Prozess in Bonn Landgericht verurteilt Obdachlosen wegen gefährlicher Körperverletzung

BONN · Jahrelang ist ein heute 53 Jahre alter Obdachloser immer wieder strafrechtlich in Erscheinung getreten, mal durch Leistungserschleichungen mal durch Diebstähle. Doch aufgrund einer diagnostizierten paranoiden Schizophrenie sind in der Vergangenheit etwa 40 Ermittlungsverfahren eingestellt worden. Stets wurde von einer Schuldunfähigkeit des Mannes ausgegangen.

Da der Obdachlose zwischen Mai und September des vergangenen Jahres mehrfach gegenüber Passanten in Bonn und Bad Godesberg gewalttätig geworden war, hatte die Staatsanwaltschaft nun ein Sicherungsverfahren mit dem Ziel der dauerhaften Unterbringung des 53-Jährigen in einer Psychiatrie angestrengt. Die letzten sechs Monate hatte er bereits in einer geschlossenen Anstalt verbringen müssen.

Doch der psychiatrische Gutachter Wolf Gerlich kam nun im Prozess vor der 3. großen Strafkammer des Landgerichts zu dem Schluss, dass bei dem Beschuldigten kein paranoides Erleben feststellbar sei. Vielmehr sei schlicht und einfach von einem dissozialen Verhalten des seit mehr als zehn Jahren obdachlosen Mannes auszugehen.

Wenn er sich gestört fühle, raste er aus und werde handgreiflich. So hatte der 53-Jährige einen Skateboardfahrer ebenso getreten wie zwei Frauen an einer Bushaltestelle. Zudem war er auf dem Bürgersteig mit einem Mann aneinandergeraten, der mit seiner erwachsenen, im Rollstuhl sitzenden Tochter an den zwei Reisetaschen des Beschuldigten vorbei wollte. Daraufhin hatte der Obdachlose erfolglos versucht, den Mann mit einem Stuhl und einer zerschlagenen Bierflasche zu verletzen.

Der Einschätzung des Gutachters folgend ging das Gericht nun von einer Schuldfähigkeit des Mannes aus. Er wurde deshalb wegen vollendeter und versuchter gefährlicher Körperverletzung zu einer 15-monatigen Bewährungsstrafe verurteilt und sofort auf freien Fuß gesetzt - allerdings begleitet von eindringlichen Worten.

Der Kammervorsitzende am Landgericht warnte den 53-Jährigen vor der Begehung weiterer Straftaten. Da das Gericht nun nicht mehr von einer Schuldunfähigkeit des Mannes ausgeht, muss der Obdachlose ansonsten auf jeden Fall damit rechnen, sich demnächst im Gefängnis wiederzufinden.

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