. Eine gute halbe Stunde ging es über Geröll und kleine Eispfützen, teilweise mussten Hügel mit gut 15 Prozent Steigung überwunden werden.

Dann blieb der Jeep vor dem gewaltigen Gletscher stehen. In der Ferne wuchs eine gewaltige weiße Wand über dem Eyjafjallajökull-Gletscher im Süden Islands. Der fünftgrößte Gletscher auf der Insel war Stefan Wolters Ziel. Der Bechlinghovener hatte sich den Vulkan als Motiv für eine Fotosafari ausgesucht - zwei Tage vor seinem gewaltigen Ausbruch.

"Schon die Fahrt über den Gletscher war ein einziges Abenteuer", erzählt der 43-jährige Marketingmanager. "Man muss schon sehr erfahren sein, um durch solch ein Gebiet zu fahren." Immer wieder passieren sie Stellen, wo andere mit ihrem Wagen in tiefe Schneelöcher geraten waren und dabei waren, ihre Jeeps wieder freizuschaufeln.

Drei Stunden später hält der Fahrer den Wagen gut 200, 300 Meter vor dem Krater an. "Gehen Sie nicht zu nah 'ran. Das ist gefährlich", habe der ihn gewarnt. Schon vorher musste Wolter im Büro des Führers unterschreiben, dass er den Trip auf eigene Gefahr unternimmt.

Zwei Wochen zuvor hatte sich einer der beiden Krater im Gletscher wieder gerührt. Die Seismografen meldeten, in der Nähe von Fimmvorduhals, dem höchsten Punkt zwischen den beiden Gletschern Eyjafjallajökull und Mýrdalsjökull habe sich eine Spalte im Boden aufgetan, Lava laufe aus. Die Erde rührte sich zwar, aber ein größeres Erdbeben wurde dem Meteorologischen Dienst Islands zufolge bis dato nicht verzeichnet. "Die Isländer sind von Natur aus ziemlich cool. Die nahmen das alles sehr gelassen", so Wolter weiter.

Katla sei jener Feuerspucker, der weitaus explosiver sei, habe es geheißen. Kein Problem also für einen Ausflug über den Gletscher bis zum kleinen Vulkan. Vor dem Katla, ja vor dem hätten sie auch Respekt. "Beide Vulkane, die etwa 20 Kilometer voneinander entfernt liegen, sollen in Verbindung stehen", erzählt Wolter.

In der Vergangenheit habe auf einen Ausbruch des Eyjafjallajökull meist eine Eruption des Katlas gefolgt. "Als wir am Kraterrand standen, da war der Vulkan schon richtig am Speien. Das waren regelrecht apokalyptische Szenen. Man bekommt unweigerlich Riesenehrfurcht vor den Naturgewalten", so Wolter, dem es bei den Erinnerungen schon "eiskalt den Rücken runterläuft".

"Zehn, vielleicht 15 Meter von uns bewegte sich langsam der Lavafluss und brachte das Eis zum Schmelzen. Dieser Anblick des Feuers inmitten dieser Eiswüste - das war fantastisch." Wolter zieht es immer wieder nach Norden. Norwegen, Schweden, die schroffe Landschaft Lapplands. "Ich liebe diese unberührte Natur, die Einsamkeit, die Weite." Die Tour nach Island hatte er mit einem Freund schon vor drei Monaten geplant.

"Das war wahrscheinlich die letzte Gelegenheit, dort oben vor dem großen Ausbruch hinzufahren", meint Wolter. Denn die betroffene Region, die etwa 160 Kilometer südlich von Islands Hauptstadt Reykjavík liegt, wurde bereits teilweise evakuiert. Damals noch wegen der befürchteten Überschwemmung durch das schmelzende Eis.

Mittlerweile scheint sich der Eyjafjallajökull ausgetobt zu haben. Die Eiswüste, die Wolter noch vor knapp zwei Wochen durchquerte, ist schwarz von der Asche. Die Wolke über dem Gletschervulkan ist zusammengeschrumpft. Noch grummelt indes der Boden. Ein Zeichen dafür, dass der Vulkan noch mehr Gestein schmelzt und Lava bildet.

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